Marathon des sables 2023 … ein erster Bericht

Bereits zum 5. Mal hatte ich mich für den „toughest foodrace on world“ eingetragen. Die Tage bis zur Abreise schienen überhaupt nicht zu vergehen. Da der Zeitpunkt des Startes immer vor oder nach dem Ramadan stattfindet, war es in diesem Jahr der späteste mögliche Zeitpunkt überhaupt, den ich kannte.
Gewohnt verbrachte ich einige Tage vor der Fahrt ins Biwak 0 in der Sonne, War es in einigen Jahren Zuvor (COVID machts möglich) die Insel Fuerteventura, ist es seit 2022, 2020 und 2021 coronabedingt ohne Start, die Kanareninsel Gran Canaria. Die ganze Fliegerei interinsular und nach Marokko ist nach COVID leider nicht mehr wie vor COVID. Die Fluggesellschaften ziehen dir das Geld aus der Tasche, dass es nur so kracht. So muss Mann optimieren.
Im vergangenen Jahr gab mir die Airline eine echte Aufgabe, indem sie meinen Flug von Las Palmas nach Casablanca kurzerhand auf den Start der ersten Etappe verlegte. So sind sie, die Manager der Fluggesellschaften. Der Reisende hat den Mittelpunkt des Geschäfts längst verlassen.
In diesem Jahr war ich also bauernschlauer und buchte gleich eine Nacht in Madrid, der am Folgetag der Flug nach Casablanca und am Abend die Weiterreise mit dem Nachtbus der CTM nach Errachidia erfolgen sollte.
Alles klappte in diesem Jahr perfekt, ohne einen Herzkasper zu riskieren. Mann muss auf sich achten im Alter und so gabs dann für die 6 Stunden in Casablanca noch ein Stundenhotel, das lediglich fürs Abstellen der Sachen und ein, zwei Toilettenbesuche reichte. Marokko eben, günstig ist billig.
Pünktlich erreichte ich am Freitagmorgen die kleine Stadt am Rande der Wüste oder in der Wüste? Schnell waren 4 Reisende vereint, die sich das völlig überteuerte Taxi zum Airport, dem Abfahrtsort der von der Orga bereitgesellten Busse, teilten und dann nicht lange auf das Aufbaukommando des MdS warten musste.
Die Abfertigung ging schnell und zügig. Einige deutsche Starter wurden gesichtet, bekannte Volontäre begrüßt und smallgetalked.
Und dann ging es auch schon los. Die kurze Fahrt (2h) bis zum Standort des ersten Camps. Eigentlich des Nullten, denn alle möglichen Unwichtigkeiten wurden an dem Tag bis zum Start erledigt.
Damit uns auf der Fahrt nicht langweilig wird, wurden dann schon mal die Roadbooks verteilt. Hocherfreut über eine (fast) völlig neue Strecke gabs noch ein paar schnelle Infos an die Daheimgebliebenen über die Wichtigkeiten der Etappen. Also über die Distanzen.

  • stage 1: 36 km (schon mal fett für den ersten Tag),
  • stage 2: 31,5 km (schon besser, zumindest auf dem Papier),
  • stage 3: 34,6 km
  • stage 4: 90km (das war die bisher längste Etappe)
  • stage 5: Marathonetappe (wie immer),
  • stage 6: Charity mit 9 km doch recht lang

