Trail numero uno de tenerife – 4. Tenerife Bluetrail

Flughafen Teneriffa Süd. 17. Juli 2014 13:30 Uhr.

Pünktlich landet meine Iberia aus Madrid. Da ich mir dieses Mal die Luxusausstattung, was das Reisegepäck anbetrifft, erspart habe, hatte ich, mit dem Autoschlüssel in der Hand, bereits nach 15 Minuten den Flughafen verlassen. Ich sitze in meinem kleinen Transportmittel, was mir den Weg nach Santa Cruz, der Inselhauptstadt, die Weiterreise zum Hotel am Zielort des Bluetrail in Puerto de La Cruz erleichtern soll. Das dies mehr als vernünftig war, erwies sich bereits bei der Suche nach der Startnummernausgabe.

Das Rennen auf der Kanarenhauptstadt ist das jüngste, große Trailevent auf den Kanaren. Nach dem Klassikern, dem Trans Gran Canaria, dem wohl größten folgt die Transvulcania, als wohl das spektakulärste und mit der größten Elite-Dichte.
So wollte sich Teneriffa auch ein Stück vom Trailkuchen abschneiden und kreierte in 2011 den „Tenerife Bluetrail“. Nach dem bewährten Motto: „höher, schneller, weiter“ wurde eine Strecke designed, die neben 94 Kilometern auch noch +5700 Höhenmeter aufweist. Schlecht erkauft, wie ich finde.

Nach einer Runde durch die Stadt am Meer musste ich dann doch einmal die Medien bemühen, die mir die Anschrift der Startnummernausgabe mitteilte, Danke! Ein kleines Büro in einer noch kleineren Straße, über und über mit Werbung dekoriert, nicht die vom Bluetrail, erwies sich als die richtige Anlaufstelle. Vorbildlich erschien ich mit dem Rucksack zur Kontrolle … doch die fand hier nicht statt. Warum auch? Schnell waren neben Startnummer, Transponder (10€ Pfand gibt es im Ziel zurück) auch die giveaways (incl. Eventshirt) eingesammelt.

viele kleine Nützlichkeiten gabs im Startenbeutel

viele kleine Nützlichkeiten gabs im Startenbeutel

Das Auto mit Warnblinkanlage vor der Tür. Innenstadtparken ebenso ein Thema, wie in Deutschland. Die Reise ins 35 Kilometer entfernte Santa Cruz verlief dank Navigation problemlos.

Startnummernausgabe - erster Schock

Startnummernausgabe – erster Schock

Schnell im Hotel eingecheckt, irgendwo müssen die Sachen ja bleiben und ab in den Zielbereich. Man war gerade am Aufbauen. Ein paar nette Gespräche mit anderen Poser-Shirt-Trägern gab es dennoch. Wichtigster Klärungspunkt. Wo fahren die Shuttlebusse zum Start ab. Man wusste es so ungefähr. Ich würde also im richtigen Stadtteil sein 😉
Wieder zurück im Hotel galt es noch ein paar Unwichtigkeiten zu erledigen … Dropbag packen. Leider gab es nur für den ersten (und eigentlich letzten) einen Beutel. Im Ziel war Eigentasche gefragt. Aber das wusste ich hinterher dann auch. Ehrlich? Ich wusste nicht einmal, wo der erste gereicht wurde. Da ich es aber sowieso nicht gewohnt bin, Zwischen-Doping zu nehmen, packte ich einen für alles und würde in der Start-Area entscheiden, wohin mit ihm.

Viel zu früh machte ich mich auf den Weg zum Shuttlebus. Die Temperaturen im unklimatisierten Hotelzimmer unerträglich. Meine Fenix-2 zeigte 32°C. Zu heiß für die unbewegte Luft.
Schnell hatte ich den Haltepunkt des Transfers erreicht und gefunden. Eine Skizze mit den Haltepunkten sicher eine nützliche Ergänzung für den nächsten Startnummernbeutel. Danke an Corinna für die ferne Unterstützung. Schließlich wurden fast 2 Busse mit Läufern gefüllt. Überwiegend spanische Läufer, wie die Posershirts zeigten. Intuitiv stieg ich in den ersten Bus, den, der auf direktem Weg zum Startort Los Christianos fuhr. Ich durfte wieder mal in Reihe eins Platz nehmen. Sehr angenehm. Gleich hinter mir zwei weitere deutsche Starter. So waren von den 6 oder 7 gleich 3 auf einem Fleck versammelt, unbewusst.

Ab mit dem Bus nach Los Christianos

Ab mit dem Bus nach Los Christianos

Nach über 90 Minuten Inselrundfahrt ohne Aussicht, der Bus startete 2 Stunden nach Sonnenuntergang um 21:30 Uhr, erreichten wir die Playa in Los Christianos. Aus meiner Sicht der schlimmste Ort der ganzen Insel. Eine Bausünde jagt hier die nächste und der Touristennap hat hier eine Heimstatt. Aber dafür waren wir nicht hergekommen. Nachdem die Unschlüssigen das Treiben der Erfahrenen genau verfolgte, wurde eines gleich klar. Hier konnte der Start nicht sein. Nach DER Startnummernausgabe war ich zwar auf das Schlimmste gefasst. Doch einen Startbogen sollte es wohl schon geben. Und die dropbags musste ja auch in ein Fahrzeug. Schnell wurde sich zum Hafen, ein großer Parkplatz musste gequert werden, begeben und hier sah es schon mehr nach dem aus, was in knapp einer Stunden passieren sollte.

Um in den Startbereich zu gelangen, war nur der obligatorische Check der Pflichtausrüstung angesagt. 5 Personen „durchwühlten“ die Rucksäcke der Trailwilligen. Der Wille zählt 😉 Wobei aus meiner Sicht die Verantwortung beim Läufer liegt. Und wer es immer noch nicht verstanden hat, was es heißt im Hochgebirge zu laufen …

image233_33pLangsam stellte sich auch bei mir der racemode ein. Kurz vor 00:00 Uhr wurde dann die Startverschiebung um wenige Minuten bekannt gegeben. Auch hier in spanisch und englisch. Hervorragend, so muss das sein. Der Start des Laufes, Louis Alberto Hernando (Adidas), Gewinner der Transvulcania 2014 und des Ultra Zegamo 2014 fehlte noch. Verschlafen 😉

Vorstartfieber ... Lümpchenkontrolle erfolgreich gefinished. Jetzt nur noch 1 Finish ...

Vorstartfieber … Lümpchenkontrolle erfolgreich gefinished. Jetzt nur noch 1 Finish …

Schnell wurden noch ein paar Läufer begrüßt. Das obligatorische Handheben, wurde die Region genannt, aus der die Trailrunner kamen. Ich konnte meine unten lassen.
Dann war es endlich soweit. In spanischer Sprache wurde von 10 heruntergezählt und dann ging es auch schon los. Mein spontanes Abenteuer über die Insel Teneriffa. Es war warm, es war schwül und es war schnell, wie hier gelaufen wurde. Zunächst ging es einmal durch die Retortenstadt. Asphalt wurde vermessen und es ging zunächst in der Ebene durch das dunkle Los Christianos. Als wir den Ortsausgang erreichten dann er erste Anstieg. Auch hier wurde gehiked. In der Leistungsklasse, mit der ich unterwegs war.
Viele Läufer waren mit Stöcken unterwegs. Ich hatte auf Grund mangendem Gepäcks für den Frachtraum diese Möglichkeit nicht. Es musste heute so gehen, wenn es auch anstrengender werden würde. Momentan fühlte ich mich gut. Langsam kam eine kühle Brise auf. Die stickige Luft der Stadt wich dem frischen Hauch der Berge.

Alle Straßenabzweigungen waren vorbildlich abgesperrt und mit Polizei besetzt. Ein Verlaufen unmöglich. Im Pulk ja sowieso eher selten. Kurz hinter einer Tankstelle verließen wir endlich den Asphalt, der Ort lag bereits lange hinter uns, und schwenkte auf eine Piste ab, die weniger später in einen Singletrail mündete, der seinem Namen alle Ehre machte.
Nun hatte auch der letzte seine Stirnlampe eingeschaltet 😉 Es ging steil bergan und es zog sich, wie die roten Blinklichter vor mir verrieten. Das es so schmal wurde? Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich war eher auf Wald- und Forstwege aus, auf denen wir die Canadas in 2100 Metern Höhe erreichen sollten. Bereits auf dem Flug nach Teneriffa, ja doch schon so zeitig, hatte ich mich mit den Cutoff Zeiten beschäftigt. Dabei fiel auf, das die Ausschlusszeiten für die ersten 3 Entscheidungsstellen recht flott berechnet waren. Aus diesem Grunde verzichtete ich auf den „Ultrac“-Mode der Fenix-2, die eine lange Akkulaufzeit garantierte. Ich musste schon wissen, wo ich so lag mit meiner pace.

Für den Asphaltläufer sind 12,8 km in 2 Stunden sicher kein großes Ding. Muss man die Distanz aber in der Nacht, auf unbekannter Strecke, auf Singletrail und noch dazu mit knapp 800 Höhenmetern zurücklegen scheint es nicht mehr sehr komfortabel. Dennoch hatte ich meine pace ganz gut im Griff. Öfter, als mir lieb war, wurde gejoggt. Die dabei erreichbare Geschwindigkeit zwar nur unwesentlich höher als die der speedhiker 😉 Aber es beruhigte, zu laufen. Dabei schaute ich, wie gewohnt, nicht stetig auf die Gesamtzeit des Laufens. Ich hatte mir für die unterschiedlichen Streckenabschnitte die durchschnittliche Geschwindigkeit auf meinem roadbook notiert und verglich die gespeicherten Kilometer, wo die Fenix brav display-te. Die ersten schnelle Kilometer durch die Stadt hatten ein gewisses Poster entstehen lassen, auf dem man sich aber keineswegs ausruhen konnte. Ich musste ständig am Gas bleiben.

Unwillkürlich kamen mir Szenen vom Transvulcaniastart in den Sinn, wo man schon mal 20 min auf die Idealpace verliert. Im Stau, sozusagen. Allerdings existiert dort die erste Cutoff auch erst nach 5 Stunden. Man geht wesentlich entspannter ins Rennen. Ich würde diese hier auch weiter fassen. Man stresst sich doch ganz schön. Nicht unbedingt Sinn eines Ultratrails. Ich hör ja schon auf 🙂

Ich schaffte die erster Filterzeit dann doch recht komfortabel. Hatte 18 Minuten plus auf die Cutoff. An diesem Messpunkt wurde noch beim Verlassen des Verpflegungsstandes gemessen. Auf dem Weg dorthin wurden wir immer wieder mit „vamos“ und „animo“ Rufen begleit. Man lebte hier das Rennen. Es war beeindruckend und sollte sich über die gesamte Strecke fortsetzen. Selbst nur ein Passant blieb stehen, applaudierte und feuerte an. Beeindruckend, es war wohlgemerkt mitten in der Nacht. Ich aß wenig, trank angemesen. Die Südländer haben eh immer gewöhnungsbedürftige Sachen an den Fresspunkte. Mehr natürliches und viel Obst. Man ist schon weiter …

Am Verpflegungspunkt dann immer hilfreiche Hinweisschilder mit allen wichtigen Angeben zu Höhe, Distanz und dem weiteren Weg mit Distanzen und Zeiten, in denen man den nächsten Filter erreicht haben musste. Ein Gehetze, ne. Die Ruhe in den Lauf hatte ich noch nicht wirklich gefunden. Aber es war ja noch Zeit genug, das Rennen jung, der Tag noch frisch und ich fit.

Ptzl Nao Prog BluetrailMeine Esspause eher keine und ich war wieder on Trail. Schnell verließen wir den kleinen Ort, auf Asphalt. Der Weg wurde nicht wesentlich komfortable. Auch hell war es noch nicht. Morgens um zwei auf Teneriffa. Meine Petzl Nao hatte ich nach dem letzten Vorkommnis kurz vor Chamonix noch einmal umprogrammiert. Der erste, nun programmierte Modus war der hellste und schaffte 5:20 Stunden. Mode zwei im intelligenten Leuchtmodus war der meinige und sollte an die 6:30 Stunden schaffen. Ideal, um den Sonnenaufgang um 8:07 Uhr beleuchtet zu erleben. Sicher hatte ich auch ein paar Ersatzbatterien dabei. Der Umbau der NAO ohne zweite Funzel, in dunkler Nacht, sicher nicht der Traum des Trailrunners. (Anm.: wechselt man die Batterien nach dem ersten Erinnerungsblinken, bleibt genug Zeit. Aber wer tut das schon? 😉 )

Die technisch anspruchsvollen Trails waren bei der herrschenden Trockenheit ganz gut zu laufen. Hochkonzentriert sollte man dennoch sein und das war ich auch. Die Zwischenzeiten der Fenix vermittelten Sicherheit. Ich war im zeitlichen Limit unterwegs. Die Reserveminuten summierten sich. Um mich herum stets die gleichen Lauflümpchen. Immer , wenn man sich mal aus den Augen verloren hatte, traf man sich kurze Zeit später wieder. Man hatte sich zwar nicht gesucht, aber gefunden. Auch die Entfernungsangaben, die das Roadbook lieferte, stimmte mit denen der Fenix nahezu überein. Langsam kam ich ins Rennen. Fand meinen Rhythmus. Immer nicht ganz leicht, wenn solch ein langer Kanten ansteht. Ich benötige dann immer 3-4 Stunden, bis es rund läuft. Die Wege wurden steiniger. Mehr löses Geröll und auch sandähnliche Untergründe machten hellwach. Teils kaum laufbar, ohne einen Sturz zu riskieren. Wo es aber ging, wurde gerannt, auch die kleinsten Abschnitte blieb ich am Gas. Das zermürbt und macht müde. Es ging stetig auf und ab. Höhengewinnend noch dazu.

Als wir nach knapp 5 Stunden die Albergue in Villaflor erreichten, hatte ich dann doch nicht den Vorsprung herausgelaufen, den ich mir vorgestellt hatte. Hinzu kam eine falsche Zeiteinstellung auf der Fenix-2, die mir weniger Zeit anzeigte, als ich tatsächlich unterwegs war. Bemerkte ich aber erst nach Verlassen des VPs in Villaflor.
Meine Zwischenzeit betrug 4:52 Stunden. Ich hatte also lediglich noch mal gute 20 Minuten auf die Ausschlußzeit gewonnen. Das war nicht sehr komfortabel. Dennoch gönnte ich mir eine 10 minütige Pause. Ich musste die Füße kurz lüften und auch eine warme Jacke musste ich anziehen. Die Gelegenheit für einen kurzen Kontakt zur Außenwelt musste genutzt werden. Hier bemerkte ich die unterschiedlichen Zeiten auf Laufuhr und Smartphone (Anfängerfehler 😉 ). Dennoch ließ ich mich nicht aus der Ruhe bringen. Zu Essen fand ich kaum etwas Passendes. Vielleicht hätte ich von der Pasta kosten sollen. Egal. Ich war warm angezogen. Hatte vorsorglich die Einlegesohlen in den XT-SLAB-6-SG gerichtet und die Handschuhe in die Jackentaschen gesteckt. Es würde kalt sein in den Bergen. Ich hatte noch 3 Stunden in der Dunkelheit zu verbringen. Freute mich jetzt schon auf den Sonnenaufgang und das Erreichen des Hochplateaus unterhalb des Pico del Teide, den Canadas.

Villaflor, die ersten 5 Stunden sind geschafft

Villaflor, die ersten 5 Stunden sind geschafft

und knapp 29 km auch.

und knapp 29 km auch.

Auch redete ich mir ein, dass der Weg nun einfacher werden und entspannter zu laufen wäre. Wo ich diese Weisheit her hatte, kann ich mir auch jetzt, nach dem Rennen, nicht erklären. Aber es musste doch mal der bequeme Pfad kommen? Er kam nicht. Stattdessen wechselten wir auf die beliebten Karrenwege. Es war staubig, es gab einiges zu Klettern. Die Beine durfte wieder nicht im entspannten Schlappschritt unterwegs sein. Ich wäre hier zu gern mit ihm, ging aber scheinbar am Stock. 😉

Die Zwischenzeiten sagten etwas anderes. Ich war immer noch gut unterwegs. Den ersten Kilometer nach dem Esspunkt konnte mal wieder richtig gelaufen werden. Auf Asphalt durch den Ort. Das tat der Muskulatur gut. Man wurde wieder locker. Bergab noch dazu. Wohlwissend, dass das erkaufte Stück Downhill wieder hinauf gehiked werden musste. Ein flottes 5 Minuten Tempo schafft Puffer 😉 (es hetzte immer noch 😉 )

So ein Trailschuh hats bei mir nicht leicht ... 480 km jetzt und im Eimer.

So ein Trailschuh hats bei mir nicht leicht … 480 km jetzt und im Eimer.

Mein linker Laufschuh, bereits vor dem Lauf ein wenig ramponiert, war nun offen, wie ein „Scheunentor“. Immer wieder fanden kleine Steine in sein Inneres. Immer mal wieder musste ich das müde Bein auf einen Stein heben und den Fuß lüften. Irgendwann verließen wir den schützenden Wald. Die Baumgrenze war sicher schon überschritten, hoffentlich. Es war immer noch stockdunkel. Die Sterne funkelten, der Mond nur mit einer kleinen Sichel zu erkennen.
Ich hingegen hatte meinen nächsten Checkpunkt im Kopf. Ein kleiner Trinkpunkt sollte noch folgen, bevor die Canadas mir ihrem Hotel (dem Parador) erreicht werden sollten. Diese Cutoff Zeit war die letzte kritische, in meinen Augen. Danach konnte es entspannter weiter gehen. Was man sich so denkt, in Unkenntnis der Strecke. Doch diesen Gedanken verdrängte ich. Nein, es würde einfacher werden. Ganz klar, das musste es.
Das Läuferfeld wurde übersichtlicher. Ganz klar, wenn sich knapp 296 Starter auf 94 Kilometer verteilen. Recht wegarm verlief die weitere Wegstrecke. Oder war es nur die neue Aufgabe, die mir Sorgen bereitet.

