11. Müritzlauf 2011 – Ich bin ein „Müritzumrunder“

9. August 2011: Erster Anmeldeschluss für den Müritzlauf 2011. Ich hatte den Städtelauf geplant und trotzdem nicht wirklich verinnerlicht. So entschied ich an diesem Tag, einen „Trainingslauf“ zur Ermittlung des Trainingsstandes für mein Hauptevent des Herbstes, den Röntgenlauf, zu absolvieren. Sicher war die Strecke etwas länger, als die des Röntgenlaufes, ähhh … 14 km, dafür aber die zu absolvierenden Höhenmeter etwas geringer. Das die Mehrkilometer die fehlenden Berge nicht ersetzen konnten war mir durchaus bewusst. Grenzerfahrungen sammeln, so das Hauptziel.

Am Samstag war also zeitiges aufstehen angesagt, um nach dem Abholen der Startunterlagen im Start/Zielbereich den geglückten Startschuss um 8:00 Uhr nicht zu verpassen. Zuvor gabs noch das üblichen Toilettensuchen, keine DIXI’s vorhanden, wohl aber von mir übersehene städtische Häusl. Hm. Wo ein Wille, da ein Busch. Tasche abgegeben, Tasche wiederholen, Sonnenbrille aufs „Näslein geklemmt, Tasche abgeben, Dröhnung in die Ohren und dann gings auch schon los.

Optimale Vorbereitung ist die halbe Zielzeit. Obwohl ich nicht ein einziges Mal auf die Zeittabelle geguckt, war deren Inhalt trotzdem im Kopf gespeichert. (blau die Stationen mit ausschließlich Getränkeversorgung)

 Bis auf ein paar ganz Verwegene, wie den Sieger (Jan Albert Lantink: Zielzeit 5:02 Std.), gehts beim Ultrastart etwas gemütlicher zu. Keine Gehetze und Gerangel. Jeder wählte sein Wohlfühltempo und ich traf das meine auch perfekt. Die ersten Kilometer lief ich ein wirklich pulskontrolliertes Tempo, denn abgerechnet wird zum Schluss. Sicher ist das bei jedem Lauf so, doch dieses Mal hielt ich mich konsequent daran. Nach Durchquerung der Stadt gings in den „Müritz Nationalpark“.

Die ersten beiden Abschnitte wiesen keine zusätzlichen Süffelstände auf, sodass ich mich entschloss, eine Trinkflasche bis km 20 mitzuschleppen. Sicher nicht die optimale Methode, doch auf den Trinkrucksack konnte ich aufgrund der hohen Anzahl von Verpflegungs- und Getränkestellen (22 !!!) getrost verzichten. Der ein oder andere hatte seinen „Nathan“ trotzdem dabei. Erstmals musste ich bei Kilometer 7 einen ungewollten Stop einlegen. Mein Flüssigkeitshaushalt war falsch eingestellt. Ich verlor aber lediglich 20 Sekunden, was man ja am Anfang solch langer Distanz immer noch penibel ausrechnet (Kurzstreckenmanie). Der erste Verpflegungsstand folgte kurze Zeit später. GEL Nr.1 wurde eingeworfen und mit Wasser nachgespült. Ich achtete sorgsam auf meine Energiezufuhr, eine Lehre aus den langen Läufen, wo es das ein oder andere Energiedefizit gab. Weiter gings auf Abschnitt 2 bis nach Boek. Wir bewegten uns die gesamte Zeit im Waldgebiet, wodurch mein Garmin ein paar Probleme mit den Entfernungen und den daraus errechneten Geschwindigkeiten hatte. Ich lief konsequent nach Puls. Alles lag stets zwischen 74-75% HFmax, was ja optimal für lange Distanzen sein soll.

Ich muss die Werte für mich ja erst ergründen, da offiziell ja der erste Ultra, den ich absolvierte. Meine 100 km von Jena waren ja kein ausgeschriebener Ultralauf.

