2. MauerwegTour 2012 – Etappe 2 – Teil 3

Fortsetung von Teil 2

Samstag, 10. November 2012 67,xx km Wannsee nach Hennigsdorf

Ende Teil 2: Der Tag begann so zeitig, wie nötig. Gegen 6 Uhr saßen wir beim Frühstück und genossen unsere Aufbaumahlzeit. Wieder war alles Nötige und auch Luxuriöse vorhanden. Lediglich Wasser für den Trinkrucksack musste ich aus dem Automaten holen. Doch auch dieses Thema wurde prompt aufgenommen und war am Folgetag behoben (!!!). Wir starteten ab heute in verschiedenen Leistungsklassen. Ich zählte zu den ersten 26 des Vortages und musste 30 Minuten länger auf den Startschuss warten. Dieser wurde am zweiten Tag vom Geschäftsführer von „gpsies.com“ gegeben. Nicht ohne vorher die Anwesenheit aller Läufer zu prüfen.

Der Morgen danach, nach Etappe 1 war ein ganz spannender. Besonders für die unerfahrenen Etappenläufer unter uns. Jeder gab sich am Vorabend (die Verletzten mal ausgenommen) recht siegessicher, keinerlei „Rückstände am nächsten Morgen zu verspüren. Meine eigene Theorie sollte sich bestätigen und ich schlenderte schmerzfrei zum Frühstücksbuffett. Wenige Augenblicke später, das Reisegepäck verpackt, die Kleiderfrage entschieden (kurzes langes Laufshirt mit Überzieher, kurze Hose sowieso, Handschuhe und die bewährten Laufschuhe des Vortages) stand das verbleibende Häuflein von 26 Spätstartern unterm Startbanner.

Es war empfindlich kühler, als noch als Tag zuvor. Oder erschien es nur so? Die großen Reden waren gehalten und es ging recht ansatzlos auf die Königsetappe der Tour. Wieder war ich völlig „leer im Kopf“ und konnte so einem entspannten Lauf entgegensehen. Die ersten Kilometer verliefen auf dem Endstück des Vortages. Erste Ausfälle gabs bereits auf dem ersten Kilometer. Sehr, sehr bedauerlich …

Es hügelte sich anfangs recht entspannt durch den Wald. Die moderaten Anstiege mag ich eh, sodass sich bereits zu Beginn ein angenehmes Laufgefühl einstellte. Ich hatte stets einige Mitläufer im Blick, was ein beruhigendes Gefühl hervorrief. Vom Vortage war der ein oder andere Laufstil bekannt und man hatte ein Gefühl für des anderen Laufvermögen entwickelt.

Nach knapp 8 Kilometern war bereits VP1 erreicht. Tee und Wasser waren genau das Richtige am frühen Morgen.  Weiter gings am Griebnitzsee entlang in Richtung Schloss Cecilienhof. Hier, km 14 wurde gespeichert, folgte bereits der 2. Futterstand. Mitten im Zugang zum Schloss oder drin. Ich hatte wenig Zeit 😉 und folgte der sehr guten Beschilderung zum nächsten Mentalpunkt. Zu diesem Zeitpunkt lief es wirklich gut. Die Landschaft sollte etwas triester werden, bevor wir am Krampnitzsee, der erste Halbmarathon war nach 2:07 Stunden gerannt, in den Sacrower Park liefen. Hier stellte sich ein wirkliches Hochgefühl ein. Wunderschöne Landschaft gepart mit meinem liebsten Laufuntergrund, blätterbedeckte Waldwege.

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Die Pace zu diesem Zeitpunkt im Vortagesbereich. Kleinere Laufgruppen zerfielen so schnell sie sich gebildet hatten. Die Ultraläufer sind ja prinzipiell Einzelkämpfer. Die ersten Läufer der zeitigen Startgruppe, die bereits 30 Minuten für „uns“ starten durften, waren auch bereits gegrüßt. Die Laufstrecke war heute ein wenig hügeliger, was sich auch irgendwann bemerkbar machen sollte. Vorerst allerdings waren wir im Sacrower Park unterwegs, der am VP4 (km 27) verlassen wurde.

Zum 30. Kilometer hin wurde es immer zäher. Ich hatte zumindest dieses Gefühl. Die ständigen Überholmanöver allerdings ließen die kontrollierte Kräfteeinteilung ein wenig aus den Augen verlieren 🙁 Erfahrung sind zum Sammeln da und dies tat ich nun. Heute sollte der Tag mit den schlechten sein. Zur empfundenen Kraftlosigkeit gesellte sich eine herrliche Baustelle, die ein wechselseitiges Lauf im Sand der aufgerissenen Straße und dem holprigen Fußweg vorgab. Ich war mental ein wenig angefressen und fieberte VP 6 (km 34) entgegen. Etwas abgelegen von der Strecke gönnte ich mir eine wirklich lange Pause. An der Rundenzeit gemessen muss ich über eine Minute hier gerastet haben. (Für meine Verhältnisse endlos :-)) Die folgenden Kilometer hieß es einfach Laufen. Das hatte ich trainiert. Wenn’s Scheiße suboptimal läuft, ist das Ende noch weit, denn nur am Ende ist’s immer schön. Ein Mantra hatte ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Ich dachte an gar nichts. Ab und an meldeten sie die Waden und ich futterte Salztabletten, wie ein Großer. Einen Krampf wollte ich nicht riskieren und wurde nach 6 Salzsticks auf 5 Kilometern zum laufenden Salzstreuer.

