Longtrail Barcelona beim UTBCN 2017 – Bericht zur Fitnesslage

Nach meinem Start im letzten Jahr, ich versuchte mich an der 100 km Distanz, stand eigentlich fest, dass diese Rennen im Garaff Nationalpark nicht zu meinen mustichnocheinmaltun Trails gehört.

Das Wetter eher mittelprächtig, Start im Regen, die erste Rennhälfte wolkenverhandener Himmel und nach 70 Kilometern war es dann auch gut und die Lustlosigkeit verschaffte mir immerhin ein DNF. Das erste im Katastrophenjahr 2016.

Wobei natürlich Katastrophe weit hergeholt ist. Immer noch laufe ich als liebstes Hobby und wenn die Freude auf der Strecke bleibt, kann Mann es auch gleich bleiben lassen. Muss ja nicht von der Rennerei leben … zum Glück oder doch nicht?

In diesem Jahr wurde das Rennen um ganze 5 Wochen vorverlegt. Nicht mehr Ende April, wie noch in 2016, sondern am letzten vollen Märzwochenende wurde einmal durch den Garaff gerannt.

Mir passte das auf der Suche nach geeigneten Vorbereitungsrennen für den Marathon des Sables ganz gut, eigentlich eine Woche zu spät, aber dafür dann eben die kurze Distanz. Genug Zeit, die müden Gliedmaßen zu entspannen vor den Sandetappen in der Sahara.

Gut 14 Tage vor dem Lauf wurde die Wetterlage geprüft und es sah ganz gut aus. Regen und kühle Temperaturen in der Woche vor dem Trail. Da sollte sich ändern. Schlussendlich sagte die (jetzt nicht mehr vorhandene) Wetter-APP Dauerregen über die gesamte Veranstaltung voraus.

Da kommt Mann ins Grübeln. Zwei Wochen vor der Wüste 12 Stunden im Regen rumrennen, eine Erkältung riskieren, sich noch einmal richtig die Füße aufweichen …  ? Ich war zweigespalten. Im Hinterkopf immer noch die Unzufriedenheit über das Rennen im Jahr zuvor.

Ich entschied letztlich doch nach Barcelona zu reisen, keine Flüge und Hotels zu stornieren. Ich würde vor Ort entscheiden, was das richtige ist. Zuvor noch eine neue Wetterprognose vom deutschen Wetterdienst. Starkregen in der Nacht davor und ab 8 Uhr regenfrei Tendenz sonnig, wenn auch kühl. Perfekt. Es sollte doch noch klappen?

Die Anreise verlief perfekt, pünktlich stand ich als erster am Schalter der Mietwagenfirma. Doch ich sollte den vorreservierten Wagen nicht bekommen. Zu viel kreditiert im letzten Monat, da reicht es für die exorbitant hohe Kaution nicht mehr. Dann eben nicht. Take it easy. Der Bus fuhr mir vorm Aeroporto vor der Nase weg, der Taxifahrer wollte 45 € für die 15 km Reise ins Hotel. Es passte alles perfekt, nur meine Anreise lief … etwas unvorhergesehen

Wieder sitze ich im Flieger. Bereits eine Woche ist vergangen und kaum Zeit, das Berichterstattungsmachwerk zu vollenden. Ich fliege von Leipzig nach Puerto del Rosaria, der Haptstadt Fuerteventuras. Da bleibt genügend Zeit, das vergangene Wochenende noch einmal durch die Erinnerungswelt zu schleusen.

Ich wanderte also ins Hotel. Navi sei Dank kam ich nach 2 Stunden dort an, eine kleine Sandpassage inkludiert. Schade, dass ein Wasser mich von der nahen Strandpromenade trennte. Ein bissl Bus bin ich dann auch noch gefahren. Doch die Strecke wurde dadurch nicht kürzer, im Gegenteil. Zum Glück schloß die Rezeption nicht gegen 23 Uhr, wie angenommen. Das Glück des Tüchtigen war auf meiner Seite. Besser war das auch. Auch das angeschlossene Restaurant gewährte Bleibe bis zur Erschöpfung … Der angeschlossene Karaokeraum machts möglich. Ich nutze die Schließzeit fünf Uhr nicht aus. Fiel irgendwann steinern in mein Riesenbett. Wenige Stunden später waren die Augen bereits wieder sehend, der Körper noch schwach, aber Meer lockt aus dem Zimmer.

