„Trinksucht“ macht blind

Der Samstag stand ganz im Zeichen sportlicher Höchstleistungen. Endlich gabs mal wieder einen Testlauf. Es sollten 10 km gelaufen werden – so wollte es der Trainingsplan. 😉

Also hieß es wie gewohnt kurz vor 6 aufstehen, um dann gegen 07:30 Uhr nach Templin zum 26. Lübbeseelauf aufzubrechen. Ich hatte erneut eine Luxusbegleitung. Anne und Björn nutzen ihren Urlaub, um mich in die Uckermark zu begleiten.

Bei leichtem Nieselregen kamen wir 1 Stunde vor dem offiziellen Start am Seehotel, einem (wahrscheinlich) ehemaligen FDGB Heim, an und ich hatte bereits nach 10 Minuten meine Startunterlagen in der Hand. Ich bekam die Nummer, die meiner gewünschten Alterklassenplatzierung und meiner Hausnummer entsprach, ausgehändigt.

Die offiziell 193 Starter hatten sich gut verteilt. Es war auch sonst recht übersichtlich, wobei die Organisation jedoch perfekt klappte. Aufgrund der doch recht kühlen Temperaturen entschied ich mich für einen etwas wärmeren Laufzwirn. Das Einlaufen verlief bereits im Nieselregen. Pünklich um 10:04 Uhr wurden die 20,5 km-Läufer auf die Strecke geschickt, um 3 Minuten später dem 10-er Feld den Startschuss zu verpassen. Die Langsamanläufer standen auch dieses Mal wieder ganz vorn, sodass es ein wenig ellenbogig zuging (sorry).

Startgerangel im Regen

Startgerangel im Regen

Ich lief zügig an und konnte mich an 7. Position „einreihen“. Es ging durch lichte Wälder und über gut ausgebaute Waldwege. Da ich erstmals einen Wettkampf mit GARMIN’s Foodpad lief, war die Eichung natürlich nicht perfekt. Ich konnte aber mein Tempo gut dosieren und lief die nachfolgenden Kilometer an die 4. Position vor, da sich 3 Jungläufer wieder überschätzt hatten und bereits beim 4. Kilometer (hörbar) Nebenluft zogen. Mittlerweile hatten wir auch die ersten „Halbmarathonis“ überholt. Dann endlich und doch unerwartet gabs einen Süffelstand. Trotz der niedrigen Temperaturen (12 °C) und des leichten Nieselregens war die Erfrischung willkommen. Mir gelang es sogar, einige Tropfen der Flüssigkeit in den Mund zu jonglieren, um dann wieder der Meute zu folgen.

Leider verpasste ich dabei irgendwie die 5. Kilometermarkierung. Auch konnte ich die spätere Siegerin, die zum Zeitpunkt noch auf Rang 3 lief, nicht mehr sehen. Wo war er hin, der lange blonde Zopf? Jetzt wurde es hügelig und nach einigen Überholmanövern konnte ich das klitzekleine 6 km Schild am Wegesrand ausmachen. Vielleicht hätte man doch einen anderen Schildersponsor wählen sollen. Gegen die kleinen Schilder sind ja unsere Eichenlauf-Markierungen Plakate. Irgendwas war nicht in Ordnung, das Geläuf wurde immer welliger? Ich hatte das im Laufbericht der Halbmarathonstrecke gelesen. Mir schwahnte etwas. Nach 4:22 war km 7 erreicht und ich war mir nun fast sicher, das ich den Abzweiger für die 10 km Läufer verpasst hatte.

Was tun? Umkehren? Oder kommt die Wende doch noch? Am Kilometer 8 war ich mir sicher, hier komme ich die nächsten 2 Kilometer nicht ins Ziel! Ich Depp. Am Start hatte ich mich über 2 Läuferinnen gewundert, die sich im letzten Jahr verlaufen hatten und mich nach der Beschilderung fragten. Ich gab dabei meine Entdeckungen des Einlaufens zum Besten. Und auch in den alten Ergenislisten gabs es 10 km Zeiten, die denen eines HM entsprachen.