Seit vielen Kilometern hörte ich das gleiche Schnaufen hinter mir. Wenn wir liefen, liefen wir. Wenn ich wandern musste, wanderten wir gemeinsam. Wir waren ein Team. Und ich kenne weder seinen oder ihre Startnummer geschweige denn den Namen. Es war kräftezehrend, wie die ganze Zeit über. Aber man hatte sich arrangiert. Fand endlich Gefallen an dem, was man da tat. Ich war drin. Drin im Bluetrail 2014. Es wurde auch Zeit. Endlich erreichten wir die Wasserstelle. Wieder wurden wir nach unseren Wünschen befragt. Die Wasserflaschen brauchten wir nur mit Getränkewunsch herüberreichen und erhielten sie in Windeseile befüllt zurück. Ein Traum von Verpflegung. Unbeschreiblich. Alle freundlich, nett, applaudierend. Wenn der Süffelstand verlassen wurde, gab es Szenenablauf … wunderschön. Und motiviert ohne Ende.

Wieder studierte ich DAS so wichtige Schild, während ich trank (Faltbecher erwünscht). Ich weiß es deshalb so genau, weil ich mich irgendwie um vier Kilometer verrechnet hatte. Es waren noch 12,xx Kilometer bis zum Parador, der gleichzeitig die Streckenhälfte markierte. Und da der erste Marathon ja bekanntlich der schwerste ist … jeder hat sicher so seine mentalen Spiele. In jedem Fall war es bei dem eingeschlagenen Tempo nicht zu schaffen, verblieben noch weniger als 3 Stunden. Irgendetwas passte hier nicht.

Sicher, es ging jetzt richtig zur Sache. Stetiges auf und ab, teils weglos oder wegverlierend. Das kostet endlos Zeit. Noch dazu irrten wir immer noch in raben schwarzer Nacht umher, meine kleine Lokomotive und ich. Ich musste schneller werden. Leichter gesagt.

Als wir endlich die letzten Bäume hinter uns ließen konnten wir am Horizont, da ganz weit oben, autsch mein Nacken, den vermeindlich zu erklimmenden Gipfel sehen. Vereinzelnde Lampen waren auszumachen. Und es ging schnur strax bergan. An Laufen überhaupt nicht zu denken. Es geröllte vom Feinsten. Und der Berg am Horizont „näherte“ sich in Superslomo. Einziges Indiz für Fortbewegung war die Fenix, die bei jedem gespeicherten Kilometer ein Lebenszeichen von sich gab. Immer noch hatte ich die wärme Hardshell an. Und das war gut so. Auf dem Kopf bereits seit dem Start ein Buff-Tuch. Für mich die bessere Wahl, muss man 8 Stunden eine Kopflampe benutzen.

Rechts neben uns konnte man den ankommenden Tag verfolgen. Zunächst ganz zaghaft schob er die Dunkelheit weg. Die Lampen wurden schwächer, die das Ende des Anstiegs verkünden sollten. Meine Rundenzeiten (gespeicherter km) waren immer nur im Soll. Ich erhöhte die Schlagzahl. Ein Königreich für Stöcke. Tief auf die Oberschenkel gebeugt konnte ich die pace erhöhen. Gefährlich, in dieser gebückten Haltung länger unterwegs zu sein. Magenkrämpfe entstehen, ohne das man seine Ursache ergründet.

Aber ich musste zu legen. Der Tag erwachte und mit ihm mein Kampfeswille. Wieder, wenn auch nur kurz, kam etwas Panik auf. Der Weg schlängelte sich nun in Serpentinen zur Hochebene hinauf. Es war zermürbend. Plötzlich. Der Weg schwenkte nach rechts. Ich hatte bereits 2 vor mir Laufende „kassiert“. Ich sah in der Ferne einen Sattel. Sollte das unser Durchgang sein. Im Roadbook war vermerkt, das wir nach dem Aufstieg wieder talwärts liefen. Es war, wie erwartet. Bei herrlichen Sonnenaufgang, der die Felsen in wunderschönen Farben erstrahlen ließ, erreichte ich den Sattel. Wieder einer dieser zahllosen Medical-Point. Die Jungs waren fett eingepackt. Ja, es war kalt hier oben. Meine Kleidungswahl nicht übertieben.

es wurde Tag. Endlich. Die Lebensgeister erwachten. Nach fast 8 Stunden in der Dunkelheit gibt es nichts Motivierenderes.

es wurde Tag. Endlich. Die Lebensgeister erwachten. Nach fast 8 Stunden in der Dunkelheit gibt es nichts Motivierenderes.

Als wir zwischen den fetten Felsformationen hindurch liefen, konnte ich bereits die zu erreichende Fahrstraße sehen. Ich freute mich darauf, denn dies bedeutete pace machen. Kein Gerölljumping mehr. Die Aufmerksamkeit bis zum Zerreißen gespannt. Bloß nicht stürzen, umknicken. Ins Gebüsch abgleiten. Schnelll verwarf ich diese Gedankenspiele. Wieder konnte ich eine Läufer einsammeln. Im Downhill passte es jetzt perfekt. Ich sammelte Minuten, die ich in der Nacht verlieren musste, wieder zusammen. Eine Distanz hätte mich interessiert. Ich wollte nicht an der Fenix rumdrücken. Sie stand auf Höhenmodus: „Aktuelle Höhe / Anstieg gesamt / Abstieg gesamt / Neigung“. Am letzten Futterhäuschen gab es eine Info, das es bis zur Straße 8,8 km sein sollten. Als ich diese erreichte, gab es allerdings keinen VP, wie erwartet. War es noch nicht so weit. Es musste. Ich will den Checkpoint! Ich will ihn unter 9:30 Std. oder waren es nur 9:10 Stunden? Ich glaubte es waren 9:10 Stunden. Also noch mehr Gas.

Ich erreichte die Straße. Hier erstmals ein Schild des „Trail“. Die Runner, die von Vilaflor aus starten und hier nicht auf den Pico hoch laufen, sondern wieder ins Tal hinab. Am Rande der Canadas entlang, um später wieder auf unseren Weg zu treffen. Dafür dürfen sie sich auch nur 64 k an der Landschaft erfreuen.

Ich tat es. Die Sonnen war nun vollends aufgegangen. Die Felsen erstrahlen im herrlichen Orange. Als wäre ich auf diesen Augenblick hin gelaufen. Eine Stunden früher oder später und dieser Anblick wäre mir verwehrt geblieben. Es gibt doch noch Gerechtigkeit auf dieser Welt 😉 Trotzdem ich nun recht flott unterwegs war, auf dieser staubigen ansteigenden Kieselsteinstraße schweiften meine Blicke immer wieder zu den bunten Steinen hinüber. Es war … unbeschreiblich … schön.

Gleich geschafft ... die ersten 47 Kilometer sind im Sack und fast 2500 Höhenmeter auch.

Gleich geschafft … die ersten 47 Kilometer sind im Sack und fast 2500 Höhenmeter auch.

Zwei Läufer waren in meiner unmittelbaren Umgebung noch vor mir. Und sie blieben es auch. Wir hatten jetzt alle das gleiche Thema: Cutoff einhalten. Ich konnte den Parador schon sehen. Doch trennte uns ein Tal und 200 hm Downhill davon. Ich schätze die Distanz auf ca. 3 Kilometer. Ohne genau den Wegverlauf zu kennen. Ich musste fotografieren. Meine angezeigte Zeit auf der Fenix-2 hatte keinen wirklichen Werte. Sie wiegte mich in Sicherheit. Ich hatte 18 Minuten von der angezeigten Zeit abzuziehen, dann wäre ich nach 9:10 Stunden am km 47 gewesen. So zeigte es das Smartphone, das ich in meiner Gürtetasche stets griffbereits hatte.

Es sollte locker passen. Ich gönnte mir die Minute und teilte der Nachwelt meine Freude mit. Es dürfte nix mehr schief gehen. Kurz vorm Parador durften wir noch einmal „weglos“ durchs Gestrüpp. Ich musste gießen. Das erste Mal nach der langen Nacht (muss doch mal gesagt werden) 😉
Ich konnte das Zelt der Zeitnahme bereits sehen. Wieder lag die Matte für den Champion-Chip (Pfand aber keine!!! Gebühr) vor dem Futterhäuschen. War ich erleichtert. Es war wie ein vorzeitigen Zieleinlauf. Nach 8:33 Std. hatte ichs geschafft. Die restlichen 47 km würden einfach werden. Ist doch klar? (Mentalpunkt!)

Ich gönnte mir eine Pause, nahm den Rucksack ab und verstaute die Kopflampe. Sie hatte die programmierte Zeit ohne Aussetzer durchgehalten, fast 8 Stunden lang mit 170 Lumen geleuchtet. Perfekt! Hier gabs erstmals auch RedBull, wovon eine Dose für den nun kommenden Abschnitt im Laufrucksack verschwand.

Pico del Teide vom Parador aus gesehen. Morgens, kurz nach halb neun

Pico del Teide vom Parador aus gesehen.

Ein Teide-Bild später war ich bereits wieder on the way auf den höchsten Berg Spaniens. Zumindest bis 160 Höhenmeter unter seinen Gipfel. Ich lief am dropbag-Zelt vorbei, das ich heute nicht nutzen musste/wollte. Ich war allein unterwegs. Die Asphaltstraße vom Parador weg, dem Hotel unterhalb des Pico del Teide, hinüber zum Aufstieg. Die Sonne hatte die Hochebene völlig eingenommen. Ich lief anfangs noch mit Hardshell, trug sie dann allerdings um die Hüften gebunden. Als die ersten Sonnenstrahlen aus dem Schatten der umliegenden Berge, calderagleich, blinzelten.

Es war kalt hier oben. Dick eingepackt standen die Streckenposten an den signifikanten Punkten. Ein fragendes Handzeichen des Läufers genügte und verkehrsregelnd gleich wurde der Weg gewiesen. Applaus und „venga, venga, animo“ wurden niemals vergessen. Es war eine Freude.
Den 3716 Meter hohen Pico im Blick gings an seine Westseite hinüber. Bislang zwei Mal hatten wir uns wandernd von der Ostseite auf seinen Gipfel (beim ersten Mal 200 hm unter dem Gipfel abgebrochen) begeben. Nun also die Klettervariante. Dies wusste ich (glücklichweise) zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht. Das es jedoch kein Spaziergang werden sollte, war wohl jedem klar, der roadbooks liest. 6 Stunden für 10k mit 1450 Höhenmetern. Warum soll das so lange dauern?

Hinauf auf den Gipfel, den höchsten Berg Spaniens, morgens halb neun in Spanien ;-)

Hinauf auf den Gipfel, den höchsten Berg Spaniens, morgens halb neun in Spanien 😉

Ich war optimistisch, dass uns der Veranstalter nur genug Freiraum zum Sightseeing einräumte (Mentalpunkt). Schnell wurde klar, dass es jetzt eine Mischung aus Speedwandern, Vertikal race und Klettern werden würde. Immer wieder schaute ich nach oben und sah die bunten Laufzwirne. Zum Glück konnte man immer nur einen Bruchteil der Gesamtdistanz sehen. Auch der Höhenmesser stieg anfang nur allmählich an. Ich hatte einen Heidenrespekt vor der Höhe und ließ es ganz bewusst langsam angehen. Andere sahen die Sache etwas blauäugiger, laberten ohne Unterlass. Zum Glück verstanden sie meine Aufforderungen nicht. Aber auch die größte Schnattertasche verstummt einmal. Es ging kräftig bergan.

es wurde steiler ... gut für den Höhenmesser.

es wurde steiler … gut für den Höhenmesser.

Anfang noch auf Kieselweg, so zeigte sich bald die erste „Wand“. Immer wieder musste geklettert, die Knie schmerzhaft hoch gehoben werden. Und es zog sich. Meine pace mittlerweile 3 km/h. Und darüber war ich sehr zufrieden. Viel schneller waren die mich umgebenden ebenfalls nicht unterwegs. Die Luft wurde dünner, das Gehen fiel mit jedem Meter schwerer. Dennoch ließ ich mich auf ca 3000 Metern, eine kurzes, ebenes Stück Weg lag vor uns, zu einem lockeren Lauf hinreißen. Es war herrlich, während man so lief. Der Himmel wolkenfrei. Wanderer am Wegesrand erkannten mein Bemühen und applaudierten.

Froh, endlich wieder klettern zu können, merkte ich die vorangegangene Anstrengung deutlich. Übermut tut auch mal gut 😉 Tapfer kämpften wir uns dem Himmel entgegen. Die Mehrzahl der Trailrunner war mit Stöcken unterwegs. Wenige vertrauten ihnen nicht 😉 Mein Blick ging immer und immer wieder auf den Höhenmesser. Die Zahlen, die ich sah, wuchsen nun deutlich schneller. Doch waren es immer noch an die 300 Höhenmeter, als wir die nächste Kletterwand erreichten. Mein Tritt war sicher, musste er auch sein. Hier oben verzeiht man keine Fehler.

Kletern und rutschen, hinab rutschen und wieder hoch klettern. Das ewige Spiel.

Klettern und rutschen, hinab rutschen und wieder hoch klettern. Das ewige Spiel.

Erste Läufer überholte ich nun. Andere gönnten sich eine Pause. Lachend, den wunderschönen Weitblick auf 4 Inseln genießend: La Palma, El Hierro, La Gomera und Gran Canaria waren zu sehen.

Erstmals auf dem Bluetrail, dem Trail vom Meer zum Himmel, unterwegs und dann dieses Traumwetter hier oben. Es war unbeschreiblich. Ein Runnershigh löste den anderen ab. Endlich sollte der letzte große Kletterfelsen überwunden sein. Hier musste ich inne halten, mich auf meine Knie stützen. Es war sehr, sehr anstrengend. Ein Klaps auf den Rücken mit unverständlichen, aber nett klingenden, spanischen Worten garniert beendeten die Zwangspause. Wann sind wir endlich oben. Es ist gut. Die Fenix zeigte bereits über 3400 Höhenmeter.

Es musste weiter gehen. Bereits zum dritten Male konnte ich mich wieder aufraffen. Man hat so seine Phasen. Als ich endlich den Aussichtpunkt, 50 Höhenmeter unter der Seilbahnstation erreichte, kullerten die Tränen. Es war unglaublich, hier oben zu stehen. Ich fing wieder an zu laufen. Es war so … ober krass hier oben. Der Weg war schon uneben und tat weh. Aber mir war es egal. Gleich gab es Cola und Iso und Nudeln und Kaffee und den höchsten Punkt des Bluetrail.

IMG_20141018_123053_33_prozentIm einzigen Unterschlupf hier oben, wo selbst der Seilbahnanreisende keinen Zutritt hat, durften wir uns platzen. Die spanische Armee hatte auch hier das Kommando übernommen und es klappte reibungslos. Essen und Trinken gabs auf Ansage. Der Oberboss hier hatte seine Kollegen sowas von im Griff. Und alle arbeiteten, wie ein Uhrwerk. Nur die Läufer waren eins mit sich selbst. Deren Uhrwerk, das bis hierher tadellos funktioniert hatte, durfte kurz anhalten.

Unterghalb des Pico de La Cruz auf 3550 Metern Höhe

Unterghalb des Pico de La Cruz auf 3550 Metern Höhe

Ich gönnte mir Iso, Nudeln und Kaffee. Eine Wohltat. Auf das Ausziehen der Schuhe verzichtete ich. Wollte ich die Hütte ja nicht zwangsverlassen müssen. Meine Pause könnte nicht endlos dauern und so nahm ich einen Rest Kaffee im Faltbecher, gut wer einen zum zuklappen hat 😉 , mit auf den Trail.

Mit Beifall wurden wir im Häuschen verabschiedet und mit „vamos“ und „animo“ Rufen auf dem Trail begrüßt. Es ging nun abwärts. Schmerzhaft abwärts. Erst zur Altavista Hütte auf 3200 Metern und dann die Geröllhalde auf 2300 Meter hinunter um dann schließlich auf gepflegtem Kieselweg das wohl geilste Stück des gesamten Bluetrail zu erreichen.

Zunächst aber hieß es, auf den Felsen zu tanzen. Ich hatte wieder alle Sinne auf scharf gestellt. Ein paar Wanderer hatten so mit sich zu tun, dass man Gefahr lief, von diesen „überrannt“ zu werden. Als ich endlich die Altavista erreichte, fiel mir ein Stein vom Herzen. Meine körperliche Verfassung war ganz gut. Der befürchtete Kopfschmerz in dieser Höhe blieb heute aus.

Die "Alötavista". Gern genutzt als Übernachtung für den morgentlichen Gipfelaufstieg zum Sonnenaufgang. Dann kommt man auch ohne Genehmigung hoch, da die Ranger noch nicht oben sind.

Die „Altavista“. Gern genutzt als Übernachtung für den morgentlichen Gipfelaufstieg zum Sonnenaufgang. Dann kommt man auch ohne Genehmigung hoch, da die Ranger noch nicht oben sind.

Nach ein paar schnellen Fotos war ich weiter ins Tal unterwegs. Wieder wurde ich überholt … von Stockbesitzern. Ganz klar. Während ich langsam tippeln musste. Jeder Schritt nicht ohne zu rutschen, konnte der Stöckchenträger besser ausgleichen. Mir war es Wurscht. Meine Zeit würde kommen. Und die kam schneller, als erwartet.

Auf halber Geröllhanghöhe gab ich dann den Kilian. Mir war es gleich, ob das feine Gestein in meine Schuhe eindrang. Diese Serpentinen zermürbten. Die vorhandene direkte Linie ließ das „Leiden“ schneller enden.

Das Geröllfeld wollte nicht enden

Das Geröllfeld wollte nicht enden

Am Fuße der Geröllhalde ein großes Sanitätszelt. Hm. Mit Stühlen davor. Ich wiederstand. Lies auch die kleinen Steine im Schuh und lief erst einmal. Endlich wieder rennen und nicht rutschen. Seit fast 4 Stunden war ich kaum gelaufen. Klettern, wandern, rutschen waren meine bevorzugten Fortbewegungsarten. Nun konnte ich endlich wieder renn und ich genoss es. Immer wieder trank ich abwechseln von ISO und vom Wasser. Meine 4 PowerBar Riegel steckten nach wie vor unberührt in der Trinkweste. Heb ich auf für schlechte Zeiten 😉 Und die waren jetzt weiß Gott nicht.

Blick auf die Montana Rajada

Blick auf die Montana Rajada

Die nächsten Stunden sollte ich einen neuen Laufpartner haben. Ein Engländer, der nun weite Strecken mit mir zurück legte. Jedoch immer hinter mir blieb (Im Ziel trafen wir uns vor der Dusche: You have a good performance. Danke, Meine Altersklassenkumpel! Man tut, was man gelernt hat.

Wir verließen die breite Straße und zweigten auf einen wüsten, staubigen Trail ab, der uns nach endlosen Kilometern in der brütenden Hitze zurück in den Wald bringen sollte. Das würde aber noch dauern. Bei mir lief es. Ich war so froh, hier laufen zu dürfen. Nichts wirklich dramatisches schmerzte. Ja, das Knie war spürbar. Die Füße waren auch noch dran. Die Oberschenkel waren schon etwas zickig. Thats Ultra.

Komplettvermessung der Canadas

Komplettvermessung der Canadas

Alle Läufer, die ich nun zu Gesicht bekommen sollte, wurden überholt. Ich weiß es nicht, warum hier gewandert wurde. Auch ich animierte zum mitlaufen. Nur wenige folgten oder konnten folgen. Mein englischer Laufpartner blieb weite Strecken dran. Dabei wusste ich weder pace noch Laufzeit.

my english runner

my english runner

Die Fenix-2 hatte sich auf dem höchsten Punkt zur Ruhe begeben. Mir war es gleichgültig. Schon viel eher hatte ich mir ihrem „Ableben“ gerechnet. Nun lief ich nach Gefühl und das war ein entspanntes. Irgendwann erreichten wir die Laufstrecke des „Trail“. Die Strecke der 64 k Läufer mündete in unsere. Immer mehr blaue Startnummern tauchten auf. Überholte ich einen von Ihnen, wurde applaudiert. Danke!!!

Wir erreichten eine Forstpiste von der üblen Sorte. Dass es abwärst ging, war klar, doch auch die seitliche Neigung dieses Meisterwerks der Waldbaukunst war nervend. Und das ging bis zum nächsten VP so. Wieder hatte die Army, dieses Mal verstärkt die Frauen, das Zepter in der Hand. Das anwesende Läuferfeld sehr übersichtlich. Ich sprach in meiner Muttersprache mit einer Sodatin. Sie frage nach meinem Zustand. Ich sagte „schlecht“ Sie: „Wollen sie trotzdem weiterlaufen?“ Ich lachte und antwortete: „Natürlich“. Bravisimo“!, ihre Antwort.

Ich musste los, obwohl die kurze Unterhaltung recht nett war. Weitere 6,6 Kilometer waren im Downhill zu absolvieren. Nach einer Sandpiste folgte ein Anstieg, an dessen höchstem Punkt wird namentlich erfasst wurden. Eher nummerlich. Nicht ohne den obligatorischen Applaus. Es folgte eine Zementpiste, die in einen Singletrail mündete. Dieser führte uns in endlosen Serpentinen auf schmalen Pfaden durch den Wald auf einen Panoramaweg, der leicht ansteigend (gefühlte) 3 Kilometer zum nächsten Fresspunkt hinüber führte. Mehrere „Wanderer“ mit blauen Nummern überholte ich. Dort war er endlich, der nächste Messpunkt. Doch ein gab keinen Scanner. Also twitterte ich meine Position. Es muss endlos lange her gewesen sein, dass es einen Zwischenstand an die zuhause Bleibenmüssenden gab. Warum ich dabei nicht auf die Handyuhr sah, weiß ich nicht. Mein Focus war jetzt: Essen, trinken, ins Ziel laufen.

Schnell wurden meine abgegebenen Flaschen befüllt zurück gegeben. Sogar das entnehmen aus der Trinkweste wurde übernommen. Danke. Sah ich so geschwächt aus? Kann sein. Mit einem Gracias verabschiedete mich hinunter in den Wald. Es sollte endlos werden. Immer wieder hinunter und auf der gefühlt anderen Seite hinauf. Schmale, geröllübersähte Wege machten das Laufen zur Tortour. Meine Erwartung war eine andere. Ich wurde ärgerlich. Ein neues Tief kam herangebraust. Es war mein schwerstes. Immer bergab. Wenn ich glaubte, endlich unten zu sein, musste wierder aufgestiegen werden.

Dazu kam NULL Ausblicke. Es war neblig, fing an zu nieseln. Ich verlor die Lust. Fluchte, zunächst aber nur innerlich. Also war es noch nicht ganz fett. 😉 Ab und an überholte ich und wurde überholt. Nach endlosem Waldstürzen dann endlich der Gefühlsausbruch. Leise, aber bestimmt. Jetzt gings mir besser. Noch eine Zementpiste runter und auf der anderen Seite wieder hinauf. War das eine Sch … hier. Ich kriegte mich gar nicht wieder ein. Dann endlich ein Dorf (sorry, vielleicht auch Stadt). Eine asphaltierte Straße. An ihrem höchsten Punkt. Es ging geschätzte 20% hinauf (wahrscheinlich waren es nur 5 😉 ) standen mehrere Kinder und schriehen und klatschten. Ich musste hoch laufen. Hier kann man nicht gehen. Der Szenenapplaus war mir sicher. Meine Lauffreude kehrte durch dieses kleine Ereignis zurück. Thats Ultrarunning. Das macht es so einzigartig. Ich war wieder oben auf. Joggte durch „Realo Alto“.

Hier musste der nächste VP kommen. Ich hatte ja keine Uhr mehr. Schätze die Entfernungen nach der Laufzeit. Hm. Alles schwierig aber auch unwichtig. Wenn man da ist, ist man da. Bis dahin lief ich. Und es lief gut, glaube ich mich zu erinnern. Mittlerweile seit 4 Stunden fast nur Downhill. Unglaublich. Dort der Süffelstand. Alle Getränke wurden aufgefüllt. Ich aß 2 Orangen und musste mich auf einen Bordstein setzen. Kurze Pause. Kurzes Foto und Kontakt zur Twitteria, bevor es weiter ging.

