Anflug auf Mallorca oder Ultratrail de Serra de Tramuntana Part 1

Nun sitze ich in diesem Flugzeug. Es wird mich auf die Baleareninsel Mallorca fliegen. Und ich werde von der quirligen Hauptstadt ins verschlafene Tramuntanagebirge reisen. Unglaublich. Vor einem Jahr, noch vor einem halben Jahr ein Traum, wurde er zur erfüllbaren Realität.
Sicher. Man läuft und läuft und läuft auch einige Male etwas länger. Jedoch sind die 100-er immer noch etwas Besonderes. Das dieser Ultratrail mein bisher längster Lauf am Stück werden wird kommt freudig strahlend dazu. Natürlich laufe ich in den Bergen und da die Distanz natürlich nicht allein die Herausforderung sein darf, müssen ein paar Hügel her. In meinem Reisegebiet sagt man Berge dazu. Keine hohen Berge gilt es zu bezwingen, anders als in den Westalpen rund um den Mont Blanc, sind es hier eine Vielzahl derer, kaum höher als 1200 m. Die Luft wird also nicht dünn. Zehn kleinere und größere Gipfel werden sich zu 4500 Höhenmetern im Anstieg summieren. Der Trailanteil hoch, der Geröll- und (großer) Kieselsteinanteil wird sehr hoch sein. Die besondere Herausfoderung des „Trails der Trockenmauern“.
Da Laufjahr ist recht holprig gestartet. Nach dem „Tenerife Bluetrail“ im Oktober gabs die UHu-Wochen. Selbst UFü-Wochen waren dabei. Na und alles gipfelte in lauffreien Wochen, die verletzungsbedingt einen guten Heilungsprozess für die üblichen Zipperlein brachten. Alles hat einen tieferen Sinn. 😉 Oder war es nur eine Woche? 😉 Eine Ewigkeit auf alle Fälle.
Und als es dann im Dezember endlich wieder richtig zur Sachen gehen „musste“, ereilte es mich wieder. Soooo viele freie Zeit und (durch eigene Dummheit) musste ich mich auf Shorties und wandern beschränken. Eine lauffreie Woche kann soooo lang sein.
Die langen Läufe verliefen alle unter 3 Stunden, mehr ging einfach nicht und auch die üblichen schnelleren Stints waren etwas anders und auch kürzer. UHu-Wochen (unter Hundert Wochenkilometer). Zum Ende des Monats, pünktlich vor unserer Reise auf die Balearen, dann er ersten lange Kanten. Nach der 100-er dann die erste 120-er Laufwoche. Alles entwickelte sich zufriedenstellend. Auf Mallorca dann kamen erste wirkliche Höhenmeter hinzu, die langen, bissigen Anstiege . Ihr wisst, das, was weh tut. Trotz eingelegter Urlaubstage, an denen nicht lange gelaufen wurde und auch mal gewandert 😉 ,wurden dennoch über 150 Bergkilometer ins Trainingstagebuch gepeichert. Die knapp 6000 Höhenmeter viel wichtiger. Die Muskulatur erholte sich langsam, trotz steigender Umfänge, von meinen eigenwilligen Trainingsmethoden 😉 Ich musste mich von der moderaten Steigerung der Umfänge und Höhenmeter verabschieden, wollte ich noch in Form kommen.
Und es funktionierte, mal wieder. 🙂 Die Körperanpassung funktionierte in den 9 Tagen auf der Insel überraschend gut. Muskeln, Sehnen und Faszien muckerten zwar noch, aber HFmax war wieder ok und die Fettverbrennung funktionierte wieder erstaunlich gut.
Zurück aus den Bergen gab ich dem Körper die notwendige Ruhe. Ein paar Läufe mit Corinna gaben der Leistungssteigerung durch regenerative Läufe eine Chanche. Wieder folgte eine Umfangswache. Nicht sooo viel (140 Wo-km). Aber der ersten 6 Stunden Lauf war dabei. Es lief. Natürlich fuhr ich dazu ins vorgezogene Frühjahrstrainingslager nach Bad Schandau. Schnee- und eisfrei konnte in diesem Jahr in den Elbsandsteinen trainiert werden.
Nein, ich sage nichts zum DNS (Did not start) beim Leichhardt-Ultra. Es ging eben einfach nicht.
Der Rest, der Vorbereitung ist schnell erzählt. Nach Regeneration folgten zwei Umfangswochen, vorbildlich gesteigert. 155 Wo-km sollte man schon minimal unterwegs sein, wenn man sich auf einen 20-Stunden Lauf vorbereitet. So tue ich es zumindest. Alte Männer müssen vielleicht so trainieren. Der Leidensfaktor senkt sich exorbitant im Wettkampf.
Der geplante lange 50 Meiler im Harz wurde liebend gern gegen einen 6 Stundenlauf im Schwarzwald getauscht. Höhenmeter sammeln am südlichsten Zipfel der Republik. Alles passte perfekt. Lediglich der 50 cm hohe Schnee auf dem 13xx m hohen Schauinslandgipfel versetzte mich in Erstaunen. Am vergangenen Wochenende reisten wir ins Kyffhäusergebirge, auch um die letzte „Tempoeinheit“ im Rahmen des Kyffhäuser Berglaufs zu laufen. Moderate, laufbare Hügel waren genau das Richtige für den Abschluss der ersten Erholungswoche. Viel gereist in diesem Jahr. Und keine Ende in Sicht 😉 An die 25 000 Höhenmeter bin ich bisher nach oben geklettert, gelaufen, gestiegen. Nicht so viel, wie nötig. Doch was ist schon genug? Immer noch bin ich ambitionierter Läufer und muss (zum Glück) nicht mein Geld damit verdienen. Die Freude am liebsten Hobby überwiegt. Kaum Zeit für anderes. Also ich nehme mir sie nicht.
Nun bin ich fit. Ich hoffe fit genug für ein neues Level. Auf meinem Flug hat das Hirn genügend Zeit, mich an die „Restbaustellen“ zu erinnern. Rechte Hüfte, linkes Knie, linke Wade … Ihr kennt es. Der Körper wehrt sich gern, wenn es dann endlich los geht. Damit kann er uns nur eines sagen wollen: „Du warst in Bewegung, du hast trainiert. Ich werde dir helfen, dein Ziel zu schaffen, aber vernachlässige mich nicht.“
Nein, das werde ich nicht tun, wenn ich heute Nacht um 24:00 Uhr meine Stirnlampe einschalte und mich auf die tagesfüllende Reise nach Pollence begeben werde. Gemeinsam mit über 600 Trailrunnern aus ganz Europa werden wir die Tramuntana rocken. Es wird ein unvergessliches Erlebnis, ohne Frage.
Es, mein erster 115 km Trailrun. Versüßt mit 4500 Höhenmetern uphill. Downhillen darf ich diese dann auch wieder. Ich hoffe, die Cutoff-Zeiten nicht zu brauchen. Ein Ultra ist lang, ein Ultra ist nicht kalkulierbar. Schon gar nicht in den Bergen mit hohem Trailanteil. Ein Ultra ist aber auch das geilste, das ich mir momentan vorstellen kann. Ich bin dann mal ultrieren. Bis Sonntag, zu meinem Rückflug.