Trans Gran Canaria 2018 – Langdistanz heisst 125 km (Part 2)

… Hier gehts zum ersten Teil …

Ich erreichte den Süffelstand nach 2:20 min, nahm mir einiges an Zeit und Verließ den VP knapp 8 min später. Es wurde Wasser nachgefüllt, welches ich mit Mineraltabletten zum wohlschmeckenden Gesöff veredelte. Mineralienverlust somit im Griff. Es war die ersten Stunden fühlbar recht warm. Am Strand in Canteras zeigten die überdimensionalen Kombigeräte aus Zeit-Datum-Temperatur meistens 17  Grad Celsius. Die häusernahen auch mal 19 Grad. Trotzdem hatte ich mich auf eine kalten Nacht eingerichtet und bekleidet. Und es sollte sich als nicht ausreichend erweisen. Ich lief anfangs mit 4 Schichten auf dem Oberkörper und 2 Schichten im unteren Bereich. Eine Regenjacke und die Regenhose hatte ich noch im Laufrucksack, den auch  andere Unwichtigkeiten beschwerten. Mehrere Ladegeräte 😉 Mütze, Buff-Tuch, Handschuhe, Sturmhaube, MP3-Player und Kopfhörer … Essen (3 Aktiv-Gels, Minisalamis, Mars-Riegel im Doppelpack und ein paar Cliffbar-Packungen. Rettungsdecke und Frontlampe incl. Reserveakkupack gehörten ja zur Pflichtausrüstung wie auch der Faltbecher, der griffbereit am Rucksack baummelte.

Zurück zum Lauf. Gleich am ersten VP verdrückte ich erst mal ne ganze Banane. Wer weiß, wann es die mal wieder in Erwachsenengröße gab? (Nie wieder habe ich sie unzerschnitten entdeckt 🙁 ). Immer wieder lief ich zum VP zurück, um nichts zu vergessen. Essen, Trinken, mir war kalt. Wieder den Laufrucksack vom Rücken nehmen. Alles sollte passen.

Ich zog meine wasserdichte Jacke aus dem Hauptfach meines Rucksackes. Alles, was man an hat, muss man nicht aufm Rücken schleppen? Nein, es war diese Kälte, die mir in die Glieder kroch. Mit der Jacke war es gut. Fünf Kleidungsschichten war alles, was ich hatte. Ein paar Armlinge noch, die Notseserve. Und es blieb trocken. Kein Regen, dafür sternenklarer Himmel. Von dort kam diese unerbittliche Kälte. Aber schön waren sie anzusehen, die Diamanten der Nacht.

Bis zum nächsten VP in Teror, wir waren momentan in Arucas, trennten uns knappe 11 Kilometer. Die Entfernungen stimmten sicher nicht auf 100 m genau. Aber sie waren ein Anhaltspunkt. Der wichtigste, um diese 125 km in fassbare Häppchen zu zerlegen.

Zwischendurch, alle fünf Kilometer fand es statt, immer mal ein Hinweis „xxx km to Meta“. Die Restdistanz wurde angezeigt. Das erste noch auf dem Strandabschnitt, wir waren noch keine 2 km gelaufen, stand dort „125 k to meta“. Das macht Mut oder mürbe? Also ich mag diese Schilder gar nicht. Immer wieder starrte ich eines an, wenn es wieder mal soweit war.

Die rabenschwarze Nacht ließ die Laufzeit in Zeitlupe vergehen. Die Wegstrecke hier noch völlig unbekannt. Es wurde nun steiler, die Anstiege nahmen zu. Die teils schlammigen Anstiege. Aber ich jammerte nicht. Wir alle teilten das selbe Schicksal. Das Ziel ist der Torbogen. Und daran arbeiteten wir, irgendwo auf dieser dunklen, kalten Insel. Aber es war trocken, immer noch und hoffentlich noch lange. Die Anstiege zu Sturzbächen? Ich wollte nicht weiter darüber nachdenken. Drückte mich mit den Stöcken tapfer nach oben. Der Laufanteil nahm ab, in meiner/ unserer Leistungsklasse. Meine unfreiwilligen Lauffreunde passten wieder einmal perfekt. Wie lange, ist immer die spannende Frage.