Als wir aus dem Bus stiegen, an die 2,5 h waren es dann doch glaube ich mich zu erinnern, gabs die Picknickbeutel in die Hand. Gefiel mir gar nicht. Ich mag das pausieren in der Wüste mit gepflegtem Essen im Dreck. Dieses Mal also ein neuer Versuch. 2 Flaschen Wasser waren dann auch noch zu transportieren. Racerucksack und Reisetasche sowieso. Das biste schon mal gut ausgelastet. Schlau, wer da einen Plastikbeutel aus Kanarien dabeihatte.  Holzauge hatte und so war der Weg zum unserem Zelt 41 ein unbeschwerlicher.
Sachen ablegen, Zeltbuddies begrüßen, belangloses Zeug labern.  So, wie das eben so ist, wenn man sich noch nicht kennt. Aber das würde sich schnell ändern und nach den ersten stages fallen dann auch die letzten Masken. wie es unsere Zeit ebenso verlangt. aber dafür waren wir ja hier. Unterwegs und zusammen mit Menschen, die das gleiche Hobby teilten. Es war noch nicht mal zwölf und die erste Langeweile kam auf. Nächster Termin Patrics Rede ans Volk und anschließen das Abendessen, powered by Marathon des sables. Wie in jedem Jahr stellte der Veranstalter die Verpflegung für den Ankunfts- und den folgenden Technical-Check-Tag. Dreimal essen, ein paar Minuten technical-check. Die Eckpunkte der ersten 2 Tage. Das nenne ich mal Masterchilling.
Schnell waren auch die weiteren deutschen Zeltinsassen beäugt. Die Zelte 40-43 waren für die deutschen Starter reserviert. Insgesamt 12 gemeldete Starter erschiene erst gar nicht. Schulterzucken. Unser Zelt 41 mit 7 Enthusiasten ganz gut gefüllt. Einen Liegeplatz unter Soll. Ich buchte gleich das linke Kammerzimmer. Das ist das, wo man ständig die Kamelhaardecke auf dem Kopf hat, 😉 dafür Platz in der Abazis für seinen Kram.
Doch viel Gemöhle war gar nicht sinnvoll. Der erste 1-stündige Sandsturm bereits im Anmarsch. Als hätten Robert und Vicki bereits darauf gewartet, avancierten sie gleich am ersten Tag zum perfekten Zeltberber. Ein paar schlaue Ratschläge später war die vermeintliche „Winddichtheit“ hergestellt. Leichter, wenn auch kam spürbaren Nieselregen mischte sich unter den Staub.
Das mit den Sandstürmen sollte die nächste 3 Tage noch so weitergehen. Wir waren geübt im Zeltumbau von volldurchlüfting bis dreiseitigen Komplettverschluss. Danke Buddies, dass funktionierte wirklich perfekt. Selbst nachts ging der ein oder andere neue Zeltberber in den Sturm, um Sachen- und Ausrüstungsverlust zu vermeiden.
Die Nacht war bis auf eine Stunde Stürmerei recht unspektakulär, aber schon schön warm. Die Daume dennoch am ersten Tag beliebtes Utensil meinerseits. Kalte 25°C. Mann ist dann eben angezogen für alles, was kommt.
Gegen 18 Uhr fand dann Patrics Rede ans Volk statt. Wie immer ausschweifend. Ich verbrachte die Zeit im Zelt. Keine 100 m vom tent war alles perfekt und verständig zu verstehen, wenn’s dann interessierte. Für die Newbies in jedem Fall hilfreich. Erwähnenswert wäre dann noch der großartige Sonnenuntergang. Sie ließ sich dann am Ende des Tages dann doch noch mal blicken, zwischen all den Regen und Verdunklungswolken.
Pünktlich 19 Uhr stand ich auf der Poleposition beim Essen. Der geplante Start verzögerte sich jedoch um 30 Minuten. Aber lieber vorne warten, als an Position 1085 in der Reihe zu stehen.
Das Essen wie immer üppig und reichhaltig. Wasser gabs dann auch wieder und Bier und schon wieder keinen Wein. Das prangere ich an. Ich verlegte mich auf Wasser. Sollte sich die nächsten Tage bewähren.
Rückkehr vom Essen mit Stirnlampe. Sachen ins „Kopfkissen“, wozu ein Stoffbeutel diente, Licht war ja seit einer Stunde aus. Die erste Nacht in Wüste war gekommen. Kein Sternenhimmel weit und breit.