Startnummer abholen … eine Tageswanderung auf geilem Trail

Schnell ein Frühstück verputzt und nach kurzer Trackerstellung wanderte ich hinauf nach Begues. Dem Ort, in dem meine Startnummer schlummern sollte. Der Weg ein Traum. Trail vom Feinsten ab km 5. Teile der 100-er Strecke hatte ich ungewollt in meine Aufstiegsroute integriert. Fünfhundert Höhenmeter nach Abmarsch dann die Ankunft am Gemeindezentrum. Keine Nummernausgabe.? Und ich war so stolz, es sofort gefunden zu haben. Also sofort, mit optimierter Schlussphase.

Ganz in der Nähe befand ich mich dann in den letzten Vorbereitungen zur Ausgabe des heiligen Umschlages. Ein Stündlein musste ich mich noch gedulden. So konnte ich das herannahende Regenwetter life beobachten. Und es schüttete. Und wurde schlagartig kalt. Hier oben auf 400 müNN.

Regenjacke an. Die Zeit kroch. FreeWiFi beschleunigte die Warterei. Umschlag schnappen, Startnummer kontrollieren. Fertig. Messe oder giveaways gab es hier nicht. Besser war es auch. Hatte eh nur den kleinen Wanderbeutel mit, den ich nun unter der Regenjacke verbarg. Die geplante Rückreise mit dem Bus fiel dann auch ins Wasser. Verstand an dem Plan nur soviel, dass die Linie nur gelegentlich die Haltestellen im Ort anfuhr. Vorwiegend Abends und morgens. Es war 14 Uhr. O.K. Für diese Momente hatten die Garmin-Entwickler BackTraack … Trackback … „Zurück zur Basis“ in die GPS- Uhren integriert.

Der Regen ging in Niesel über. Ich lief und sprang und genoss den wunderschönen Trail. Ohne Streckenoptimierungen ging es direkt zum Appartmenthotel.

Nach 80 Minuten war ich zurück. Doch ein wenig zügiger, als die drei Stunden vom späten Vormittag. Aber alles hat seinen Reiz. Der Resttag, eshatte sich jetzt richtig eingeregnet, bestand aus Warterei auf nicht. Rennvorbereitung dauert. Klamotten sichten und zurechtlegen … Gegen 21 Uhr ging es in die Falle. Die Ausrüstung wieder mundgerecht trapiert. Das spart Zeit und Nerven am frühen Morgen.

Raceday, was sagt das Wetter

(Fast) wie immer an Renntagen wurde ich eine viertel Stunde vor dem Wecker wach. Mann identifizierte sich mit der Aufgabe, offensichtlich. Schnell alles angezogen, eine bissl was getrunken und eine Banane verdrückt. Morgens um halb sechs in Castelldefels. Das Baguette wollte ich vor dem Start dann esssen. Ich hätte es mitnehmen sollen, das hätte die Chanchen erhöht 😉

Kurz vor schs dann schlenderte ich hinüber zur Rezeption. Der Dauerregen der Nacht war wie weg geblasen. Kein Regenzeugs anziehen. Perfekt. Dann hätte ich das Taxi dann auch nicht gebraucht, was mich vor der Vorstartwässerung bewahren sollte. Das nahm dann wohl auch der Taxifahrer an. 20 Minuten nach vereinbarter Zeit kam er dann doch schon. Spanien eben. Wir schaffte es dann noch bis zum ausgewiesenen Abfahrtspunkt der Shuttlebusse zum Start. Vor dem Bahnhof in Gava sollte es sein. Mit mir fanden sich auch noch andere Läufer ein. Alle so ungläugig, wie ich, als kurz nach halb sieben immer noch kein Bus zum Einsteigen vorfuhr.

Ein offensichtlicher Offizieller faselte etwas unverständliches. Tchja. Der Abfahrtspunkt war dann doch an der Bushaltestelle.Nützte jetzt auch wenig. Der nächste fuhr erst halb acht und war nicht für uns bestimmt. Ob wir dann den Start noch geschafft hätten, auch fraglich. Nach langen hin und her und bezahlt und Anspruch und kümmert euch …. Wir sechs Musketiere scharterten ein Trailmobil und ließen uns für schlappe 4 Euro um Startpunkt fahren. Geht doch. Mein kleiner Fünfer war gut angelegt. Es war geschafft.

Schnell in die Sporthalle zum Aufwärmen und nichts tun. Es wurde die Zeit mit diesem Nichts vor einem langen Lauftag tot geschlagen. Immer wieder fand sich unsere kleine Notgemeinschaft zusammen. Neben mir eine Amerikanerin, ein Iraner, eine Spanierin und zwei Russen oder einer und der andere war aus … keine Ahnung, auch Hupe.

Kurz vor Acht wurde endlich zum Start geschlendert, schnell noch die GELS mit der Startnummer beschriften, was macht man sonst 5 Minuten vor dem Start 😉 und der obligatorische Ausrüstungscheck.

Alles war im Limit. Und ich kanm auch noch rechtzeitig in die übersichtliche Startaufstellung. Ich schätzte ungefähr 200 Starter und reihte mich im hinteren Bereich ein.

Endlich gehts los … kalt, aber trocken

Es geht lohoooos. Knall nach Final Countdown in spanischer Sprache. Da kann sogar ich fließend mitreden 😉 Wir sockten los. Eine Runde durch die Stadt und in knapp 500 Metern bist Du auch schon auf dem Kieselweg in Richtung Trail. Immer leicht ansteigend. Erste Hiker waren auszumachen. Nicht schon hier, Bewegung hält außerdem warm. Ja, ich hatte die Regenjacke an. Nicht der Feuchtigkeit, sondern der Kälte wegen. Der sichtbare Atem verriet es. Es war knackig kalt geworden im Garaff Nationalpark. Aber es war trocken und auch die erste Wegesabschnitte in tadellosem Zustand.

Nach zwei Kilometernwird dann auch die erste Anhöhe erreicht. Irgendetwas um die 480 Höhenmeter. Nicht schlimmes. Technisch ohne Anspruch, genau das richtige zur Eingewöhnung und …. Zum ersten Verlaufen.

Loslaufen, reinkommen, in sich ankommen.

Nach den ersten Fünf Kilometern hast du dann deinen Standort bestimmt. So geht es mir zumindest. Und es lief ganz ordentlich. Ich hatte die Zeiten vom Vorjahr als kleines Roadbook in die Handytüte gesteckt. Irgend einen Anhaltspunkt braucht man schon. Und es lief ganz gut, anfangs. In diesem Jahr ohne Stöcke unterwegs verliert man schon ein wenig Zeit im Aufstieg. Nichts dicket zu Beginn des Rennens. Viele Wald und Forstwege machen die poles überflüssig.

Nach sechs Kilometern, ein undokumentierter Süffelstand wird erreicht, geht es endlich auf die Singletrails. Das Geläuf wird technischer. Fehlende Steighilfen offensichtlicher. Das Wetter wurde zusehends freundlicher. Kaum ein Wölkchen am Himmel. Die Sonne war zu sehen, hatte aber noch keine richtige Kraft, sich gegen die Regenjacke, die ich trug, zu behaupten. Weitblicke ließen das Trailherz höher schlagen. Ja, das war schon was anderes im Vergleich zum Jahr zuvor, als wir hier in den Wolken rumstürzten. Auch die Salomon Xwings 6 Softground (ich krieg nix dafür 😉 ) waren die bessere Wahl, als noch La Sportivas Raptor(en) vom Vorjahr. Unklar war nur, wie lange meine Füße den direkten Schuh ertragen konnten. Nach 80 Minuten war noch alles gut, als ich den 10. Kilometer auf der Fenix speichern sah. Der Rennanfang geht immer recht flott. Der technische Teil der Strecke kommt nun langsam. Das Läuferfeld hatte sich sortiert. Ich sollte jetzt bis ins Ziel immer die gleichen Tights und Röcke treffen. Mal überholten sie mich, mal ich sie. Wie bei jedem Trailrennen ist dies überall ähnlich. Doch zusammen laufen. Never …. Oder eher selten. Zu individuell diese Trailrunnerbande 😉