Tapfer joggte ich die mögliche Pace und geriet auch bei einer 6:30 min/km nicht in Panik. Ich würde zurück kommen, das konnte ich ganz gut, davon war ich im Innersten überzeugt. Das hielt mich am Laufen. Als die ersten Hügel einsetzten, kam ich endlich aus dem gewohnten Rhythmus und das tat gut. Ich wurde nicht unbedingt schneller, aber es lief wieder rund. Am nächsten Futterhäuschen, die Marathondistanz wurde abgehakt, traf ich den Thomas und sah in absehbarer Entfernung die Silke vor mir. Gefühlte 10 m pro Kilometer konnte ich auflaufen. Es war sehr, sehr mühseelig.

Rennsamen (Cpyright by Kalle Rohwedder)

Doch die Eichhörnchentaktik sollte sich auszahlen, denn ab und an gabs jetzt auch schon mal eine 6:15-er Pace für den absolvierten Kilometer. Am VP km 48 hatte ich dann, mal vom schmerzenden linken Fuß abgesehen, wieder ein recht gutes Empfinden. Auch Thomas hatte sich zwischenzeitig wieder zu mir zurückfallen lassen oder war ich aufgelaufen? Wir hatten alle mächtig zu fighten und das taten wir, jeder für sich, denn das konnte man nur mit sich selbst ausmachen. Der folgende Mentalpunkt (VP km 52) ließ ein wenig Motivation aufkommen. Ich setzte einfach einen Fuß vor den anderen, ich dachte nur an den nächsten Becher Tee und hatte die Zieldistanz komplett ausgeblendet. Kurz nach der wohltuenden Stärkung, erstmals Cola, raste der Karl (Rohwedder) wie ein geölter Blitz an mir vorbei. Er hatte am letzten VP die „südmaerikanischen Rennsamen“ gekostet, wie er sagte, und war nun im geschätzten 5-Minuten-Tempo unterwegs. Selbst ein Hinweis auf die noch verbleibenden 12 km konnte ihn nicht stoppen. Ich hingegen lag wieder bei konstanter 6:15-er Pace. Es lief irgendwie. Durchhalten war angesagt und das hatte ich ganz gut gelernt. Klar das es kommen musste, doch die Länge der Durststrecke war schon verwunderlich.

Nach endlosen Schritten sollte ich den letzten VP erreichen. Der 60. Kilometer wurde gespeichert und der Alex wünschte jedem persönlich(also zumindest mir) einen guten Restverlauf. Die Begrüßung mit Befall am Gabentisch möchte ich nicht unerwähnt lassen. Für Kurzweil sorgte ein Triathlet, der sich interessiert nach unserem Treiben erkundigte. Bekanntes Leiden sozusagen. Zu meiner Überraschung gabs kurz vor dem Ziel noch einen weiteren Getränkepunkt. Mehr als erstaunt war ich, als Speedy-Karl hinter mir auftauchte. Gemeinsam mit Jin Cao hatte er ein paar Mehrkilometer gesammelt ;-).

67,4 km vorher – Start um 8 Uhr in Wannsee

Diesen ungeahnten Platzgewinn wollte ich jetzt auch nicht kampflos aufgeben, schaltete den Forerunner auf Restdistanz-Anzeige und rannte, bis die Oberschenkel „glühten“. Die letzten beiden Kilometer waren mit 5:30-er Pace dann doch noch mal recht flott und ein wunderbares Laufgefühl stellte sich ein. Es musste das Ende sein, denn es wurde wunderschön. Auf den letzten Metern kam mir der Rainer applaudierend entgegen und das Eintreffen im IBIS Hotel in Hennigsdorf ist gar nicht in Worte zu fassen. So wurde jeder Läufer, so auch ich, mit einem wirklich herzlichen und lang anhaltenden  Applaus im Foyer begrüßt. Ich schnallte anfangs gar nicht, dass dieser mir galt, so geschafft war ich. Am Ende des Tages belegte ich sogar noch Platz 9. Unglaublich.

Weitere 10 Läufer waren auf dieser Etappe ausgefallen, sodass nur noch 51 (von 71 gestarteten) zur letzten Etappe aufbrechen konnten. Zuvor allerdings wurde der Abend im Kreise Gleichverrückter verbracht. Ich glaube diese Etappe war einer meiner wichtigen Erfahrungen im recht kurzen Ultra-Läuferleben.

Irgendwie läufts immer weiter, man muss es nur tun.

Der „Kopf“ hatte wirklich hervorragend funktioniert. Ich kamm immer noch unter 7 Stunden rein und hatte meine Traumzeit gerade mal um 10 Minuten verfehlt … alles juuut.

Ergebnisse 2. Etappe hier: 2.EtappeMWT2012

 Sonntag, 11. November 2012 46,xx km Hennigsdorf nach Kreuzberg

Kurz vor 8 – Es war schweinekalt.

Der Abend verging, wie im Fluge und bis auf die Wadenschmerzen hatte ich keinerlei Nachwehen. Voltaren-Salbe und Kühl-Gel waren die favorisierten Tuben der vergangenen 12 Stunden. Und auch kurz vor dem Start wurde noch einmal nachgeölt. Es sollte halten. Auch heute musste ich auf den Start 30 Minuten länger warten und verpasste durch mein Gerenne vom Vortag auch noch den RBB, der einen kurzen Beitrag über unser Treiben aufs „Band“ verewigte. Na ja, so ewig wars dann auch nicht, denn der Beitrag ist bereits nicht mehr verfügbar. Hmm, schade.

Ich hingegen lief die ersten Kilometer vor dem Besenfahrrad. Als scheinbar langsamster Starter im Feld musste ich die ersten 6 Kilometer das Gefühl eines 6 Stunden-Marathonläufers ertragen. Das war wirklich sehr frustrierend, muss ich ehrlich zugeben.

Fortsetzung folgt … Etappenläufe dauern aber auch … Teil 4 The Final Countdown