 

Technical Check

Der Morgen danach begann, als gäbe es kein Morgen. Alle offensichtlich so hibbelig, dass es „laut“ war, im Camp, noch bevor die Sonne aufging.
Klar, alles wie immer.  Ohrenstöpsel und Augenmaske sicher mal eine Option. Wieder und wieder wurde gewühlt und Ausrüstung optimiert und die heimischen Entscheidungen zum wiederholten Male angezweifelt. So das Credo der Neustarter. Bei mir alles fix. Sicherheitscheck war für mich von 11:00 -15:30 Uhr angesetzt. Also hatte ich Zeit bis 15 Uhr, so der Plan.
Alles stellten sich auf einmal an, als gegen 10 Uhr die ersten technicalchecken durften. Da steht man dann schon mal bis zu 2 Stunden in der Sonne rum. Ich nutzte das menschenverwaiste Zelt, meine Laufsachen aus der Tasche zu holen und mich racefertig umzuziehen. Wieder waren 10 min geschafft.
Wichtigster Tagesordnungspunkt heute, neben 3x essen, Gesundheitszertifikat abgeben, racetracker abholen und Foto vor dem ausgewickelten MdS-Plakat war … natürlich.
Die wunderschöne 37, die alle Läufer in der Mitte des Zeltrondells für die Drohne und den Medienhelikopter zu stellen hatten. Dauer 5 Minuten. Die Offiziellen hatten hingegen den halben morgen damit verbracht, die 37 mit Bewährungsstäben, Laufrad und Trassierband zu formen. Schlaue Berechnungen müssen das sein und das meine ich keineswegs ironisch, denn was passiert, wenn nicht alle Läufer reinpassten. Tent 41 stand jedenfalls am Fuß der sieben. Der mitdenkende Leser erkennt schon, mit welche existentiellen Gedanken wir uns so zu beschäftigen hatten.
Nach dem Mittagessen war dann auch der Großteil der Zeltbuddies wieder an Bord. Ich ging dann doch früher, als gedacht zur schnellen Kontrolle und war mit hin- und Rückweg dann doch wieder mal 20 Minuten unterwegs.
Ich glaube mich zu erinnern, dass es endlich auch die 5 Liter Fässer Wasser gab. Sicher ökologisch ne gute Idee. Fürs trinken aus diesen Kuhtränken eher die schlechtere Wahl. Zumindest gab es noch 1 Flasche im 1,5 l Format. Meine Schüssel, um das vakuumierte Essen zu erwärmen. Abendessen, Dessert und Frühstück mussten nun aus 1 Stück Flasche vertellert werden. Auch das spielte sich nach ein paar Tagen ein.
Nach dem Stellen der 37 in der Zeltstadtmitte war dann schon wieder chillen angesagt. Zu optimieren gab es nun nix mehr, da die Reisetaschen, -koffer und Seesäcke, Obststiegen und sonstige Transportbehälter bereits vor der technischen Kontrolle auf große Laster verladen wurden, die dann die Woche über irgendwo in dieser Wüste auf unsere Rückkehr nach Ouarzazate warten würden.
Immer wieder versuchte ich, ein paar Fragen zu beantworten. Aufpassen musste ich lediglich, nicht als neunmalklug herüberzukommen. Nicht so einfach, wenn man das 5. Mal am Start steht. Ich hoffe, es ist geglückt?
Ein besonders bemerkenswertes Ereignis hatte den Robert ereilt. Vici und Robert mussten den Verlust eines Koffers beklagen, in dem die gesamte Verpflegung für Robert enthalten war. Doch die Unmenge an mitgeschlepptem Zeug, man will ja sicher gehen, war sein Verpflegung nur aus Zelt 40-43 sichergestellt.  Wahnsinn, oder? Doch bereits einen Tag nach Verlust wurde der Koffer ins Camp0 geliefert und alles war wieder im Plan, für den „Verzweifelten“, der dann auf Grunde der Koffersuche und des verpassten Fluges auch noch mit dem Taxi aus Casablanca anreisen musste. Nee, das kannste dir nicht ausdenken. Wo Pech ist …
Endlich wieder ein fester Termin, das Abendessen stand auf dem Programm. Wieder essen satt, Wasser satt und eine Dose Bier gabs auch noch dazu.
Die zweite Nacht brach herein, ein zwei Sandstürme später schliefen wir dann gegen 20 Uhr ein. Nachts war dann mal wieder 1 Stunde zeltfesthalten angesagt, wollten wir nicht direkt sandgestrahlt werden. Warum sage ich direkt. Die Gewebeplane, unter der wir unsere Freizeit verbrachten, hatte dann doch die Sanddurchlässigkeit eines Siebes. Der anstürmende Sand durchdrang seine Struktur und legte sich über alles, was nicht im Schlafsack versteckt war. Und der Schlafsack war klein und auf Grund der Hitze meist einseitig offen. Bei mir war es zumindest so.