Nun war ich selbst betroffen. Ich musste mich am Verpflegungsstand verfranst haben. Was sollte ich tun? Umkehren? Abbrechen? Oder einfach nur sauer sein? Nix von alle dem war konstruktiv. Ich kriegte meine Zweifel recht zügig in den Griff und beschloss, die 10 km voll zu machen und dann zu entscheiden. Auf den folgenden Kilometern erreichte ich dann den höchsten Punkt der Strecke, der mit km 10 beschriftet war. An eine neue 10-er Bestzeit war nicht zu denken. Trotzdem legte ich zur Verwunderung meiner „Nachläufer“ einen „Zielsprint“ hin und ging mit ner hochen 43-er Zeit durch.

Nach kurzer Gehpause – ich musste meinen Gehirnskasten mit zusätzlichem Sauerstoff versorgen – entschloss ich mich, im Marathonrenntempo weiterzulaufen. Ich durfte es nur nicht übertreiben. In 14 Tage ist bereits der Marathon und eigentlich läuft man so kurz vorher keinen „Halben“ mehr.

Also nahm ich mir vor, zwischen 4:45 und 5:00 min erst mal bis km 15 zu laufen. Schnell fand ich einen Laufpartner, dem ich bis zum 15. Kilometer folgte. Am Süffelstand (km 15) gönnte ich mir einen Eistee und fühlte mich immer noch recht entspannt. Ich beschloss, weiterzulaufen. Hier also hätte ich vor ca. 10 Kilometern abzweigen sollen? Na beim nächsten Mal denne. Die Tempoverschärfung meines Schattens ging ich dann in dem zunehmend hügligeren Gelände nicht mit. Vielmehr erspähte ich einen weiteren Läufer, auf den es sich aufzulaufen lohnte.

Am 17. Kilometer traf ich dann 2 der jungen Heißsporne, die nun zum Ziel wanderten. Sie waren scheinbar stinksauer ob der blöden Ausschilderung. Vielleicht hätte man doch noch den einen oder anderen Sägespänepfeil anbringen sollen oder vor die Streckenmarkierung an den Bäumen eine Lupe hängen sollen?

Die Kilometer 18 und 19 verliefen direkt am Ufer des Lübbesee, leider wars ein ständiges Auf und Ab. Für neue Bestzeiten war die sonst recht schöne Laufstrecke wirklich nicht geeignet. Am 20. Kilometer lief ich auf meine „Zielperson“ auf. Ich animierte ihn zum Endspurt, doch er war dazu nicht mehr aufgelegt. Also wahrte ich den Schein und zog das Tempo ein wenig an.

Im Ziel wurde ich bereits sehnsüchtig erwartet. Allen schien klar, dass ich einer der Verläufer war. So wurde ich in die 20- er Starterliste umgetragen und konnte noch einen achtbaren 22. Gesamtplatz erreichen. In meiner Altersklasse reichte es leider nur zur Holzmedaille (Platz 4). Da es mir aber nicht um den Platz, sondern vielmehr um das Tempo ging, war ich ganz zufrieden mit mir. Ich hatte die 20,5 km nach 1:34:21 erreicht, was einem 4:35-er Schnitt entsprach.

Da ja an dem Tag alles schief ging, hatte ich natürlich auch meinen Pulser vergessen, so dass ich nix über meine HFmax aussagen kann. Ich fühlte mich aber wirklich super und zeigte auch im hügligen Teil der Strecke keinerlei Ermüdung, trotz des doch recht flotten Anfangstempos.

Die Premiere der neuen Mizuno Precision verlief trotz Alltagssocken, die X-SOCKS hatte ich auch vergessen, zur vollen Zufriedenheit. So erhalten sie dann die Ehre, mich auf meinen ersten Marathon zu begleiten.

Kersten im Ziel

Kersten im Ziel

Nach Dusche und Urkundenempfang ließen wir den Tag in der Naturtherme ausklingen. Eine wirklich schöne Anlage, die der Regeneration sehr zuträglich war. In den folgenden Stunden konnte ich das Erlebte immer noch nicht vollständig verarbeiten.

Pulsgurt vergessen – keine Laufsocken mit – 20,5 statt 10 km gelaufen. Ich hoffe nur, dass diese Tendenz nicht anhält, sonst fahre ich bald zum Lauf und vergesse mitzulaufen … Alles sehr bedenklich.

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