Stetes Auf- und Ab war jetzt unser Begleiter. Ich hattte die ersten Cutoff-Zeiten im Kopf. 3:30; 5:35; 8:25; 11:35 … Mehr musste ich nicht und musste ich auch nicht. Ich hatte mein roadbook außer am Rucksack befestigt. Wann immer ich es brauchte, ich erreichte es nie. Aber was half es. Auf der Startnummer vor mir sah ich das Höhenprofil. Die Distanzen und Orte waren verzeichnet. Am jeweiligen VP verglich ich dann das roadbook mit meinen gemerkten Informationen. Drei Stunden zwischen den VPs erschien endlos. Doch viel Puffer konnte ich nicht aufbauen.

Ich machte mich damit auch nicht verrückt. Das Tempo war gut und ausreichend. Meine Schmerzkandidaten Fuß, Rücken, Knie, Hüfte und Beckenboden verhielten sich kooperativ. Ich war zufrieden.

Ich erkannte Teror, bevor wir es erreichten. Die Kirche im Ortskern markant und einprägsam war hell erleuchtet. Wir erreichten den Ortsrand laufend. Nur noch wenige Läufer waren gemeinsam unterwegs. Das grow war im Ultramode. Alleine laufen, kurz hinter dem anderen mit gleicher pace. Den Gleichgesinnten im Blickfeld behalten. Wir joggten durch den kleinen Ort. Ein- oder zwei Kilometer. Bei km 27,xx dann der VP. Ich fand nichts zu essen oder aß ich hier bereits ein paar Nüsse??? Es war immer noch kalt, aber trocken und mein Bekleidungskonzept funktionierte. Ich fror erträglich. Schnell ein paar Tabletten in die Trinkgefäße, Wasser drauf und keine 5 min später war ich wieder unterwegs. 1:15 h vor cutoff, glaubte ich, mir gemerkt zu haben.

Ich erkannte meinen Bier-„Konsum“ aus 2016. Mitten in der Nacht war das Blechtor zu. Kurzer Verläufer der vor mir laufenden. Aber ich konnte sie stimmlich erreichen und ein Viasko ersparen. Die Ausschilderung nahezu perfekt. Nur ab und an ein zusätzliches Blinklicht fällt mehr ins Auge. Nun befanden wir uns auf der 216-2017-er Strecke nur in umgekehrter Reihenfolge. Wir sollte nun ganz wild durchs Gebüsch und Geröll aufsteigen. Die Wege nach wie vor nass und glitschig. Aber nichts bedenkliches. Kein Fluchen, kein Stöhnen. Zu früh noch für diese spontanen Gefühlsregungen.

Wir würden jetzt bis nach Fontanales herüber laufen. Immer mehr auf, als abwärts. Knapp 12 Kilometer würden wir bis zum 3. Checkpoint zurücklegen und wieder waren knapp 3 Stunden Zeit, dieses Teilstück zu bewältigen. Mittlerweile sah ich immer wieder die selben Calfs, Stöcke und Laufhosen, wenn ich mit meiner Stirnlampe nach vorn schaute.

Was war das? Panik kam auf oder doch nur eine Halluzination, jetzt schon? Da war es wieder. Blinkende Kopflampe. Ich hatte sie doch voll geladen? Blinken signalisiert, ich schalte gleich in den Notbetrieb und dann hast du noch eine Stunden Licht in Teelichtintensität. Mist.