Zusätzliche orientierte ich mich am vor mir laufenden Rolf Krattenmacher (Dr. M50), der von seiner Frau radbegleitet und versorgt wurde. Er schien einen 6-er Schnitt zu laufen. Passte mit meinen Pulswerten prima zusammen. Leider verlor ich ihn dann für eine Weile aus den Augen. Durch sein Auslassen der Verpflegungsstellen, die mich immer zwischen 15 und 20 Sekunden kosteten und seinem stellenweise forcierten Tempo …

In Boek war dann (das weiterhin Übliche) versammeln am Verpflegungspunkt angesagt, sodass man kaum an die Getränke kam. Ich verabschiedete mich von meiner „Powerade“, die mein Mantra auf den ersten 20 Kilometern war. Ich konnte 2 Becher ergattern und fragte noch, ob es Wasser sei. Ich bekam auch eine Antwort doch die „Rock’n Roller aus Down Under“ in meinem Ohr waren lauter. Glücklicherweise kippte ich mir den gegriffenen Schleim nicht auf den Kopf … lehrte Becher zwei aber tapfer. GEL Nr. 2 musste verdünnt werden. Somit hatte ich die Erfahrung auch einmal gemacht. Es schmeckte gar nicht so schlecht, nur der Anblick der Rest auf dem Boden ist … gewöhnungsbedürftig.

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Weiter gings nun auf dem Radweg nach Rechlin. Erste Hügel kamen auf und mein Wegbegleiter bis Rechlin war nun der Manfred Barthold (PSV Chemnitz M65). Er legte an den Süffel- und Verpflegungsständen längere Pausen ein und lief dann immer bis zum nächsten auf „The Clock“ 😉 auf. An der Boeker Mühle stand das erste kleine Tischlein mit Wasser und Cola, was für die Abkühlung hervorragend geeignet und ausreichend war. Hier noch wählte ich einen Becher Wasser in und einen Becher auf das Rübchen. Manfred trank scheinbar im Stehen und hatte mich mit seinem Laufpartner bis Rechlin Nord wieder eingeholt. Auf dem Weg dorthin gab es erste Blickkontakte zu Torsten Weiß, der für die kommenden 50 Kilometer meine Orientierung wurde. Auch die später dritte Frau, wurde wiedergefunden.

In Rechlin-Nord gings auf den Radweg, der das Bundeswehrgelände umrundete. An Werft und Yachthafen vorbei erreichten wir den Fußweg nach Rechlin. Die ersten Handbiker hatten mich bereits überholt, hier kamen die ersten Staffelläufer an mir vorbei. Diese wurden unbewusst zum Mantra, was mich in meinen tun auf den folgenden 15 Kilometern bestätigen sollte. Ich war ein sogenannter „Echter“ im Gegensatz zu den Teamläufern, die den See ja „nur“ in Etappen liefen.

Bis zum Verpflegungsstand in Rechlins Ortsmitte dauerte es ewig. Wir waren jetzt der Sonne ausgesetzt und der Wind versteckte sich hinter den Häusern. Nach 30 Kilometern setzte Beifall ein, die Wechselstelle der Staffelläufer und gleichzeitig Verpflegungspunkt wurde erreicht. Nun gabs 3 Becher Wasser und eine Banane. Ich musste GEL sparen, hatte nämlich nur 5 eingepackt. Dafür noch einen Powerbar-Riegel, den ich im Gehen, wenns mir mal schlecht ging und damit rechnete ich fest, essen wollte.

Banane und Wasser waren im Körper verschwunden als ich, nun allein unterwegs, die B198 erreichte. Dein Freund und Helfer sperrte bereits zig Meter vor meinem Eintreffen die Hauptverkehrsader zwischen Mirow und Autobahn. Dementsprechend viele Fahrzeuge hatten sich angesammelt. Besonders in Erinnerung ist mir eine Beifahrerin geblieben, die nervös die Scheibe „runterkurbelte“ und euphorisch Beifall spendete. Nur für mich allein … das baut schon ganz schön auf. Torsten kam wieder in Sicht und auch Katrin Sekulla (W40 3. Frau im Ziel) sah ich gehend in „Schlagdistanz“.

Beim Ultra bekommen Entfernungen eine völlig andere Bedeutung. Läufst Du im Marathon in wenigen Sekunden auf, kann es beim Ultra schon mal 5 Kilometer dauern. Besonders in der Anfangsphase eines „Rennens“, in der wir uns bei km 32 ja noch befanden. An der Gaarzer Mühle war die Steigung vorbei, Katrin lief wieder, Torsten zog wie ’ne Uhr sein Tempo durch, das aber in dieser Phase nicht exakt auf meines passte. Ich  bewegte mich momentan zwischen 6:10 und 6:15 min/km, wobei ich ab und an schon mal einen 80-er Puls auf dem Armlaptop sah. Das beunruhigte mich aber nicht wirklich, denn auf den Geraden erreichte ich recht schnell wieder das Soll. Sollte sich da ein Trainingseffekt eingestellt haben? Ich hoffte natürlich darauf und wartete anfangs auf den Augenblick, ab wann es nicht mehr funktionierte.

In Vipperow, außerplanmäßigen Süffelstand fürs Rübchen benutzt, funktionierte alles noch top. Kurz vorm Abzweiger nach Zielow, Katrin hatte ich nun, erneut gehend, überholt, gabs das erste Salzbonbon. Krämpfe sollen ja ein großes Problem bei langen Distanzen sein. So wollte ich vorbeugen und nahm schon zeitig entsprechende Mittelchen. Kurz vorm „Zielower Forst“, oder wie das Waldstück auch immer heißt, gabs schon wieder was zu picheln. Ich wechselte zu Cola und behielt das beträufeln des Kopfes bei. Rennschneckes MP3 Player versah klaglos seinen Dienst und motivierte wirklich ordentlich.

Im „Zielower Wald“ gabs mal, wie bereits seit Kilometern üblich, ein Überholmanöver einer Staffel. Dieses Mal die Wismarer Boxfreunde. Das Waldstück war von den Regenfällen der letzten Wochen gezeichnet, sodass es auch eine kurze Gehpassage geben musste. Ich wollte auch keinen Fall nasse Füße und damit die Gefahr der Blasenbildung riskieren. Auch daran hatte ich gedacht und die Fußsohlen vor der Strumpfbekleidung mit Vaseline eingerieben – funktionierte auch perfekt.

Nach Verlassen des Waldes folgte ein Teilstück unter praller Sonne, was meinen entstehenden Sonnenbrand Vorschub leistete. An Sonnencreme hatte ich nicht gedacht. Am folgenden Verpflegungspunkt erwartete uns wieder eine Staffelwechselstelle, wodurch der beigestellte Tisch von hinten angegangen wurde. GEL Nr. 3 verbesserte meine Energiebilanz und 2 Cola sollten dies verstärken. Die Laufstrecke war nun gänzlich von Schatten befreit. Es gab jedoch den einen oder andere Getränkestand, der nicht immer vermerkt war. Auch die Hügel empfand ich jetzt als stärker, was aber lediglich (vermutlich, so meine Annahme) mit dem Voranschreiten der Belastung zu tun hatte. Bevor wir nach Ludorf einbogen, ich glaube es war am Zeltplatz des Ortes, gabs noch mal was zu trinken. Das Läuferfeld war bereits weit auseinandergezogen. M65 aus Chemnitz ward nicht mehr gesehen. Rolf war mit seiner Frau weit vorausgeeilt und auch Torsten hatte sich mit seinem Radbegleiter aus dem Staub in Richtung Ziel gemacht. Mein neues Ziel hieß Röbel. Dort wollte ich lecker dinieren und es mir gut gehen lassen.

Vor Ludorf überholten mich zwei Frauen, ich denke es waren Ulrike Stiller und Kathrin Palm aus Potsdam, deren Taktik sicher darin bestand, zwischen den Verpflegungsstellen etwas zügiger zu laufen, um sich dann dort für den nächsten Stint zu „erholen“. Ich bevorzugte die Kontinuität und erreichte, zu meiner Verwunderung kam Rolf mit Frau in Sicht, die Marathondistanz kurz hinter Ludorf. Ich begrüßte die Marke „lautstark“, wusste allerdings nicht, dass bis dahin bereits 4:18 Std. unterwegs war.

So wie auch während des gesamten Laufes errechnete ich nicht wirklich Zielzeiten. Ich sah die Zwischenzeiten nach einem Kilometer, meine Pulswerte und versuchte mein Tempo zu halten. Klar war auch, dass es zum Ende hin eng und schwer werden würde.