Nach endlosen ersten zwei Stunden wird dann auch der erste (offizielle) VP erreicht. Sechszehn Kilometer sind absolviert und ich brauchte 135 Minuten bis hierher. Minus 10 zum Vorjahr. Ja, ich rechnete und das nervte zusehends. Auch der erste Marathonläufer kam hier schon durch. Die jungen, drahtigen Kollegen. Diese Hirsche, Gemsen, die einem jeden Mut nehmen, würde Mann länger drüber nachdenken. Wer hier wohnt, hat ein tolles Trainingsgebiet vor der Haustür. Ich dachte nicht, machte mein Ding. Kopfarbeit …

Ich füllte meine 2 Flasks, die ich komplett leer gesüffelt hatte, aß endlich Frühstück, es gab weißen Toast mit Nutella, und verstaute meine Regenjacke im Rucksack. Ich war heute mit kleinem Gepäck unterwegs. Compressports Laufweste und Salomons Bauchtasche boten genug Platz für Pflichtausrüstung und ein paar Hände voll GELs, die endlich mal weg mussten.

Die Laufstrecke wurde technischer, die Überholvorgänge der Marathonis fordernder. Nein, anfassen mag ich gar nicht. Dann musst Du noch ein wenig warten, du kleiner ungeduldiger Hirsch. 😉 Was auf den Kanaren gar nicht vorkommt. Hier war doch schon der ein oder andere Drängler unterwegs, der die Zeit nicht abwarten konnte, bis die guten Überholstelle für beide beteiligte Läufer kam.

Immer öfter hackten sich meine Schuhspitzen an den kantigen Steinen fest. Ich musste vorsichtig sein, wollte ich nicht stürzen. Wenn geflucht wird, geht die Energie zu Ende. Ich GELte nach und fühlte mich wenig später wieder im positiven Wertebereich. Die Strecke war jetzt wirklich anstrengend. Zehrte an den Kräften. Nicht umsonst war die nächste Verpflegungsstelle bereits nach 6 Kilometern positioniert.

Ich erreichte diese nach 3:xx Stunden. Wieder musste ich Wasser nachfüllen. Griff jedoch zu Powerrade und Aquarius, die meine Flasks füllten. Zwei drei Apfelstücken wurden im Vorbeigehen aufgenommen und schon war ich wieder unterwegs. Unterwegs zum schönsten VP bei km 35 am Strand von Sitges. Zuvor jedoch gilt es einen ausgewachsenen Steingarten zu durchqueren. Dieser wird bei km 25 erreicht und zieht sich. Wildes Klettern und Hüpfen ist angesagt, bevor es einen wirklich fetten, knackigen, von Geröll gesäumten Anstieg zu nehmen gilt. Mein Weg. Kurz, knackig, ausgesetzt. Das mag ich und hier konnte ich auch endlich mal die pace machen. Steil genug, auch ohne Stöcke nicht an Boden zu verlieren. Weit vorgebeugt strebt Mann dem Gipfelchen entgegen.

Oben angekommen gilt es noch ein paar zugewachsene Singletrails zu finden, um dann schlussendlich auf Asphalt zu landen. Kilometer 28 wir hier gespeichert. Die Sternstunde des Asphaltläufers schlägt genau hier. Drei Kilometer geht es, nach kurzer Anstieg, bis zum nächsten Kieselweg hinab. Hinab bis auf Meereshöhe. Ich hatte das Stück vom letzten Jahr noch in schlechter Erinnerung. Die Sonne war nun stark genug, auch die Armlinge ans Handgelenk wandern zu lassen. Im Dreiergruppenflug donnerten wir die Straße hinunter. Ein Stück mit Weitblick. Musst Du doch nicht auf den Weg achten und kannst dir den Kopf verdrehen, wo weit bis es weh tut. Es flow-te. Ich spürte die Oberschenkel deutlich. Geil….

Dann endlich war der schwarze Untergrund zu Ende. Es wurde Zeit. Dort, wo ich mich im letzten Jahr verlaufen hatte stand in diesem ein Helfer und wies uns den rechten Weg. In leichten Serpentinen ging es hinunter. Einmal Forstpiste noch und dann auf wunderschönem rechts und links, immer die Küste und das nahe Ziel im Blick, hinter ans Meer. Immer, wenn man glaubt, den finalen Abstieg in den Ort erreicht zu haben, geht es noch einmal ein paar hundert Meter vom Ziel wegwärts. Doch ich kannte sowohl Distanz als auch Wegführung. Mental konnte nichts passieren. Ganz im Gegenteil. Im downhill rollte ich problemlos durchs Läuferfeld.

Irgendwann dann wieder Asphalt, nur kurz, um von einem Tunnel getrennt, den VP oberhalb des feinkörnigen Sandstrandes von Sitges zu erreichen. Pause. Soviel stand fest. Wieder Wasser? Ich weiß es gar nicht. Ich glaube, gar nichts aufgefüllt zu haben. Beim Erreichen der langen, asphaltenen Downhillphase (km 28) hatte ich meine letzten 2 Koffeingels genascht und Mühe, diese in mir zu behalten. Koffein verträgt mein Magen auf fortgeschrittenenr Langdistanz offensichtlich nicht. So trank ich zur Sicherheit erst mal nicht, um die Verdauung nicht zu torpedieren.

Am Strand als nur ein paar Äpfel???? Ich weiß es nicht mehr. Ich glaube aber auch, es gab hier nur das Sparsortiment, was die Verpflegung anbelangt. Zu kleine der Platz, den man dem Veranstalter einräumen konnte. Dafür Meerblick vom Feinsten.
Wir war es relativ egal. Die Schuhe musste aus. Füße auslüften nach der ersten Halbzeit. Kilometer 36 sagte die Fenix. Ich setzte mich auf die Brüstung, die den Zugang zum Strand umrahmte und genoss das, was ich da sah. Rauschendes Meer, stahlblauer Himmel, strahlender Sonnenschein. Das ist es, wofür sich dieser Lauf in jedem Fall lohnt. Diese Einzigartigkeit der Küste. Man startet in den Bergen, arbeitet sich zielstrebig durchs Geröll um dann hier ankommen zu dürfen. Soooo toll.

Ich hätte hier ewig sitzen können. Aber irgendwie geht das dann doch nicht unendlich. Man hat die Restdistanz im Kopf, den Einbruch der Dunkelheit eventuell bedacht … (Ich noch nicht) Nach einer guten Viertelstunde machte ich mich wieder auf den Weg. Die zweite Hälfte des „Longtrail Barcelona“ in Angriff zu nehmen.

Tschüss, du toller Sandstrand mit der Garantie zum Verlieben

Kaum hatte ich den Strand verlassen, tauchte schon wieder diese Bar auf. Etwas abseits der Laufstrecke hatte ich um letzten Jashr schon gezögert. Und war weiter gelaufen. In diesem Jahr nicht. Ich lief zielstrebig in die Bar und orderte zwei „Dam Citrone“ oder wie die Katalanen das nennen. Eine Dose verschwand sofort im Körperinneren. Die zweite wanderte in den Hüftgurt für schlechte Zeiten. Das Bier tat gut. Etwas zu viel Alkohol las ich auf der Verpackung. Egal. Ein drittel Liter verdunstet, ehe es die alkoholempfindlichen Körperstellen erreicht.