7 Kilometer bis zum letzten "Brunnen" und dann noch 3 oder 4 km bis ins Ziel

7 Kilometer bis zum letzten „Brunnen“ und dann noch 3 oder 4 km bis ins Ziel

Es war nun nicht mehr weit. Noch ein bissl Asphalt und ich bin da. So der Gedanke. Doch ich sollte mich schwer täuschen. Immer wieder Applaus und Anfeuerungsrufe der Passanten. Oft rief es unvermittelt aus dem nichts. Ein geöffnetes Fenster reichte, dem Spektakel zu folgen.

Hier der „CITYTRAIL“ – Jetzt weiß ich die Bilder auch zu deuten. Next One – ich bin vorbereitet

httpv://youtu.be/W7LNQbMMu3k

Irgendwann war es vorbei mit dem Asphalt und wir durften alle Panoramawege, die es von San Vicente bis nach Puerto de La Cruz gab, vermessen. Im Video eigentlich auch so dargestellt, hatte ich das überhaupt nicht auf dem Schirm. Und es gab da verdammt steile und verdammte kopfsteinlastige Pfade, die man oberhalb der Küste angelegt hatte. Die meisten Trailrunner waren hier zu Fuß unterwegs. Was ich gar nicht verstehen konnte. So kurz vorm Ziel. Auch viel blaue Nummern traf ich jetzt. Meine Laune verschlechterte sich mit dem Zustand der Wege. Obwohl sicher eine gute Idee, oberhalb der Küste entlang zu renn. Aber nicht nach 85 k bitte. Und die Königswege machten ihrem Namen keine Ehre.

Es nahm keine ende

Es nahm keine Ende

Auch der „schlimmste Alptraum“ geht irgendwann mal vorbei. Meiner endete am Hotel „Maritim“, wo es das letzte Mal Wasser gab. Vor dem letzten Aufgalopp. Ich verzichtete und lief gleich durch. Das heilige Schild veriet, es waren nur noch 3,9 Kilometer und es sah verdammt nach geradeaus und Asphalt aus. Erstmals wünschte ich ihn mir. Es war schön spät. Seit 10 Kilometern sehr warm und langsam war es an der Zeit, irgend eine colle Zeit für die Zielankunft zu überlegen. Die letzte Akkukapazität der Fenix-2 reichte für eine Uhrzeitanzeige. Ich lief erst mal etwas zügiger und einigte mich mit mir auf eine 18:36. Wie ich das hinkriegen wollte ohne Kilometrierung und Laufzeit war mir zwar nicht klar. Doch schneller laufen konnte nicht verkehrt sein. Jetzt ging das Gehetze schon wieder öos. 😉

Viel Applaus gab es und jede Kreuzung wurde polizeilich für mich gesperrt. Es war ein Traum. Einen kleinen Verlaufer gab es dennoch. Aber dies klärte sich schnell auf. Sicher hatte ich im „Tunnel“ ein Flatterband übersehen. Im unmittelbaren Start-Zielbereich dann noch ein paar kleinen Schwenks, bevor ich auf die breite Uferpromenade einbiegen durfte. Hier läuft man die letzten 500 Meter auf einer Fußgängerzone. Die letzten 100 Meter spaliert und die letzten 50, hier wird bereits dein Name genannt, über den Blauen Teppisch durch den blauen Zielbogen zum Finish des „Tenerife Bluetrail 2014“.

Ich schaffte dies nach einer Laufzeit von

18:31:31 Std.

(94 km +D5800/-D5700)

Nun sag mal jemand, das ich keine coole Zeit 😉 Ich war fix und foxy. Hatte es mir wirklich leichter vorgestelt – Was man immer so denkt. Ich musste mich hinsetzen. Musste mich ausruhen. Ein Sani bot mir ein Getränk an und als ich die Absperrung verließ, erhielt ich das begehrte Armband vom Bluetrail 2014.

In der Zielarea dann noch das Finishershirt. Ich war stolz, wie Bolle. Am Abend hätte man mich nicht nach einer Wiederholung fragen dürfen. Heute sage ich … immer wieder gern. Jetzt weiß ich ja Bescheid, was mich wirklich erwartet. Never, solch ein unvorbereitetes Rennen. Es war mental sehr stressig. Und die Aufgabe hieß: ZIEL!

Nach diesem Lauf stehen mir für die kommenden 2 Jahre alle Laufoptionen offen: Eight Points, Freunde!!!

Die Ergebnisliste gibts: Clasificacion-Ultra-Blue-Trail-2014

An dieser Stelle war ich sooooo glücklich. 50 Höhenmeter unter dem Gipfel

An dieser Stelle war ich sooooo glücklich. 50 Höhenmeter unter dem Gipfel

Alles für den Zettel, alles für den Trail

Alles für den Zettel, alles für den Trail

 

11 Kommentare:

  1. Alois Waldenmaier

    Glückwunsch zu der Leistung und zu diesem authentischen Bericht. Ich habe letztes Jahr gefinisht, dieses Jahr hat es nur bis Los Realejos gereicht. Alle Akkus waren leer (Smartphone, Garmin und mein eigener). Aber wie schon letztes Jahr gibt es für mich keinen Zweifel, den nächsten Bluetrail Ultra wieder zu laufen. Da ich nun hierher übersiedelt bin, werde ich mich auf den Streckenabschnitten vorbereiten können. Vielleicht sehen wir uns ja auf Teneriffa.
    Gruß Alois

    • Danke Alois. Thats Ultratrail. Man weiß nie vorher, was sich ereignet. Wenn es klappt, bin ich im nächsten Jahr wieder dabei. Zuvor aber werde ich die Transvulcania laufen … sehr zu empfehlen und ja nur eine halbe Flugstunde von Dir entfernt. Bin ab 01. Mai auf der Isla Bonita.

  2. Luis Gomez de Barreda

    Danke, dein Bericht ist sehr interessant ! Nachdem ich die 60 Km Trail besser als erwartet enden konnte, schiliesse ich die Ultra für 2015 nicht aus 🙂
    Ich musste bei diesen 2 Sätzen lachen.
    „Am Abend hätte man mich nicht nach einer Wiederholung fragen dürfen. Heute sage ich … immer wieder gern“. Dies habe ich auch ein Paar mal so gespürt.
    Alles Gute !

  3. Luis Gomez de Barreda

    Es wird schliesslich der 24.10. sein.
    Gut, eine Woche mehr fürs Training 🙂

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