Klar, ich hatte einen Reserveakku mit. Ladekabel??? Glaube nicht. Egal. Sicher hatte ich beim Umschalten auf eine höhere Lichtintensität das Rückschalten vergessen und somit die Lampe im stärksten Mode betrieben. Ich holte mein IPhone aus der Tasche um die Restkapazität zu prüfen. Was war hier los? 2 Lampen in der Anzeige. Und die Frage des Programms, welche meine ist.? Die war es nicht. Ich ließ den Läufer hinter mir passieren. Gleiche Lampe, Bluetooth koppelt auf 10m. Ich konnte mich verbinden. Die Lampe war bereits im Notbetrieb, Restleuchtdauer 0:57 min. Uhrenvergleich.? Es würde nicht reichen bis zum Sonnenaufgang. o.k. Ich musste dann eben auf den Ersatzakku für Nacht 2 ausweichen und mir dort eine Stunde wegmopsen. Das sollte funktionieren. Auch wollte ich ja nicht die ganze zweite Nacht unterwegs sein.

Ich lief also im Notbetrieb. Auf beleuchteten Dorfstraße oder anderen beleuchteten Wegen schaltete ich die Lampe aus. Ressourcen sparen war angesagt. Das hatte ich mir einen wirklichen Bärendienst erwiesen.

Wieder ging es mehr hinauf, als hinunter. Dafür teilweise richtig steil. Und ich wurde langsamer, so mein Gefühl. Energie musste her. Am nächsten VP musste ich was essen. Ein Marsriegel würde die notwendige Energie bereit stellen. Immer noch regenfrei. Ich war erleichtert, das es nicht noch regnete. Ich lief im geplanten Zeitfenster. Meine Pufferzeit auf den Cutoff blieb erhalten. Ich unterbot die vom Veranstalter geplanten Zeiten nur marginal. Musste ich auch nicht. Immer noch war ich gut unterwegs. Kilometer 38,xx oder 39 sollten es werden, bis ich den VP erreichte. Der VP ein schönes Teil. Ich konnte meine Wasservorräte schnell aufffülen. Auch der Marsriegel war schnell verdrückt. Nach 7:10 Stunden war ich am VP angekommen. Ich hatte also 1:30 Stunden Zeit gut. Ja, ich rechnete mit diesen Zeiten. Immer noch war die Plan A Zeit im Visier. Aber es verschwand so langsam, dieses 24 h Ziel. Denn es wurde schwer. Es war viel zu lange dunkel, ich war müde und kaputt, hätte gern auch mal ein Auge zu gemacht. Tat ich es schon? Von Zeit zu Zeit.

Es sollte Tageslicht werden.! Den Checkpoint verließ ich mit neuem Akku in der Stirnlampe. Das war jetzt wieder ein Licht, obwohl es die niedrigste Stufen im Reaktiv-Lightning- Modus war. Hier passte sich die Leuchtstärke der Umgebung und Kopfstellung an. Mehr Licht beim Blick in die Ferne und umgekehrt. Auch weniger Licht beim höherer Umgebungshelligkeit.

Hinter Fontanales verließen wir den „bekannten“ Weg und krochen durch den Wald einen (fühlbar) schier endlosen Anstieg hinauf. Wieder etwas schlammig, glibberig, dem zertretenen Lehmboden geschuldet.

Und dann war es endlich soweit. Wir verließen den Wald und ein wurde Tageslicht. Sehr schnell war die Dämmerung zu Ende. Immer wieder eine Erlösung, wenn man nach endlosem Gerenne in der Nacht endlich diesen Tunnel aus Licht und Schatten nicht mehr hat. Lampe ausschalten. Auf einem wunderschönen Hochplateau querte wir eine „Almwiese“ Uns allen ging hier das Herz auf, so schön war es. Hinter uns der rote Horizont von der aufgehenden Sonne. Auch wie war das kitschig schön.

Endlich mal das viele Wasser wegbringen, dass sich über all die Stunden im Körper angesammelt hatte. Musste sein. Blut im Urin. Oder hatte ich mich verguckt? Hm. Hatte sowas schon mal am Brevent erlebt, nach 1500 hm Aufstieg am Stück. Würde wehggehen, sicher irgend was mit Anstrengung. Es trat nicht wieder auf. Komisch?

Immer noch waren wir auf den „Almwiese“ unterwegs. Es ging nun stets bergab und man konnte richtig gut laufen. Kaum technischer Anspruch. Wenig ausgesetzt, wenig Gehüpfe und Gesteige.

Fortsetzung folgt …

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert