Ultramarathon Serra de Tramuntana 2015

Nach all der Anspannung und der Vorbereitung:

20:02:53 Stunden

und alles ist vorbei. Ist Erinnerung, Geschichte, finito. Nichts wird mehr so, wie es einmal war. Seufz.

Als ich viel zu zeitig in mein raceoutfit schlüpfte und den Laufrucksack für die Gebirgsüberquerung vorbereitet war es gerade einmal halb neun. Ein 30 minütiger powernap, bei dem ich gefühlt keine Sekunde ge-naped hatte gingen dem voran. Ich war immer noch total müde. Es würde vergehen, wenn ich dann am Laufen war. Nur nicht wieder beim laufen einschlafen, wie im August am La Bovine.

Gegen 9 Uhr machte ich mich dann auf die Socken. Nur 5 Minuten lag die Bushaltestelle von meinem „Sweet Homestay“ entfernt. Einer vermieten Wohnung. WG-Feeling (das ich das mal noch erlebe), aber der luxuriöseren Art. Genau das richtige für mein kurzes Intermezzo im Schlafgemach. Denn die meiste Zeit wollte ich eh in der Tramuntana verbringen.

Yippi, Bus fahren oder mit dem eigenen Mietwagen?

Natürlich hatte ich beim frühabendlichen „Einkaufsbummel“ (Wasser, Cracker, Wasser …) bereits die Lokation gecheckt. Hatte ja nur eine Chance und die wollte ich auch nutzen 😉 Über ein gutes Dutzend komprimiert bekleideter Trailrunner waren bereits vor mir anwesend, minütlich kamen neue hinzu. Der zur Abfahrtszeit erscheinende Kleinbus war definitiv für den Transport der mittlerweile 30 „Verrückten“ zu klein. Beschwichtigend und telefonierend wurde ein größerer Bus umgeleitet. Im gefühlten Sekundentakt wurden wir darüber informiert, das gleich ein Bus kommt. Bewusst nahm keiner Notiz davon. Überwiegend Spanier aber auch ein paar Engländer nahmen es gelassen. Nur beim Deutschen lief bereits wieder das Kopfkino 🙂

Alles wurde gut. Reihe zwei im Gang mit freiem Blick auf die Fahrstrecke … perfekt. Eine kleine Ehrenrunde gab es dann doch noch. Wild gestikulierend sprang ein (offensichtlicher) Helfer auf dem Kreisverkehr herum und gestikulierte wild mit dem Fahrer. Wir fuhren also noch einmal zum Zustiegspunkt zurück und luden noch 10 weitere Läufer ein. Alles gut. Manana.

Nachdem dies alles geregelt war, wir uns auf sicherem Weg nach Antratx unterwegs waren ratterte mein Kopf schon wieder. Alle Starter in meiner Sichtweite hatten Dropbags und Startnummern dabei. Nur ich nicht. Würde ich auch ohne Startnummer laufen? Wie sollte ich das mit den Getränken und der Verpflegung werden? Hatte ich die Ausschreibung falsch gelesen? Den Flug nach dieser erst am Starttag gebucht. Dorsales gab es am Startpunkt, gleichsam mit dem Zeitmesschip. Sollte ich noch einmal die website checken? Man war das wieder aufregend. Ich schob das auf meine Übermüdung und sagte mir, alles wird gut. Wie immer. Nur der Zeitpunkt war dieses Mal wichtig. Es sollte am heutigen Abend noch passieren.

Trail-Lemminge

Trail-Lemminge

Zum angekündigten Zeitpunkt erreichten wir Antratx. Kurz vor der Aufenthaltshalle wollten 50 Autos und 3 Busse auf 20 PKW-Parkplätzen einparken. Manana. Alles klärte sich irgendwie mithilfe der Polizei. Endlich konnte ich in die Halle „stürmen“, mir Gewissheit verschaffen. Ja, dort war die Ausgabe, nee. Nur ein lokaler Sportartikelverschupperer. Ah, dort drüben. In zwei getrennten Bereichen waren die Nummern zu empfangen. Ich kannte meine nicht und nahm erst einmal die längere Schlange. Als ich endlich an der Reihe war, erfuhr ich in perfektem Spanisch, dass ich mir zuvor auf einer Liste die dorsal ermitteln darf. Ok, ich hatte ja Zeit und heute Abend eh nichts Aufregendes vor. 😉 665 stand vor meinem Namen auf der heiligen Liste, die mir Zugang zu den Begehrlichkeiten verschaffen sollte.