Es geht los – stage 1

Die Nacht endete um halb sechs, noch vor dem Sonnenaufgang. Wir hatte die Umstellung auf Camp Zeit verpasst und so war es nicht verwunderlich, dass sich bereits vor Sonnenaufgang unter der Muffeldecke frühstückte. Kam mir komisch vor, aber wer weiß? Prinzip Neunmalklug, du weißt?
Irgendwann standen wir dann rennfertig vor dem Teppich. Der Zeltmanolo, der für die Ansprachen der Rennleitung zuständig war, klärte uns dann über unsere Schusseligkeit auf. Also pünktlich waren wir zumindest. Zu gerne denke ich an die goldenen Zeiten aus 2018 zurück. Wir waren immer die letzten bei Patrics Morgengebet. Warum? Gebet? Es wurde die Strecke, die viele bereits mehrmalig im Roadbook gelesen hatten, noch einmal erklärt. Geburtstagskinder beglückwünscht … Eher unspannend also. Aber wichtig war noch einmal die Anzahl der am Start stehenden Läufer zu erfahren und besonders für mich als Radiergummi in diesem Jahr unterwegs, die aktuelle Gesamtplatzierung.
Heute war noch gar keiner platziert, dafür noch alle im Rennen. 1085 Enthusiasten hatten sich auf den Weg in die Westsahara gemacht, um endlich einmal den Highway to hell mit Patrics Hüftschwung zu erleben.
Endlich war es so weit. Was ich im vergangenen Jahr so schmerzlich vermisst hatte, war in diesem Jahr wenigstens bei der ersten Etappe ins Protokoll zurückgekehrt.  Start mit schwebendem Helikopter. Dafür kommt man doch her. Querstehend über die Läufer zu fliegen, die Brille des Piloten vom Boden aus erkennend, NUR dafür sind wir hergekommen.
Mich durchzuckt es jedes Mal bei diesem Anblick. Das gehört dazu und gibts nur hier. Mega, es ging endlich los.

Die erste Etappe war für die diesjährige Austragung doch schon recht lang. Die drittlängste in Summe. Und es sollte warm werden. Zumindest war es der Antrittsrede von Patric zu entnehmen. Was warm bedeutet, sollte sich Tage später zeigen. Nach meinen Wetterprognosen auf dem Handy war heute mit 40° der wärmste Tag, dann sollte es kühler werden.
Die Läuferschar setzte sich nach einsetzendem „Highway to hell“ in Bewegung. Alle Bewegungsformen waren vertreten. Ich wollte es in diesem Jahr etwas ruhiger angehen lassen (müssen). Zuviele Baustellen in der Vorbereitung ließen schnell ein paar Träume platzen. Ich war hier und ich wollte ins Ziel kommen, mit einer Zeit des letzten Jahres vergleichbar. So der Plan.
Doch ist der Plan auch gut gelungen … Es war warm und ich hatte trotz niedrigem Puls meine liebe Not, den Körper mit vernünftig Sauerstoff zu versorgen. Ich trank sehr, sehr viel für meine Verhältnisse. Ich vermisste die rumstehenden angeschnabbelten Flaschen an den Checkpoint, die ich gern zur äußeren Kühlung verwendete. Stattdessen kippten alle ihren Getränkereste in separat beigestellten Kanistern. Liebe Freunde des Laufsports. Wer hat sich das, denn ausgedacht und man muss nicht alles so machen, wie es am Unsinnigsten ist. Also Kopf einschalten, auch wenn es bei hohen Temperaturen schwerfällt.
Ich hatte keine Wasserreserven beim Verlassen des Checkpoints zur Verfügung.  Ich trank mir einen richtigen Wasserbauch an, der dann die ersten 2-3 km flüssigkeitslose Bewegung erlaubte. Der Rest gabs auf Rübchen und Ärmchen. Leider hielt diese Erfrischung kaum bis zum nächsten Kilometer. Aber versucht hatte ich es und tat es auch immer und immer wieder.
Mein Erinnerungsvermögen an stage 1 ist doch schon sehr getrübt. An CP2 verwendete ich dann das Getränkepulver für die Flaschen. Oder war es CP1. keine Ahnung. Vom Start weg gings immer mit reinem Wasser los. Sollte Mann vielleicht auch noch mal überdenken. Meine kandierten Früchte, die als GEL-Ersatz dienten, waren auch nur bis zu einer bestimmten Temperatur essbar. Nicht das sie verklebten oder weich wurden. Alles perfekter Aggregatzustand. Nur das Runterschlucken glich der Einnahme von Tabletten. Irgendwann sah ich dann die Ziellinie. Über acht Stunden hatte ich mir für die 36 km Zeit lassen müssen. Besser sollte es aber nicht werden.  Nur war meine Hoffnung zu diesem Zeitpunkt eine andere.
Nach Rückkehr ins Zelt waren alle bereits versammelt. Nachtlager herrichten hieß: Schlafunterlage aufpusten. Ja, ich habe ein super luxuriöses Luftbettchen dabei. Kostete mich ganze 720 g Gewicht im Rucksack. Der zugehörige Aufblassack noch mal 120 g. Das ist schon ganz schön versnobt für ein altes Teppich Luder. Oder nicht? Ich glaube schon. Geschlafen habe darauf jedoch wie ein König.
Schnell etwas Essen warm gemacht. Meine Leibspeise schmeckte mir überhaupt nicht. 250 ml waren einfach zu wenig Wasser. Liebe Expedition-Fooder. Bereitet man den Kram außerhalb des schweren Garbeutels zu, sind 300 ml die bessere Alternative zu dem angegebenen viertel Liter Wasser. An dem Tage war nichts mehr zu wollen. Ich musste das Zeugs halbgegart verspeisen. In der Wüste ist Essen eh nur Energiezufuhr. Auf gepflegtes Ambiente und ausgefeilte Würzung muss, nein möchte man verzichten. Ich energiezufuhrte und damit wars dann auch gut. Das Dessert verschenkte ich in the desert. Esbit Tabletten mussten gespart und noch mal warmes Wasser für den Milchreise gab es heute nicht noch einmal. Der Oberdepp, also ich hatte vorher noch den Zeltbuddies das Restfeuer für Ihrer Erwärmungsorgien zur Verfügung gestellt. Völlig überhitzt und des Lesens, was er auf sein daypack geschrieben hatte, unfähig.
Irgendwann, die Nacht war bereits wieder dominierende Beleuchtung hatten wir alle genug gejammert.  Wie schlimm, schwer, und wir uns das dann so doch nicht vorgestellt haben. Zwei Zeltbuddies verließen und nach dieser Etappe bereits. Das war ein Quicky des sables. Aber so passiert es eben manchmal. Etappenlaufen ist eben Etappe für Etappe für Etappe. Da kann viel passieren, wenn der Kopf nicht richtig programmiert ist.
Am Abend wieder Sandsturm, für eine Stunde, was das abendlichen Kochen nicht wirklich entspannt, erledigen lässt. Nachts dann wieder das erschreckte aufwachen, weil der Sand sich deinen Rucksack und sonstige etwa unachtsam rumliegende Dinge holen wolle.
Ich hatte mir angewöhnt alles in den Rucksack oder in mein Kopfkissen zu packen. Schuhe band ich am Rucksack fest. So war die Konzentration beim nächtlichen, erschreckten Aufwachen auf nur wenige Dinge zu konzentrieren

Die Tageshöchsttemperatur betrug an diesem Tag 42°C, sagte mir mein externen Temperatursender, den ich am Rucksack befestigt hatte.

Etappe zwei, das Thermometer fährt langsam hoch

Die zweite Etappe sollte dann wie geplant starten. Die Distanz war etwas kürzer als noch am Vortag. Allerdings war der Jebel de Odfal von seiner sandigen Seite aus zu erklimmen. Der höchste Tafelberg beim MdS und das in der Nachmittagssonne.
Ich realisierte das jedoch noch nicht beim Start und ging erst mal frohen Mutes mit einer Zeitvorstellung um die 7 Stunden an den Start.
Folgende Grundregel sollte sich bewahrheiten. Die zweite Etappe ist meist die schwerste und wenn sie kurz ist, heiß es klettern angesagt.
Heute sollte ich eine wunderschöne Laufstrecke auf unbekanntem Höhenzug kennenlerne. Der Anfang war nicht besonders erwähnens- und erinnerungswert. Zumindest kann ich mich an nichts Spektakuläres erinnern. Erst als wir den Kilometer 8 erreichten, erkannte ich eine sich nach oben schlängelnde Läuferschar. Bei Kilometer 9,5 (oder so) war es dann auch für mich soweit. Wir folgten einem steinigen, von Geröll gefüllten Aufstieg auf einen kleine, als Gebirgskette erscheinende Anhöhen. Nach kurzer Ebene immer wieder höher und höher. Es war so wunderschön hier oben. Der Untergrund lauf bar, man konnte sogar in der Gegend umherschauen. Nur die Downhills waren nicht Jeder Läufers Sache. Da musste ich dann schon mal ausscheren, um mir den Flow nicht zu nehmen. Obwohl ich langsam unterwegs war, im Downhill war ich (in der mich umgebenden Läuferblase) unschlagbar. Diese Hochebene hätte ich noch ewig laufen können. Der Abstieg zum CP-1 (Checkpoint) ließ sehr lange auf sich warte. Zu meiner großen Freude. Es war kühl, ein laues Lüftchen wehte und kühlte sehr angenehm (wahrscheinlich waren nur um die 30°C) und der Laufstrecke mit Ihren Weitsichten ein wirklicher Traum. Bergfeeling in the desert. Thats it.
Irgendwann kam dann doch dieser unvermeidliche Abstieg. Der Wasserstand zu greifen nahe. Nur noch gefühlten 100 hm runter und die innere und äußere Wässerung war wieder angesagt. Eigener weg, an allen vorbei. Noch 20 Kilometer bis Ziel.
Kurze Pause, wenig Rast und weiter ging es auf „normalem“ Wüstenpfad. Bis wir den nächsten Anstieg erreichten. Erst kannte ich es gar nicht wieder.  Doch war es die Stage 3 aus 2017, 2018, 2022 nach CP-1. Zunächst wird auf sandigem Pfad bis an den Tafelberg herangelitten. Kaum Wind in diesem Canyon. Das letzte Stück wird dann geklettert und dann kommts.  Der Spektakuläre Gipfelgrat bis zur nächsten Großen Dünen, die sich vom Boden aus ca. 150 hm erhebt. Die Höhenangaben sind nur Empfindungen und dienen der Verdeutlichung. Ich hab’s nicht nachgemessen. Uuuunverzeibbar.
Nach der großen Düne, ca. 300 m gehts weiter auf dem Gipfelgrat bis zum Abstieg.  Wieder im Sand unterwegs kann hier richtig runtergeknallt werden. Steinplatten oder Felsen unter dem Sand gibt es hier nicht. Selbst mehrfach geprüft. Viel Vorsicht war hier vor mir unterwegs. Ich ließ es laufen und lenkte nur noch.
An der großen Ebene kommt man nicht vorbei, will man den nächsten CP erreichen. Ewig zieht sich diese Ebene. Ich denke an die 7 km legt man stupide geradeaus zurück, um an sein nächsten Mentalpunkt zu erreichen. Zwischendurch noch 2 kleiner Plateaus. Nicht, dass man den CP zu früh sieht. Ja, das machen die extra. Verblüfft war ich dennoch, dass ich ihn nicht sah. Aber dann fiel mir die Strecke wieder ein. Leider auch das, was nach dem Jebel kommen würde.
Manchmal ist Vergesslichkeit nicht die schlechteste Eigenschaft. Zumindest im stageracing hilfreich.
Kurzes Ritual am Wasserstand und weiter gings. Ich musste den Sattel da gaaaaanz oben so schnell als möglich erreichen. Auf halber Strecke zwischen Aufstieg und CP noch einmal Schatten suchen, dann gings auch schon los.
Die Details erspare ich euch. Sand.  Klettern mit und ohne Seil. Stau, erschöpfte Läufer mit Helikoptereinsatz kurz vor meiner Nase. Das tickert der Kopf.
Obwohl eigentlich nicht. Es war unerträglich warm. In der prallen Sonne mit abstrahlendem Sand von unten. Über den ein oder anderen Stau war ich sehr, sehr dankbar. Das Seil markiert den letzten Abschnitt. Mittelweise ist das Ding aber immer länger geworden. Wieder im Sand, am Seil hochziehen. Noch 100 m bis zur Steilstufe, neues Seil. Ich kann den Sattel sehen. Kurze Pause. Der Planet brennt.
Oben, geschafft, Wind, Freudenschreie aus vielen Mündern. Dem haben wir‘s gezeigt. 50 Minuten dauerte mein Aufstieg.
Ich wollte schnell wieder nach unten. Auch in der felsigen Rinne, die man nun man unten läuft, gab es kaum Schatten.
Endlich war ich unten, völlig ausgelaugt. Auch wieder 25 min hat der Zauber gedauert. Fast 2 Stunden waren seit dem letzten Checkpunkt vergangen. Ich konnte nicht mehr. Die Dünen lagen vor mir. Nur 1 km breit aber im stetem auf und ab mit kurzen Auf- und Abstiegen auf die Kämme.
Der nächste Schatten ist meiner. Mittlerweile konnte ich max. 1h gehen, dann brauchte ich eine Pause. Der Puls gings runter, war aber 5 min später wieder oben. Die Temperatur momentan bei 46°C. Ich hatte keinerlei Erfahrung bei diesen Temperaturen. Höchste Zieltemperatur 44°. Ich musste eine Lösung finden? Was, wenn es noch wärmer würde?
Zumindest arbeitet der Kopf noch und Erbse bekommt noch genug Sauerstoff. Ich sank im Schatten eines Gestrüpp ähnlichen Baumes auf die Stelle nieder. Neben mir zwei weitere Aktivisten. Einer davon schnarchte ganz leise. Das war die Lösung. Körper komplett runterfahren, das sollte helfen.  Powernap.
3 Kilometer vorm Ziel. Undenkbar, vor diesem MdS. Ich schlief so schnell ein, wie ich daran dachte. 15 Minuten später weckte mich? Das Gewissen?
Ich fühlte mich pudelwohl. Puls auf 76 S/min gesenkt. Perfekt. Schnell noch durch die Dünen, was wirklich Kraft und Energie fraß. Puls immer noch gut. Ja, es half. Powernap war das neue GEL. Schnell wars vorbei mit den Dünen.  Das Camp in Sichtweite. Ich konnte wieder meine gewohnte Geschwindigkeit aufnehmen. Ich fühlte mich super. Das Ziel kam und kam nicht näher. Aber das kennt man ja. Auf die Uhr fixieren. Ich habe die Zieldistanz am Start eingeben (ja, auch eine Ziel Pace, ich Schelm) und musste nur noch den Rest abarbeiten. Immer ein wenig mehr eingeben, macht zufriedener, wenn’s dann SCHON geschafft ist.
Nach exakt 32 Kilometern war ich im Ziel. Über achteinhalb Stunden draußen in der Wüste freute ich mich nun auf unsere Festung im Wüstensturm.
Der Sandsturm kam auch heute wieder und war das Salz in unserer Tages- oder doch eher Abendsuppe. Nachts war auch wieder Einsatz auf dem fliegenden Teppich. Wir hatten uns mittlerweile dran gewöhnt.
Auch heute gab es wieder 1 Ausfall in unserem Zelt.  Kreislaufthemen waren das alles bestimmende Thema beim abendlichen Gejammer. Versteht das nicht falsch. Der Frust (über alles und sich) muss raus.
Zwischen zwei Sandstürmen wurde wieder gekocht und gegessen oder umgekehrt. Erholung war dringend notwendig. Ich war völlig kaputt, als ich so auf meiner Matte lag.
Am Tag die heiße Sonne. Nachts kühlte es auch nie unter 20° ab. Am Abend immer noch um die 30°C im Zelt.
Die Rennleitung reagierte und zog den Start vom Folgetag auf 1 Stunde vor. Jetzt, wo wir in der Wüste laufen werden, hörte ich unseren Zeltmanolo sprechen.
Das Gejammer könnt ihr euch vorstellen. Tausend kluge Ratschläge von 785 verbliebenden Startern. Ich glaube über 100 haben an diesem Tag aufgegeben. Wie soll man so ein Rennen gestalten. Plan B, alternative Laufstrecke, Sandpassagen weglassen. Am Ende ist alles Grütze.
Wir waren in die Wüste gekommen, um in ihr zu laufen. Wir wollten eins sein mit der Natur. So, wie sie ist.
Leider gibts hier keine Radwege, kalte Duschen und gekühlte Getränke gabs auch nicht. Jeder muss einen Weg finden. Die Natur kanns auch. Wir Menschen wollen immer alles ändern. Doch machen wir es damit besser? Sorry, musste jetzt mal.