Am Abzweiger nach Gneve, wieder ein leckerer Wasserstand, der zum Seitenwechsel führte und damit Gefahr für Leib und Leben bedeutete. Wir bewegten uns hier auch dem unattraktivsten Stück des gesamten Laufes. Die Landstraße von Ludorf kommend, huckelig, asphaltgasend und schattenlos brachte uns stetig ansteigend an den Ortseingang von Röbel, wo ich glücklicherweise (ich glaube rennentscheidend) 2 Becher Cola und 2 Becher Wasser dankend entgegennahm. Durch den Urlaubsort laufend, beifallslos und unbeachtet (Danke an die 2 klatschenden Frauen vom Org-team am Abzweiger zum Hafen) von den zahllosen Urlaubern erreichte ich fühlbare Stunden später den Hafen von Röbel. Ich bahnte mir den Weg, gleichzeitig Startort des Städtelaufs, durch die Staffelläufer, immer klatschend (Danke), die Begleiter der Stadtläufer und … sah keinen Verpflegungsstand. Auch den Weiterweg erkannte ich zwischen den vielen Menschen in letzter Minute. Dafür folgte nun ein Teilstück von Bäumen gesäumt, was sichtlichen Pulsreduktion bedeutete.

In dem ganzen Gewühle war dann plötzlich der Torsten (Weiß) mit seinem Radbegleiter vor mir. Er gönnte sich immer etwas längere Pausen. Gut für mich. Die Orientierung an seinem Tempo war perfekt für diesen Tag. Am Binnensee in Röbel entlang mit herrlichen Blicken auf die Müritz erreichten wir auf (gefühlt) extrem hügliger Strecke die Straße zum Nitschow. Hier gabs nach sieben Kilometern endlich wieder Flüssigkeit. Nicht auszudenken, wenn ich am Ortseingang von Röbel verzichtet hätte. Ich spürte das Verlangen nach Wasser und verdünnte damit GEL Nr.4. Zwei Becher Cola gabs obendrauf. Dass ich mir viel Zeit nahm, zeigt die Rundenzeit von 6:52 min/km.

Glücklicherweise aber erkannte ich die Notwendigkeit des Wasserns auch im „Rennen“. Weiter gings nach Marienfelde, Torsten war nun dicht vor mir (dicht heißt 100m) und wir liefen ein einsames Rennen nach Gotthun. Ein schönes, aufbauendes Erlebnis gabs noch auf dem Weg dorthin, als mir ein Staffelläufer während seines Überholvorgangs die Hand zum Abklatschen entgegenstreckte. Wieder so ein kleines Mosaiksteinchen, welches zum Finish nach so langer Laufzeit beitrug. Mich motivierte es wieder ein paar Kilometer und beseitigte blitzschnell aufkommende (kontraproduktive) Vorstellungen an noch zu laufenden Strecke und dafür eventuell benötigte Zeit. Ich war fit im Kopf und freute mich auf meinen Festschmaus in Gotthun.  Leider gab es dort gar keinen, sondern „nur“ mein 2C2W (2 Cola 2 Wasser) Ritual. Es verschaffte mir aber ein Ziel und dieses erreichte ich mental stark bei abnehmender Pace. Ich ließ mich jedoch nicht verrückt machen und lief weiter mein Tempo. Die kleinen Zipperlein, wie das Gefühl ich verliere meine Fußsohle bei km 50 oder das Kribbeln der Hände hört nie auf oder aber meine Lunge ist zu geklebt und ich kann nicht mehr vernünftig atmen, vergingen zwar langsamer, als sie gekommen waren, konnten aber nicht die Oberhand gewinnen.

Irgendwann bei km 56 erreichten wir den Radweg an der L24, der uns hügelnd nach Zierzow brachte. Das seit km 32 begonnene Gehen setzte sich hier fort. Ich überholte den ein oder anderen und motivierte mich immer öfter mit möglichen Zieleinlaufszenarien. Auch die Vorstellung, nach 58 Kilometern, Zierzow war erreicht, immer noch zu laufen und noch nicht einen Teilabschnitt ge-speed-wandert zu sein, trieben mir das Adrenalin in den Körper. Im Wechselort der Staffelläufer gabs verhaltenen Applaus und eine Verpflegungsstandbedienung von hinten. Hier waren nach Röbel die meisten „Tröten“ versammelt. Lasst alle einmal um die Müritz rennen, um das Gefühl für diese unscheinbaren Kleinigkeiten zu bekommen. Ich gönnte mir hier mein letztes GEL (Nr.5). Und verabschiedete mich mit einem Blick auf das Entfernungsschild „km 58,4“. Ich konnte auch noch rechnen. Nicht mal mehr ein Halber war zu laufen. Doch der sollte es in sich haben.

Es hügelte sich nach Sietow Dorf und von dort nach Sembzin. Die Entfernungen wurden wieder fassbar. Ich konnte die Bundesstraße sehen und wusste, dass ich bald in Klink sein musste. Meinem nächsten Etappenziel. Ich baute zusehends ab, was man so erwartet bei einem Ultra aus dem Training heraus, und trotz reduzierter Pace gefiel mir der Puls auch nicht sonderlich. Alles unter 80 % HFmax … War das aber trotzdem gut? In Sembzin erreichte ich den Süffelstand und freute mich auf 2 leckere Cola, die ich allerdings selbst einfüllen musste. Dafür war Wasser zur Abkühlung vorbereitet. Ich verließ den Campingtisch und bog auf den Radweg nach Klink ein. Zuvor hatten mich zwei Umradler überholt, die ich an dem knackigen Anstieg überwandern konnte. Speedwandern mit Armdurchschlag bis zum Auskugeln (übertrieben). Trotz Verpflegung und 300 m wandern brachte ich es noch auf einen 7:40-er Kilometerschnitt. Da es einigen Umrundern noch schlechter ging, als mir, empfand ich meinen Zustand als gut und beruhigend. Der Weg nach Klink war trotzdem eine „Tortour“.

Glücklicherweise dauerte das „Leiden“ nur 2,5 Kilometer, wobei ich deutlich, trotz „laufend“er Fortbewegung, unter einen 7-er Schnitt fiel. Mein Kopf war nicht frei und erste Wandertheorien wurden entworfen. Als ich im Zenit meiner Mentalschwäche in Klink das Schloß passierte, ereignete sich etwas wirklich Entscheidendes:

Ich sah die Müritz. Sicher lief ich die ganze Zeit an ihr entlang und konnte auch das Wasser sehen. Jedoch am Strand in Klink konnte ich zwar über den kompletten See nach Rechlin blickten, sah jedoch das Ende nicht. Welche Dimension?! Nicht einmal das Auge konnte sie fassen.

Mein Obermantra: Dort war ich von ca 3 Stunden, laufend gewesen. Ich rannte seit schätzungsweise 7 Stunden ohne Unterbrechung. Und … Ich lief immer noch. Ich hatte das Unglaubliche fast geschafft. Ich werde ein Müritzumrunder sein. Ich werde länger als 8 Stunden nur gelaufen sein, pausenlos und mitten im Sommer. Unvorstellbar und total abgefahren.

Und ich fühlte neben der monotonen Bewegung, die sicher prägte, keinerlei behindernden Schmerz. Meine Pace stieg fast ohne merkliche Anstrengung auf ein Tempo schneller 7 min/km. Ich war wieder da. Auf dem folgenden Kilometer musste ich das ein oder andere Gespräch mit mir führen. Ruhig und gelassen, aber hilfreich. Am Verpflegungsstand das erlösende Kilometerschild „Noch 8,4 km“. Ich hatte bereits in diversen Laufberichten davon gelesen, dass zum Ende hin die verbleibenden Kilometer vermerkt sind. Durch die teils stark bewaldete Laufstrecke ist auf Garmin dann auch nicht so viel Verlass und so war die verbleibende Reststrecke kürzer als die auf meinem Arm angezeigte (Mosaikstein). Ich trank ausreichend, versorgte mich mit Traubenzucker, Schokolade und zwei halben Bananen und begab mich fast zeitgleich mit Torsten auf die Reststrecke. Was ist denn eine Reststrecke? 🙂 Es folgte das berühmt, berüchtigte Stück Singletrail, wo sich der ein oder andere Spitzenläufer ja schon verlaufen haben soll.  Torsten legte eine außerplanmäßige Versorgungspause ein, sodass ich nun die Führung unserer kleinen Dreiergruppe (der humpelnder Triathlet, der uns kurz begleitete, ist leider nicht auszumachen) übernehmen „musste“. Wir ließen die 2. Frau passieren, von der ich glaubte, sie sei eine Staffelläuferin, so schnell war sie unterwegs. Meinen dummen Spruch (zur vermeintlichen Etappenläuferin) korrigierte ich nach der Siegerehrung, hatte sie uns doch auf den 7 Kilometern knapp 4 Minuten abgenommen. Glückwunsch an Madeleine Timmermann für den furiosen Endspurt.