Meine Ausrüstung incl. 1 Liter Getränke macht incl. Trailstöcke 3-4 kg

Meine Ausrüstung incl. 1 Liter Getränke macht incl. Trailstöcke 3-4 kg

Nun endlich konnte ich auch alle verlierbaren Gegenstände mit dem eigens dafür mitgeführten Permanentmarker beschriften. Ja, ich hatte die Ausschreibung gelesen und stellte mich auch der freiwilligen Ausrüstungskontrolle, nach deren Prüfung meine Dorsal auf einen ominösen Notizzettel vermerkt wurde. Eine deutsche Teilnehmerin, die mich nach dem Verfahren befragte durfte leider nicht mehr vorzeigen, da der Notizblock und sein Schreiber die Arbeit einstellten. Finito. Nun hatte man nur noch unterwegs die Chance, was bei mir übrigens nicht passierte. 😉 Aber wir sind alle erwachsen und wussten, was man mitzunehmen hatten. 🙂

Anmerkung: In meinem Flieger sind einige sehr übermüdete Gesichter an Bord 😉 Vorwiegend in Sandalen oder gar Adiletten oder Nikiletten … 🙂

Gegen dreiviertel zwölf herrschte plötzlich rege Bewegung. Alles wollte auf einmal durch eine doppelflüglige Tür. Die Reihen lichteten sich und das Ultragestein Dietmar Rosenau kam auf mich zu. Gut das mich einer erkennt. Ich kenn ja immer keinen. Tunnel? 😉

Sehr kurzweilig verging daraufhin die Zeit bis zum Start. Wir mussten ca. 500 m bis zum alten (oder auch neuen, was in der Dunkelheit nicht so richtig erkennbar war) Rathaus wandern, dort erfolgte dann der offizielle Start. Da wir den Schuss nicht gehört hatten, also alle drei Neulinge dieses Laufes waren, reihten wir uns in Reihe gaaaanz hinten ein. Auch gut, kriegt man von den Volksreden nicht viel mit. Aber auch nicht vom Start. Ich schaffte es gerade noch, die Schuhe zu schnüren und den Bindannmalwegtweet zu versenden und dann bewegte es sich auch schon vor uns.

Ohne (hörbaren) Knall, flüsterleise sozusagen ging es los.

Verwackelt aber selbst geknippst

Verwackelt aber selbst geknippst

Es ging in die Nacht. Der Starttunnel mit lebenden Fackelhaltern trapiert. Es gefiel mir wirklich gut. Anheimelnde Stimmung. Lampe aus. Batterien schonen. Durch die Vielzahl der Teelichte war es ohnehin „taghell“. Wir kamen gleich vernünftig ans Laufen. Meine Starthelfer hatte ich aus den Augen verloren. Kurz vorm loswandern zum Start hatte ich dann doch noch die „Montane“ übergezogen, was ich keine 2 km später bereits bereute. Es war schwül warm, unangenehm auf den windstillen Passagen. Gut 2 Kilometer asphaltierten wir, bevor, bereits aus der Ferne erkennbar, es zum ersten großen Stau kam. Zuvor waren wir stets am Laufen, moderat ging es aus dem Ort bergan, hügel an eher. Die Spitze hatte den falschen Weg gewählt, die Meute hinterhergehetzt und nun hieß es Retour. Ein Tohuwabohu ohne Gleichen. Unter den 800 Startern gabs dann doch ein paar Ortskundige, die dann den Pulk auf einem schmalen Querweg auf die Originalstrecke (hoffentlich, dachte ich) leitete.

Somit war ich plötzlich mitten im Feld. Das vorangegangene Überholen hatte ein Ende. Es fügt sich alles irgendwie zum guten 😉 Noch immer hatte ich keine Stirnlampe eingeschaltet. Irgendwann verließen wir die Ortsstraßen und verzweigten auf den Trail. Immer mal wieder kam es zu Staus. Sei es, um einen Weidezahn über Leitern zu überqueren, eine besonders enge Kletterstelle zu meistern oder eine Schlammpassage zu umlaufen. Ich umlief diese nicht … 🙂

Raodbook. Einmal geschrieben, gespeichert.

Raodbook. Einmal geschrieben, gespeichert.

Viele Nationen waren vertreten. Zumindest hörte ich nicht nur spanisch. Franzosen, Engländer, Asiaten und Deutsche. Eine hörte ich ihren Begleiter beschwichtigen, es solle langsam machen, es gäbe 5 große Anstiege und einer davon kommt jetzt. Noch bevor die Worte die Nacht erreichten war er da. Kopf in den Nacken, da oben sie die roten Blinklichter.

Folgte der Weg anfangs noch einem kleinen Pfad, wurde es mit zunehmender Höhe immer wegloser. Ich hatte ein Roadbook dabei. Selbst erstellt und beschrieben. Somit musste ich auch keine einziges Mal drauf schauen. Ich wusste, was drauf stand. Und der erste Cutoff war nach 3:30 Stunden, welche die ersten 18 Kilometer bedeutet. Wir waren anfangs gut am Laufen und mussten nur wenige Male warten oder speedhiken. Ich hatte das Gefühl, die ersten 7 km komplett durchgetippelt zu sein. Platzgewinne nach der etwas suboptimalen Startposition. Gut eine Stunde hatten wir gebraucht. Gute Zeit für die Unterbrechungen, die solch ein hohes Straterfeld auf engen Pfaden mit sich bringt. In good old germany hatte sicher schon wieder ein Gelbgepfleckter Mondochsenfrosch oder Brenessellurch diese Wegführung vereitelt. 🙂 Muss doch mal gesacht wärn.

Erster großer Stau - umgestürzter Bau und Felsstufe 1,5 m vorm S´Esclop

Erster großer Stau – umgestürzter Bau und Felsstufe 1,5 m vorm S´Esclop

Die nachfolgende Stunde ging dann eher als Kletterei durch. Gefühlt wegloser Aufstieg zum S‘Esclop, den wir, glaube ich, nur streiften. Ein Fotograph markierte den Gipfel und wir durften wieder hinunter laufen. Mühsam hinauf gekämpft. Meine Stöcke leisteten bereits hier wertvolle Dienste. Ja, am Stock gehen ist manches Mal ein Segen.