Freudig erreichte mich dann doch noch vor dem Start die Info, dass die nächste Etappe nur 34,x km lang sein. Bis dahin war ich immer davon ausgegangen, dass stage 3 mit 38 km zu Buche schlägt. Ich freute mich, nicht so lange in der Hitze unterwegs sein zu müssen.
Rennstart also 07:00 Uhr. Zwei Stunden vorher verließen wir den Schlafsack, wer denn drin gelegen hat. Wieder nur um die 7h Schlaf bekommen. Die Hitze der Nacht tat alles, um es nicht einfacher zu machen.

Etappe 3 – dann landet der Flieger, aus dem ich diesen Bericht schreibe

Der Morgen zum dritten Streich lief in immer gleicher Routine (bei mir) ab. Das Sitzgestühl in den völlig neu verblendeten Bedürftigkeitsörtchen besuchen. Frühstück anrühren und verspeisen (dauert 5 min), Schlafplatz aufräumen und einpacken. Seit Stage 2 durfte die Matratze innen im Rucksack mitfahren. Anschließend Sachen anziehen. Ich hatte ich Camp immer keine Racesachen an, sondern separates Shirt und kühlend flattrige Hose mit.
Das Fußritual ist mir heilig und hat mir auch diesmal die schmerzhaften Blasen im Zehenbereich erspart. Dazu gehört das Füße waschen mit Wasser, ordentlich abtrocknen. Trocknen lassen. Einmassieren von wasserdichter Vaseline in Zehen-, Ballen- und Fersenbereich. Das Ganze mache ich mit Einweghandschuhen, damit die Vaseline mir nicht meine Finger versiegelt. Dann kommen die Zehensocken drüber. Ich ziehe anschließend sofort die Laufschuhe an und klettete die Gamaschen fest, damit kein Staub an die Füße kommen kann. Mache ich seit 6 Etappenrennen so und hat sich gut bewährt.

Und dann ist das Flugzeug gelandet und die Geschichte endet hier.