Wir liefen „entspannt“ durch die Wälder und ich genoss das Gefühl, es bald geschafft zu haben. Das Schild „Noch 5 km“ stand etwas (viel) zu früh und ließ die Kilometer in Zeitlupe vergehen. Die Getränkestände waren nun an jedem Kilometerschild aufgestellt und brachten eine gesunde Gesichtsfarbe für den Zieleinlauf 😉 Ich begnügte mich mit einem Becher Wasser, der fast in Gänze auf dem Kopf landete. Die letzten Staffelläufer überholten uns gut 2 Kilometer vor dem Ziel und auch der Triathlet ward nicht mehr gesehen. Am letzten Verpflegungspunkt („noch 2 Kilometer“) übernahm Torsten wieder und wir liefen „eng aneinander gekuschelt“ 😉 – 25 m?

Nun kam wirkliche Freude ob des baldigen Zieleinlaufs auf. Ich wurde unfreiwilliger Zeuge des Gesprächs von Torsten mit seinem Radbegleiter und hörte etwas von 7 Stunden. Erstmal, während des gesamten Rennens, schaltete ich meinen Garmin auf Gesamtzeit und glaubte meinen Augen nicht zu trauen: 7:54:.. Std. sah ich da in riesen Ziffern auf dem Display. Ich war aus dem Häuschen und musste erst mal eine Ansage an die Laufgruppe machen. Wir forcierten das Tempo und hoffte auf die Exaktheit der Kilometrierung. Wir wurden immer schneller. Die Sekunden verrannen wie im Fluge. Es gab keinen Schmerz, nur noch Adrenalin. Der Runnershigh hatte eingesetzt und übermannte mich. Als wir in den Hafen einbogen, mittlerweile in 4:14 min/km unterwegs, zeigte die Zwiebel: 7:59:00 Std. Torsten übernahm nun die Führung und wird sprinteten, wie bei einem 10-km-Lauf der Ziellinie entgegen.

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Ich sah die Rennschnecke im Ziel, kurz dahinter die Rennuhr. 7:59:30 … Es würde reichen für diese unglaubliche Zeit … am heimischen PC hochgerechnet und exakt eingetroffen. Uuuunvorstellbar. Ich kriegte mich gar nicht mehr ein. Ich war nun endlich ein Ultraläufer und Müritzumrunder obendrein. Mein Debüt hatte ich gleich mit knapp 77 Kilometern gegeben … Unvorstellbar. Wie sagte ein leider gehender Läufer, 3 Kilometer vor dem Ziel: „Ist das nicht bekloppt, um den ganzen See zu laufen?“ Ich konnte nicht fassen, dass die Beine solange schmerzfrei funktionierten und selbst am Ende noch ein Endspurt drin war … hätte ich es nicht selbst erlebt, ich würde es nicht glauben. Zieleinlauf nach 7:59:37 Stunden.

Alles wildes „Fleisch“

Der Sieg ging an den Vorjahressieger Jan_Albert Lantink. Die Frauen-„konkurrenz“ dominierte Imke Constien (6:41:44 Std.). Mit ihr konnte ich noch Fußnagelstudium betreiben, da wir zur Siegerehrung die Bank teilten. Sie hatte ihren Letzten beim 6 Stundenlauf im Frühjahr verloren. Mein neuester Verlust ist am rechten Fuß zu „beklagen“.

Meine weiteren Begleiter, deren Nummer ich mir gemerkt habe und die den Lauf für mich unbewusst mitgestaltet haben:

Torsten Weiß (M45) : 7:59:33 – Rolf Krattenmacher (M50) : 8:36:41 – Manfred Barthold (M65) : 8:25:31 ; Alle Ergebnisse hier und Bilder da.

Kleine Bildersammlung an einen unvergessenen Samstag

(Foto: Rennschnecke, danke für die Unterstützung):

Alles richtig gemacht, bei dem Ergebnis

Fliegend ins Ziel

Zieleinlauf in Wunschzeit

Ich konnte kaum noch stehen.