So trailig der Aufstieg war, um so gewöhlicher der Abstieg. Hier konnte man Zeit gewinnen, knallte man erbarmungslos die Forstpiste hinunter. Ich tat dies nicht. Fand ein angenehmes Tempe. 100 Kilometer vor dem Ziel hörte ich erst mal alle Problemstellen ab. Linkes Knie in gewohnt aufsässiger Manier. War aber nur Gepose ohne wirklich dramatisches. Die rechte Hüfte war da schon hartnäckiger. Mit der richtigen Schrittfrequenz war das aber alles kein wirkliches Problem. Anfangs zumindest. Die Waden waren in top Zustand und meldeten volle Einsatzbereitschaft 😉

Meine „Montane“ hatte ich mittlerweile wieder an. Es war windig in der Höhe. Die Jacke mit seinen 60g ein Hauch von nichts. Kategorie: super empfehlenswert.

VP 1 Estellencs

Nach endlosen Kilometern um und durch das Häusermeer der kleinen Küstenstadt erreichten wir endlich den ersten Fressstand. Alles stand zur Verfügung, was man sich vorstellen konnte. Ein Fressparadies ohne Gleichen. Großes Lob an alles VPs. Das war großes Kino!!!

Schnell hatte ich meine Getränkevorräte aus riesigen Behältern mit „Wasserhahn“ aufgefüllt, einen bereits ausgepackten Energieriegel im Mund und war auf dem Weg zum nächsten Mentalpunkt. In 18 km folgte das Küstendorf Port Canonge, für deren Erreichen man sich 3 Stunden Zeit lassen durfte. Ich lag gut in der Zeit. Hatte ein gutes Tempo gefunden. Noch 24 km bis zur Streckenkenntnis. Schnell noch ein Fresspunkttweet abgesendet. Ich wusste zwar nicht, ob es jemanden interessiert. Doch wenigstens meine drei liebsten sollte Bescheid wissen, was das alte Nagetier die Nacht wieder so anstellt. 😉 Er läuft und es lief.

Wir verließen den Ort und kehrten zurück auf die Wege, die ohne Asphalt auskamen. Ich hatte am Ausgang des VPs noch mal die zu erklimmende Höhe geprüft. Hinweisschilder mit allen wichtigen Informationen waren am Ei- bzw. Ausgang der Pausenoasen angebracht. (Leider niemals geknippst). Knapp 200 hm weniger als der S‘Esclop. Alles bequem end entspannt machbar. Viel zu schnell erreichten wir erneut eine Ortslage, die aber keines falls der Küstenort sein konnte. Zuviel Asphalt gab es ebenso vor und hinter dem Ort (Banyalbufar). Offensichtlich bewegten wir uns an der Steilküste, die ein gefahrloses Laufen nicht zuließ. Dann eben Asphalt. Die Luftfeuchte immer noch sehr hoch. Lediglich beim Erreichen der höchsten Punkte wehte mal ein Lüftchen und verschaffte Abkühlung.

Um meinen Ermüdungszustand war es auch nicht optimal bestellt. Ich spielte mit dem Gedanken, am nächsten Rastplatz ein powernap einzulegen. Doch auf Grund des geringen Zeitpolsters verwarf ich den Gedanken.

Wir verließen Banyalbufar so, wie wir es erreichten, lediglich die Down- wurde zum Uphill. Wildes Speedhiking entlang eine unbefahrenen, mit Seitenplancken gesichterte Asphaltstraße. Meine Fenix-2 meldete tapfer alle 100m den Höhengewinn. Die Fenix-3, ohne GPS versuchte die Distanz anhand des run-Brustgurtes zu ermitten. Dies gelang ihr aber auch recht konstant ungenau. (Eichung wäre die vermutete Lösung gewesen).

Immer wenn ein blinkendes Lichtlein auftauchte, gab es eine Besonderheit. Ja, ich hatte mich mittlerweile an die unbekannte, tels etwas blasse Streckenmarkierung, die auch gelegendlich eine Nichtmarkierung war (wenige Stellen), gewöhnt. Am Blinklicht verließen wir den Highway und verzweigten auf eine Trail. An seinem Eingang konnte ich das Zielgebiet auf einem Holzschild ausmachen. VP-2 würde hier erreicht. Gern hätte ich diese nun folgende Passage bei Tageslicht absolviert. Je mehr wir downhill-ten umso mehr gabs Meer. Bis wir schließlich direkt am Strand ankamen, den wir durch wilde Kletterei hoch und runter erreichten. Ich glaube auch, ein Schild 35 km ausgemacht zu haben? Ist ja sehr demotivierend zu diesem frühen Zeitpunkt. „Ihr seid auf dem richtigen Weg und habts bereits 35 km geschafft“ tickerte es in mir.

