Bambini Challenge oder Halbe Brocken-Challenge

Mein langer Lauf, endlich geht’s wieder los, durfte eine neue Laufumgebung sehen. Wanderungen bei diesen frostigen Temperaturen sind überhaupt nicht zu empfehlen. Selbst auf kurzen Strecken frierst Du wie ein Schneider, schlitterst mehr, als du läuftst …

Auch das Internet ist in dieser Idylle noch nicht wirklich überall angekommen. Selbst die passende Flatrate auf der Handykarte nützt wenig, wenn dein Provider seinen letzten Mast außerhalb des Tales hat. Wir habens überlebt und wieder mal schmerzlich erfahren müssen, wie abhängig man doch von diesem Medium ist. Und wird mal einer gesetzt wurde, streitet man über die Farbe des Teils. Manche können Sorgen haben?

Ich schaffte es dann doch unter Mühen, die erdachte Laufstrecke auf die Zwiebel zu  kriegen und ab gings, kurz vorm Mittag und noch dazu bei herrlichem Sonnenschein in Richtung …. Hockstein natürlich. Der moderate aber stetige Anstieg über nahezu 4 Kilometer bringt dann schon einen recht ordentlichen Trainingsreiz. Heute sollten es mehrere dieser Rampen geben, die sich dann auf knapp 1000 Höhenmeter summieren würden, wenn mans denn durchhält. Fragezeichen.

 Schnell war der Hockstein erreicht, auf Bilder konnte heute verzichtet werden und so wurde recht fix, was bei verschneiten und teilweise vereistem Untergrund so vertretbar ist, hinunter ins Polenztal geklettert und getreppt. Einer E-Klasse konnte ich gerade noch ausweichen. Auch er hatte nicht mit einem Läufer hinter dem Felsen gerechnet. Abruptes Bremsen und scharfes „einlenken“ nach links vom Zweibeiner verhinderten nur knapp einen Versicherungsfall.

Weiter gings nach „Zwiebelkarte“, denn ab nun betrat ich Neuland. Nicht gänzlich, aber in der Zusammenstellung der Route schon.

Dickes Ding.

Nach steilem Aufstieg, erstem überwundenen Minigletscher und Slalom um die unzähligen Ausflügler erreichte ich den Halbenweg und die in diesen Tagen berühmte „Gautschgrotte“ mit ihrem „Rieseneiszapfen“. Ein paar Fotos später war ich bereits wieder „on the road“, die Zahl der Ausgeflügelten nahm ab. Besser, für mein Vorhaben auf jeden Fall, war es auch.

Das nächste Ziel, was ich im Kopf hatte, war die Brandaussicht, die ich nach knapp 12 Kilometern erreichen sollte. Zuvor, der Berggasthof war geöffnet, galt es wieder eine Menge Stöckchenzieher und Rucksackschlepper (nett gemeint) zu „verblüffen“. Ich hatte für kurze Zeit mal wieder festen Boden unter den Füßen. Sehr ungewohnt, nach knapp 11 Kilometern Schneestapfen.

Mein erster Versuch, an diesem herrlichen Aussichtspunkt, neben der obligatorischen Fotosession (wenn man schon mal hier ist) auch etwas vom heißen Tee aus dem „Tornister“ zu naschen, schlug fehl. Mundstück vereist. Sch … . Mental hatte ich mich aber bereits vorher mit dieser Möglichkeit angefreundet und die Tankstelle in Bad Schandau für erste Verpflegung auf dem Zettel. Leider noch 18 Kilometer entfernt. Na ja.

Recht schnell konnte ich die berühmten (warum eigentlich???) Brandstufen, da abwärts führend, überwinden und fand mich auf einer Asphaltstraße wieder. Kurze Orientierungsprobleme, da die Beschilderung hier etwas irreführend angebracht war. Forerunni gab zügig Laut und ich lief Straße aufwärts nach „Karte“. Eine probate Methode, denn die Wanderwege neben dieser sind bei den momentanen Schneemassen weder erkennbar noch zu empfehlen.

Nun, ich war der Straße lebend entkommen, gings etwas gemächlicher nach Waitzdorf hinauf. Die Eingeweihten kennen die endlosen Stufen … schön … anstrengend und laufend … im Training nicht wirklich eine Empfehlung. Recht schnell hatte ich mich in der Ortslage wieder erholt, ja, auch gehen treibt den Puls nach oben, und ab gings durch unberührten Wald. Der „3.Gipfel“ lag hinter mir und zur Kohlmühle gings jetzt erst mal ne Weile bergab. Doch auch das war hier nicht ohne und hätte nicht vor mir jemand gespurt, hätte ich öfter als das eine Mal auf der Nase gelegen. Spiegelglatt war es unter dem Schnee, wenn eine Quelle die Straße querte. Die Kombination aus verrutschter Spur meines Vorläufers und Kontrolle des Abhanges erlaubten unfallfreies Ankommen im kleinen Dörflein mit Bahnanschluss. Ich hatte die vordere Sächsische Schweiz verlassen.

Schnell war die Bergabpassage vorbei und es ging an der Sebnitz entlang. Mehrere gesperrte Wege, meiner zum Glück nicht, zeugten von diversen Wetterkapriolen, die sich hier abgespielt hatten. Für mich war nach 300 Metern ebenfalls Schluss. Ich hatte den passenden Abzweiger verpasst und auch Garmin-ia wollte nicht stören und verhielt sich anfangs ruhig. Die Sebnitz ließ mich irgendwann nicht mehr an ihrem schmalen Ufer entlang und so hieß es umkehren.

Hatte ich das Schild über die Sperrung falsch gelesen? Der Umweg ging über Altendorf? Hm. Auch ich sollte diesen Ort passieren aber auf der Route des Malerwegs. Dem Sumpfgebiet entkommen bog ich intuitiv einfach mal nach rechts ab und … alles Grübeln war nur noch Makulatur. Eine Beschilderung wies mir den rechten Weg. Dieser war mehr als schlecht … Kilometer 20 war absolviert und … es sollte besser werden. Zumindest, was den Laufuntergrund betraf. Dafür gabs wieder ein bisschen „Kletterei“. Der anfangs rutschende Hang ließ Gedanken an die Spikes im Rucksack entflammen. Ehe ich mich entscheiden konnte, war der Grip zurück.

Liebe Grüße an „Bergisch Born“ (Röntgenlauf), die haben auch so eine schöne Rampe, die hier nach Altendorf führte. Langsam, aber stets trabend erreichte ich den „4. Gipfel“. Der Blick auf die Schrammsteine war mehr als toll, der strahlende Sonnenschein konnte jedoch die frostigen 15 °C nicht ganz unbemerkt machen. Während der schattigen und vor allem windigen Passagen kroch die Kälte schon ganz tief rein. Der schwitzende Körper konnte nicht mehr alles regulieren. Vielleicht habe ich einmal zu wenig „gezwiebelt“?

Altendorf war schnell verlassen und ich sollte im „Dorfbachklamm“ meinen Meister in Sachen: Wie umgehe ich einen Minigletscher finden. Nun wenige Fußspuren wiesen den idealen Weg durch die komplett zugeeisten Stufen. Der Steilhang rechts davon war die einzige Chance. Es klappte, abrutschen eigentlich vorprogrammiert und damit Verletzung auch, besser als erwartet und die letzten Eisentreppen waren dann wieder passierbar. Men, men, men. Das hätte ins Auge gehen können.

Im Kirnitzschtal angekommen, hatte ich erstmals wieder eine Vorstellung, wie meine Strecken-Zeit-Bilanz so aussah. Halbmarathon an der Schrammsteinbaude, dieser Wegpunkt war lange überschritten. Ich musste erst noch mal meinen „5. Gipfel“ schaffen. Der Weg dorthin war von Wurzeln und kleinen Steinen übersäht. Alles versteckt unter der Schneedecke. Das Laufen wurde zur Pflicht.