VP-2 Port de Port Canonge

Nach dem Strand dann ein kurzer Anstieg zum 2. Verpflegungspunkt. Auch hier war wieder alles vorhanden, was zu diesem Zeitpunkt notwendig war. Ich hielt mich nicht lange auf. Füllte meine Getränkevorräte auf. Aß ein Stück Kuchen und zutschte ein paar Orangen. Zuvor hatte ich bereits 1 Aktiv-Gel (genießbar ohne Wasser) und ein wasserlösliches PowerGel genascht. Das Zeug muss endlich mal alle werden. Ich habe ja fühlbar Kisten von dem Zeug. 😉

Nach 6:30 Stunden Stirnplätten endlich die Sonne.

Nach 6:30 Stunden Stirnplätten endlich die Sonne.

Die nachfolgenden 8,7 km, wie mir ein kleines, nicht überall sofort ins Auge fallendes, Schild sagte, mußte nach insgesamt 8:30 Std. erreicht sein. Es wurden dann bereits 45,xx km gutgeschrieben. Ich konnte mir also 2,5 Stunden Zeit nehmen, so groß war mein Poster auf die Cutoff. Oder war es klein? Ich kannte die Strecke nicht, doch wenn man viel Zeit bekommt, dann war es sicher berechtigt. Technisch anspruchsvoll oder/und viel Kletterei.

Wieder war von allem etwas dabei. Überwiegend Forstwege. Immer serpentinenartig im Wald hinauf. Im oberen Teil dann schmaler und eher dem Namen des Ultratrails entsprechend. Dafür dann wieder etwas geröllig. Umgekehrt sozusagen, was nicht nur mir teilweise too much war. Im Endeffekt wusste ich aber schon, was mich erwartete. Auf dem Weg nach Valldemosa kehrte dann auch endlich das Tageslicht zurück. Langsam drückte das Teelicht dann doch am Kopf. Gibt auch hässliche Falten. Was wohl die Leute decken, wenn man so zerknittert zu Gast ist.

Bevor wir endgültig in den Wald eintauchten, gelang mir noch ein wunderschönens Himmelrotanleutfoto von der aufgehenden Sonne. Vor Erreichen einer Forststraße, die direkt in die Landstraße (Asphalt) führte, war noch eine wilde Kletterei angesagt, die im Übersteigen einer Trockenmauer gipfelte. Danke dem spanischen Trailrunner, der mich vorm Absturz beawhrte. Tritts auf Stein, Stein kippelt, tritts auf nächsten Stein, Stein rutscht weg und du mit. Das war knapp und ein Fluchen unausweichlich. Das hätte verdammt schmerzhaft ausgehen können.

Gedanken ...

Gedanken …

Auf der Asphaltstraße nach Valldemosa konnte ich dann die Stirmlampe verpacken, das Bufftuch im Rucksack verstauen, den Visor aufsetzen und … beim Bild für die Daheimgebliebene (Schafweide) das Smartphone (fast) zum Trailhandy machen. Schnell war der Akku wieder eingesetzt, die Rückschalte eingerastet. Nach dem Faststurz das zweite Vorkommnis. Es musste was passieren. Ich wurde unaufmerksam. Also naschte ich erst mal ein GEL. Mann ist beschäftigt mit der ganzen Gelrausfingerei, dem Nichtaufreißenwollen und dem IchglibbermirmaldieHändevoll. Das Hände säubern klappte auch nicht, was ich gewöhnlich an den Büschen, die noch Morgentau tragend am Wegesrand stehen, tue. Hier gab es keinen Morgentau. Und wirklich Blätter hatte das „Gestrüpp“ am Wegesrand auch nicht. Aber stachlig war es 😉

Von einer Polizeieskorte wurden wir von der Straße in einen kleinen Park geleitet, der uns den Großparkplatz am Ortsrand Valldomosas umlaufen ließ. Hier nun kannte ich mich aus. Die Strecke war ich bereits gelaufen. Ich bekam die zweite Luft sozusagen, die ich dringend brauchte.

VP 3 Valldemosa

Wir erreichten eine Sporthalle, in der ein megafettes Buffet aufgebaut war. (km46) An zwei langen Tafeln gab es einfach alles. Ich füllte meine Getränkevorräte auf, aß wieder Kuchen, Orangen und glaube irgend einen Energieriegel, bevor ich „Wie läufts“ angesprochen wurde. Eine nette ältere Dame hatte meinen Namen auf der Startnummer gelesen und wir kamen ins Gespräch. Über den S‘Esclop und den Aufstieg und die Dunkelheit. Wenige Augenblicke später reichte sie mir eine Serviette für die verschmutzten Hände.

VP3 Valldemosa - Erster Coaching-Point es war voll

VP3 Valldemosa – Erster Coaching-Point es war voll

Ich musste meine Füße lüften. Ich glaube gegen halb acht dort gewesen zu sein. Schnell noch einen Tweet für die Ewigkeit und ich war wieder on the way.

Ich war auf bekannter Strecke unterwegs. Den verbleibenden (kläglichen 😉 ) Rest des Laufes kannte ich aus dem Februarurlaub. Oder doch nicht. Heute lag auf jeden Fall kein Schnee, wie noch im Februar diesen Jahres. Ob dies so gut war, würde sich zeigen müssen. Zunächst lief ich tapfer bis zum nächsten größeren Anstieg rund um das touristische Highlight der Insel. Wir sahen leider keine Anspornlinge, bewegten wir uns doch in den Randgebieten des Ortes. Bloß nicht auffallen? Keineswegs. Die Trailstarter hatten die örtliche Aufmerksamkeit, denn diese starteten um 8 Uhr und sollten bald für Turbulenzen auf den schmalen Trails rund ums und über das Teix Massiv sorgen.

Wir kämpfen uns speedhikend die Forststraße und später das Geröll zum ersten Plateau hinauf. Schade, dass wir nicht mehr die Ursprungsstrecke nahmen. Doch seit 2 Jahren geht es die breite Piste hinauf. Sicher der gemeinsamen Streckenteilung von Trail- (ca. 70k Distanz) und Ultratrailstartern (112km) geschuldet. Wir hatten gerade den breiten Weg verlassen, tippelte es auch bereits und die Spitze der „Trailer“ überholte uns. Immer wieder wurde Platz gemacht für die schnellen, frischen Läufer. Etwas angenervt war man schon. Das Prozedere sollte sich die nächsten 2 Stunden so fortsetzen.

Geröllrunning. Es ging los. Hinauf aufs Teix-Massiv

Geröllrunning. Es ging los.
Hinauf aufs Teix-Massiv

Auf dem ersten Plateau war dann auch die Aufgabe der nächsten halben Stunde sichtbar. Geröllrunning vom feinsten, stets Höhe gewinnend liefen wir zum ersehnten Abstieg hinauf. Nach jeder Anhöhe kam eine nächste in Sicht. Ich hatte die Strecke gar nicht sooo zäh in Erinnerung. Die Sonne leistete mittlerweile ganze Arbeit. Ich nutzte eine Überholpause, das Basecap mit Sonnenschuh aufzusehen. Nach Buff und Visor war nun Nr. 3 des Kopfschutzes im Einsatz.

Als wir den Abstieg erreichten, ließen auch die Überholvorgänge nach. Nun galt es auf 3 Kilometern 800 Höhenmeter zu überwinden. Oder waren es vier? Der Weg jedenfalls extrem steil. Da ich ihn kannte war dieser schneefrei wesentlich angenehmer zu laufen. Auch der Singletrail im ortsnahen Teil mit seinen Katzenköpfen ala Mallorca bekannt und so nicht nervig. Trotzdem war ich froh, endlich am Hotel zu sein, das das Ende des Abstiegs markierte.

Ein paar Anfeuerungsrufe und Applaudierungen später, wir waren nun auf einem Verbindungsweg in der Ortslage Deia unterweg, erreichten wir VP4. Einer der kleineren Fressstationen (nicht abwertend gemeint). Wieder folgte das Ritual. Getränke füllen. Aus der Flasche trinken, diese nachfüllen und im Trinkrucksack verstauen. Und es gab Nudeln und ich schnappte mir ein paar Gabeln voll. Nach geschätzten 5 Minuten war ich wieder auf der Strecke. Jetzt in der prallen Sonnen ging es nach Soller hinüber. Hier kannte ich wohl jeden Stein. Meine Haupttrainingsstrecke des Februar.

Stau ... mal wieder

Stau … mal wieder

Die einsetzende Ermüdung hatte ich nicht trainiert. So gesellte sich ein wenig Unachtsamkeit dazu und knall. Gab es eine harte Kollision mit einem Ast. Ich konnte noch schimpfen, mehr über meine eigene Nachlässigkeit, denn über das fehlende Flatterband. Holzauge sei wachsam. Bereits einige Stunden zuvor hatte ich einen querliegenden Busch übersehen und mir eine unfreiwillige Gesichtsmassage verpasst.

Entknotungskünstler gefragt

Entknotungskünstler gefragt

Meine Stimmung hob sich recht schnell, als mit ein „Trailer“ (70k Läufer) anbot, vor ihm die Übersteigleiter zu nehmen. „Gracias“, habe ich gern in Anspruch genommen. Der Anstieg nach Soller moderat, an die 250 hm sind hier zu überwinden. Vieles davon kann getippelt werden. Die Ausblicke an die Küste nur durch wenige Wolken getrübt. Am Trailrestaurant gab es einen privaten Verpflegungspunkt. Wasser aus dem Schlauch zur Erfrischung, von mir nicht benötigt (genutzt) und Trinkwasser aus Gläsern (!!!!) boten die Betreiberinnen des kleinen Ausflugslokals an. Ich erkannte sie sogar wieder, aus unserem Urlaub im Frühjahr.

Nun war der anstrengende Teil geschafft. Es folgte anfangs höhehaltend ein gepflegter, angenehm zu laufender Weg mit Blick auf Soller und seinen Port. Als wir uns an den Pfad gewöhnt hatten, folgten die geliebten Steinstufen, die aus groben Kieseln bestanden und gingen schließlich in „kniefordernde“ Treppen über.