Glücklicherweise kamen ein paar Wanderer ins Blickfeld, die mich „nach oben“ zogen. Der 25. Kilometer war Geschichte und auf Grund der vorgerückten Entfernung entschloss ich mich, glücklicherweise, für das kurze Stück Straße, den Zahnsgrund, bis nach Postelwitz. Auf dem Weg dorthin passierte ich auch meinen geplanten Abstiegspunkt, dessen Sperrung ich schmunzelnd zur Kenntnis nahm. Alles richtig gemacht, man hats wohl manchmal im Blut … oder wie man sagt.

Auf dem weiteren Weg nach Bad Schandau konnte ich mich endlich mal um meine Trinkblase kümmern. Sie summte im geschützten Rucksack den bekannten Schüttelsong. So galt es, den Schwachpunkt Mundstück in die Hand zu nehmen. Keine 500m später war die Entriegelung des „Saboteurs“ wieder beweglich und der noch warme Tee löste erste Eisablagerungen im isolierten Trinkschlauch. Die lang ersehnte Flüssigkeit erreicht den dehydrierten Körper. Schnell wurde ein Powel-Gel genascht, dem nach ersten Verdauungstrunk ein zweites folgte. Meine pace war bereits unter 6 min gesunken. Ich hatte ein bedenkliches Energiedefizit. Glücklicherweise konnten die fühlbaren -25°C (Gegenwind kam auf, seit ich das Elbufer erreicht), der Konsistenz der Glibbermasse nix anhaben.

Ich passierte am Elbufer Bad Schandau und lief weiter über Wendisch-Fähre nach Prossen. Zuvor gabs noch einen schnellen Penny-Stopp, der 3 RedBull im Rucksack und eines im Magen verschwinden ließ. Der 33. Tageskilometer wurde gespeichert, somit wurden die in erster Planung avisierten 40 Tageskilometer Realität. Da ich mich mit diesem Mehrkilometer-Gedanken seit Beginn des Laufes angefreundet, konnte nichts mental Kritisches passieren.

Stattdessen geschah, was ich nicht mehr erwartete: Ich fror, wie ein Schneider. Selbst das 2. Paar Handschuhe konnte die immer kleiner werdenden Fäuste in ihrem Inneren nicht verhindern. Mit Freude erreichte ich den Ortsausgang von Prossen, wo mein Anstieg zum 6. und letzten „Gipfel“ erfolgen sollte. Kein Gegenwind mehr, welche Wohltat.

Ich wollte die Energie nicht mehr aufbringen, die mich der steile Anstieg zum Lilienstein kosten sollte und arbeitete erst mal das Telefonat ab, das meine Rückkehr ankündigte. Kurze Zeit später, die heftigste Steigung lag hinter mir, wurde wieder gelaufen. Ich ließ den wirklichen Gipfel links liegen und folgte nach dem letzten Panoramablick, hier auf Waltersdorf, dem verlotterten „Lottersteig“, der mich zum Elbufer brachte. Nach weiteren endlosen 2 Kilometern sah ich endlich meinen Startpunkt wieder. Nicht nur ich war froh, unbeschadet wieder „zu Hause“ zu sein.

Die erwartete Entspannung auf den vereisten Abstiegen fand leider nicht statt.

Ich legte dann doch „nur“ 39 Kilometer zurück, brauchte jedoch auch 4:10 Stunden dafür aber hatte beruhigende 1000 positive Höhenmeter trainiert. Viel weiter hätte ich bei den -15 °C auch nicht laufen wollen. Manchmal ist es eben schwerer, als an gewöhnlichen Tagen. Die Erlebnisse des Ausfluges bleiben jedoch gespeichert, werden Motivator sein, wenns man gaaanz schlimm wird. Morgen die passende Regeneration, mit Muskelkater rechne ich … hm … eigentlich … nicht.

90 Minuten stehen im Plan, die recht eben ablaufen sollten … schauen wir mal, wo sich was Passendes findet.