VP 5 Soller

Soller ... es war knall heiß

Soller … es war knall heiß

Wir befanden uns im Randgebiet Sollers. Nun begann der erste „Zieleinlauf“. Von „Zuschauern“ gesäumt vermaßen wir die Stadt mit dem mildesten Klima. Immer noch eine Gasse wurde durchlaufen. Applaus schallte durch die Gassen. Auch die Plaza mit der berühmten Kirche wurde passiert, bevor wir den VP5 in einem großen Innenhof erreichten. Essen, Getränke und Sitzgelegenheiten, soweit das Auge reichte. Zum Glück gab es nichts zu sitzen. Rechts schnell hatte ich mich befüllt und verköstigt und war auf dem Weg zum vorletzten großen Anstieg, dem Barranc Biniaraix hinauf bis zum Col de L’Ofre. Hier war die Luftbewegung nicht die Beste. Dennoch wunderte ich mich über den schnellen Aufstieg einiger Mitstreiter. Ich war froh, die Trailstöcke dabei zu haben und benutzte diese sehr intensiv. Schnelle Aufstiege wurden mit Pausen bezahlt. Viele der Speedhiker saßen wenige Wegwendungen später unter schattenspendenden Bäumen. Mehrere Läufer sah ich die Knie salben, die Knie bandagieren. Auch die ein oder andere Tablettenverpackung lag am Boden. Sicher von den wandernden Urlaubern 😉

Immer wieder begegnete man sich...

Immer wieder begegnete man sich…

Ich ging stetig, kraftsparend, soweit es möglich war. Obwohl die Strecke bekannt und durch seine hervorragende Pflasterung recht bequem zu gehen war, zehrte es doch an den Kräfte. Es ging fast ausschließlich bergan. Und der Planet brannte erbarmungslos. Am Col dann der Schwenk in den Wald und … es kam endlich wieder stärkerer Wind auf. Ein gutes Zeichen, dass wir den Gipfel erreichen sollten.

Oben angekommen war es an der Zeit, die Fenix-2 ans Aggregat zu hängen. Bereits beim verlassen der Fressstation Soller hatte ich die Uhr im laufenden Betrieb verkabelt. Doch Garmins altes Flagschiff kann nicht laden und messen. So musste die Fenix-3 (nur mit ungeeichtem run-Gurt zählend) die ganze Arbeit übernehmen. Herrliche Blicke auf den Cuber und die umliegenden Berge incl. dem höchsten dem Puig Mayor mit seiner markanten Radarschutzkuppel. Ich muss gestehen, dass ich mehr tunnelte, als die Landschaft genoss. Es wurde jetzt richtig schwer, obwohl nach dem Süffelstand am Cuberparkoplatz nur noch ein Anstieg zu meistern war.

VP 6 – Cuber, vor dem letzten finalen Aufstieg auf über 1200 Meter.

Immer wieder musste ich den Schlapp- durch den Schlurfschritt ersetzen. Besonders der Abstieg vom Pass zum Cuber-Stausee ein wenig mühsam nach der Kletterei. Ich hatte Mühe, trotz laufender Fortbewegung pace aufzunehmen. Was solls. Keine 3 km später hatte ich das große Festzelt erreicht. Kilometer 80 war im Sack und es gab Nutellabrot. Hmmm. Lecker Toast drumherum, den man auch hätte weglassen können 😉 Vielmehr habe ich mir gar nicht gegönnt. Stattdessen gab es endlich die längst überfällige Fußkontrolle.

Ein Compeed-Pflaster und 1 Paar neue Laufsocken später war ich auch schon wieder unterwegs. Gut 2,5 km folgten an einem Wasserkanal entlang, der uns bis zum Eintritt in den Wald begleitet. Kurzer Aufstieg, kleiner Singletrail und dann ging er auch schon los, der Aufstieg. Nicht ohne zuvor wieder Kontakt mit einem benadelten Zweig aufzunehmen. Autsch, das tat weh. Warum immer ins Gesicht?

Es nervte, das eigene Unvermögen.

Es nervte, das eigene Unvermögen.

Im Schutz des Waldes waren die Temperaturen recht angenehm. Nicht das ich gefroren hätte. Es war wunderschönes Ultralaufwetter hier. Kurz unterhalb des Fonts Prat stieg ich noch einmal an den kleinen Bach hinab, um mich vor dem bekannten Aufstieg zur Massanella mit frischem Quellwasser zu erfrischen. Herrlich. Schlappen noch mal eingetaucht 😉 und ab ging es hinauf. Auf gut 1000 Höhenmetern erreichten wir die Baumgrenze und anschließend das unliebsamste Stück Weg zum höchsten Punkt zu nehmen. Hier zweifelte ich an mir selbst.

Ein Gestürze und Gestolper. Ich mag ja diese „festgewachsenen“ Steine. Doch diese Geröllhalbe raubte mir die letzte Kraft. Man zweifelt dann am eigenen Unvermögen, stellt Gott und die Welt in Frage … aber ich kenn das ja und weiß auch, dass ich sehr schnell über dies Phasen hinwegkomme. Meistens 😉 Heute dauerte es fast bis zum Gipfel, den wir auf knapp 1300 Metern erreichten. Ein Trailrunner hinter mir fluchte und schimpfte, wie ein Rohrspatz in feinstem Spanisch. Ok, ich litt nicht nur allein. Ein Unterschied zum Schneelauf vom Februar gab es in der pace gar nicht. Nur sank ich nicht bis zu den Knöchel ein.

Highpoint

Highpoint

Am höchsten Punkt dann eine Fernsicht bis Alcudia … herrlich. Hier musste ein Selfi her. Klar, wenn man schon mal hier oben ist. Der nachfolgende Streckenabschnitt völlig unbekannt. Wir sockten zunächst an die 250 Höhenmeter auf 2 km wieder hinunter um an der anderen Talseite wieder fast die gleiche Höhe nach oben zu steigen. Hier konnte ich beim Schneelauf die direkte Linie nehmen. Ein Traum, des sich heute leider nicht wiederholte. Allmählich kehrte meine Lauffreude zurück. Ich konnte nicht überholen und wurde es auch nicht. Alle liefen irgendwie „auf Platz“ und wanderten, bis es wieder lief.

Endlich war der letzte Gipfel erklommen und nun mussten nur noch ein paar wenige Kilometer Geröll gemeistert werden. Es muss sich um den 90. Kilomter gehandelt haben, als ich endlich keine Rücksicht mehr nahm. Entweder Knie und Hüfte hielten jetzt oder „sie fliegen eben davon“. Die nächste Trailrunnerin, die mich downhill überholen wollte, war meine. Und wir liefen mit herrlicher pace hinunter in den Wald nach Lluc. Viele „angewachsene“ Steine machten das downhillen zum Vergnügen. Ich konnte viele Plätze gut machen. Aber darauf kam es gar nicht an. Flow, hieß das Zauberwort.

Im Wald angekommen ein sehr kraftsparendes Stück Trail. Weicher Waldweg, den wir auf unserer weiten Reise vom Westen der Insel bisher kaum verspüren durften, mündete schlussendlich in den berüchtigten Steintreppen, die uns zum Kloster hinunter brachten.

VP 7 Kloster Lluc

last call ... Kloster Lluc

last call … Kloster Lluc

Bereits von weitem war die Stimmung zu vernehmen, die den „2. Zieleinlauf“ ankündigte. Als Coachingzone waren hier neben vielen Touristen auf sicher viele Angehörige anwesend, die ihre Helden auf den letzten knappen Halbmarathon schicken wollten. Ich verspürte den Downhill in den Kniegelenken. Auch die rechte Hüfte war nicht mehr ganz frisch. Für ne 7-er pace würde es reichen. Mehr ging aber einfach nicht mehr.

Erstmals rechnete ich mir eine mögliche Zielzeit aus. Und es war, wie es kommen musste. Zum Ende zu wird es immer eng. Egal, wieviel Anlauf man vorher nimmt. Kurz nach halb fünf erreichte ich das Zuschauerspalier das mir den Weg in den Klostergang wies. Das gehen schon mal die Emotionen mit dort durch, bei so viel Begeisterung. Hier wurde jedem mit Klatschen, vamoooos-en und animo Rufen gefeiert. Hier waren wir alle Sieger. Thats it!!! Da kullert schon mal eins.

Schnell füllte ich meine Getränkereserven auf, griff wieder zum Nutella-Toast und ab ging es durch die Mitte. Eine kurze Frage nach dem Weiterweg, alles war hier voller Menschen und schon hatte ich die Klosteranlage verlassen. Der asphaltierte Zufahrtsweg führte uns alsbald durch herrliche Felsformationen. Der Weg leicht kieselig. Man konnte ohne große Anstrengung laufen und auch nebenbei die bizaren Felsformationen bestaunen. Das Ziel konnte man schon riechen. Hatte sogar kurz Zeit, zu whatsappen. Wir passierten eine Straße und verschwanden auf einer Zuwegung zu einer Finka. Hier gab es kurz vorm Abzweiger noch einen unklug platzierten Hinweispfeilwimpel. Wir entschieden auf weiter geradeaus und hatten richtig entschieden. Mittlerweile waren viele Läufer am traben. Ich rechnete ab und an mal wieder ein wenig rum. Durch die noch bevorstehenden Abstiege und Übersteigungen, die Strecke war ich im Test bereits gelaufen und wusste um die kleinen „Schikanen“, war klar, dass ich nur mit ganz viel Glück unter 20 Stunden rein kommen könnte. Lauftechnisch ging nicht mehr viel. Eine 6:50-er pace nahm ich dann schon mal als „Messfehler“ war 😉

Ich wusste um die Distanzen. Noch ein 25%-er Downhill durch den Wald und eine letzte Ka…straße gefühlt übervoll mit losem Gestein ließen uns noch ein wenig fluchen (innerlich) während wir über die Halde stürzten. Neben dem Geröll eine herrliche Serpentinenstraße. Ja, die hätte ich jetzt gern genommen, 8 Kilometer vor dem Ziel.

Doch auch diese kleine Einlag ging zu Ende. Als wir den Asphalt erreichten noch ein außerplanmäßiger Getränkepunkt. Ich lehnte dankend ab und bekam den weiteren Weg gezeigt. Viele Läufer waren hier nur noch am hiken. Nicht wenige am Humpeln. Dramatische Bilder habe ich beim letzten steilen Abstieg mit ansehen müssen. Aber es wurde gebissen und geknautscht. Bei km 105 schwächelt man nicht mehr, da wird durchgehalten.

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Erleichterung, Restdistanz stimmte mit der eigenen Vorstellung

Ich war wieder am gepflegten Joggen, als ich das 105 km Schild entdeckte. Wenig später eine herrliche Passage an einem kleinen Bach entlang, nicht ohne Klettereinlagen über Leitern und kleinere Abstiege an das Ufer des Flüsschens. Schließlich, wir passierten ein Gatter wurden die letzten 4 km angezeigt. Es würde knapp werden mit der Zeit unter 20 Stunden. Nein ich hatte nicht den Ehrgeiz. Was sind schon irgendwelche Zahlen. Ich war gut in Bewegung. Konnte immer wieder überholen. Kilometer 3 wurde angezeigt. Die Uhr zeigte 19:44 Uhr. Ich hatte die Fenix-3 mittlerweile wieder eingeschaltet, die aufgeladene Fenix-2, am rechten Arm, war bereits seit VP 6 wieder im Einsatz.

Als wir in die Urbanisation einbiegen, kurz zuvor folgten wir gut 500 m einer Asphaltstraße ließ das 110 km Schild nicht lange auf sich warten. Auch ES hatte einen langen Tag hinter sich und flatterte nur noch an einen Befestigungspunkt im Wind.

Wieder Applaus, als wir den Stadtrand erreichten. Ein kleiner Junge applaudierte, wie ein großer, während mich eine zuvor überholte Trailrunnerin überholte. Mein rechtes Hinterteil drohte zu verkrampfen. Nein, ich zog nicht mit. Ich wollte das Ziel laufend erreichen. Wie sich doch das Epizentrum des Schmerzes verlagern kann. Unglaublich. Noch 50 km und du bist wahrscheinlich schmerzfrei. Kann man ja mal ausprobieren 😉

Endlich durchquerte wir die Innenstadt. Noch eine Gasse und noch eine Biegung um dahinter wieder eine kleine Gasse zu durchlaufen. Der Weiterweg neben blauen Pfeilen auf dem Laufweg durch immer mehr Zuschauer markiert. Im unmittelbaren Innenstadtbereich tobte die Menge. Meine zusammengeschobenen, kreisenden Trailstöcke über dem Kopf lösten Laolawellen aus. Das war es. Dafür hat es sich gelohnt. Immer und immer wieder hob ich die Stöcke und immer und wieder gab es „Szenenapplaus“. Dort, endlich, die letzte Kurve. Die Zuschauer mittlerweile nur noch eine kleine Läufergasse freilassend.

Konnte sich kaum noch halten

Konnte sich kaum noch halten

Die Trailrunnerin vor mir ließ ich auf Abstand laufen. Zieleinläufe müssen ordentlich vorbereitet sein jeder soll seinen Einlauf haben, finde ich. Ich sah die Uhr. Yes, 20:01:xx zeigte sie an. Es würde immer noch eine Klasse Zeit werden. Plan B nur um „Millisekunden“ verpasst. Perfekt.

Das Zielbanner wurde gespannt. Meine Vorläuferin passierte und das Banner fiel zu Boden. Nein, ich wollte es auch. Ich warte , bis es gespannt war und lief erst dann mit erhobenen Händen durchs Ziel.

112 Kilometer mit +4500 Metern hatte ich in 20:02:xx Stunden gerockt.

Ich musste sitzen. Schnell noch die Medaille umgehängt und den Finisher- Pullover gegriffen. Sitzen, Schuhe und Socken aus. Ich war im Läuferhimmel. Tiefste Zufriedenheit mit dem, was ich seit 00:00 Uhr erleben durfte, manchmal auch musste. Aber das gehört dazu. Nach dem Lauf ist alles gut. Immer. Man war ich im Eimer. Viel bekam ich nicht mehr mit. Auch zum Zieleinlauf zurück wollte ich nicht. In die Badewanne, Schlafen … Ich schleppte mich ins Hotel, nicht ohne Stolz den Ultrafinisherpullover überzuziehen, die Medaille umzuhängen. Mein erster offizieller 112km Ultratrail mit technisch anspruchsvollen 9000 Höhenmetern.

Hoehendiagramm

5 große Gipfel waren zu bezwingen. Nr. 5 dabei der technisch anspruchsvollste.

Gestern … never.

Heute … immer gern wieder.

So ist Ultra-Trailrunning.

Ergebnisliste: Starter waren es 800. Angekommen keine 500!!! ULTRA_PROV2

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5 Kommentare:

  1. Kersten…ein sehr schöner Bericht…ab und an war ich dabei,bin mitgelaufen. Toll und emotional geschrieben. Vollster Respekt ! Dieser Ultra hält mich auch schon seit 2 Jahren in Atem. Jetzt kann ich Tipps vom Profi holen wenn ich mal „DRAN“ bin ;o)

    • Danke für den Kommentar. Der Trail ist technisch teilweise sehr anspruchsvoll. Viel loses Geröll und Steine. Nicht zu vergleichen mit den Alpen.
      Viel Spaß bei der Vorbereitung … man sieht sich.

  2. Toller Bericht! Da waren wir bis Deia fast zeitgleich und haben uns nicht gesehen…hab gesehen, Du läufst auch den 80km du Mont-Blanc…vielleicht sehen wir uns ja da 😉

  3. Pingback:30. Horizontale rund um Jena – immer noch, wie beim ersten Mal. –   Trailrunning nicht nur im Norden

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