Zwei gleichgekleidete Stöckchenschlepper durchquerte mit mir gemeinsam den Ort und bewahrten mich vor dem 2. Verläufer, alkoholisiert, wie ich war 😉 Schließlich, die Fernstraße wird an einem hohen Viadukt unterquert, geht es steil ansteigend wieder hinein in den Garaff-Nationalpark. Herrlicher, ansteigender Singletrail. Die Sonne spürbar, wenn auch nicht wirklich gefährdend, begleitete uns die 200 Höhenmeter hinauf zum nächsten Aussichtspunkt, um anschließend wieder an die Küste hinab zu laufen. Der Weg immer laufbar, wenig technisch. Hier wird pace gemacht. Endlich erreichte ich auch meinen Tiefpunkt. Es hakte irgendwie ein wenig. Bereits am VP Sitges hatte ich mein roadbook entsorgt. Ich wollte mir den Druck nehmen, irgend welchen Zeiten hinterher zu eilen, die heute, ohne Stöcke, nicht machbar sein sollten.

Ich lief zwar kontinuierlich, doch nicht so, wie ich es gern hatte. Ich musste einfach abwarten, bis es vorbei war. Abwarten im Sinne von weiterlaufen bis es wieder läuft. Und es lief dann irgendwann wieder. Kilometer später. Zwei koffeinfreie GELs hatte ich noch und die hellten meine Stimmung wieder auf. Wir erreichten ein weiteres Viadukt, das den Autoverkehr über dem Tal hielt. Wir waren wieder fast auf Meeresniveau angelangt, bevor der nächste Aufstieg zum schönsten VP begann. Immer durch einen kleinen Wald laufend schraubt man sich wieder auf 200 m hinauf, um schließlich an einer kleinen Kapelle den VP bei km 47 (offiziell) zu erreichen. Eine kleine Kirche steht hier und in einem Pavillion hoch über dem Garaff kannst Du dich massieren lassen. Traumhaft schön.

Ich ließ mich nicht. Kann auch nicht mehr sagen, wie es um die Essenversorgung stand? Getrunken habe ich reinens Wasser aus meinem kleinen Mitschleppbecher (Pflichtausrüstung, es gibt keine Plastikbecherfriedhöfe im Wald). Und machte mich dann auch gleich auf den Weiterweg. Es geht auf langweiliger Forststraße die nächste Kilometer hinauf. Immer ganz leicht ansteigend kann wieder alles gerannt werden, wenn man denn möchte oder muss oder was weiß ich nicht.

Ich joggte locker durch den Nationalpark. Genoss die Aussicht, die einfach nur grandios war. Viele der sichtbaren Erhebungen hatten wir überschritten. Das tat der Seele gut. War gut für die innere Zufriedenheit. Die Restdistanz nun auch mehr als überschaubar. Der Löwenanteil der technischen Passagen war geschafft. Dennoch will ein trailiger Halbmarathon auch erst mal gelaufen sein.

Das Teilnehmerfeld hatte sich gelichtet. Man traf sich, aber eher selten. Dennoch waren genügend Läufer unterwegs, den weiteren Wegverlauf, die bunten leuchtenden Punkte, in den grünen und grauen Flächen, zu erkennen. Mittlerweile hatte ich in eine guten Rhythmus gefunden. Schaute auch nach keiner Gesamtzeit mehr. Lief einfach Kilometer für Kilometer runter, wie es sein musste. Der nächste VP wieder 12 km entfernt. Soooo anspruchsvoll konnte es also nicht sein, was wir das erleben durften.

Mein Erinnerungsvermögen verblast auch langsam. Bei Kilometer 52 habe ich dann endlich meine zweite Dose Mixbier geleert. Ein Meilenstein, den man nicht vergisst 😉 Ich konnte keine andere Flüssigkeit mehr aufnehmen. Hatte mir durch die Koffeingels irgendwie den Magen verränkt. Ob die schon abgelaufen waren? Ich weiß es nicht. Irgend etwas ist eben immer. Und ich erinnere mich an die lange Gerade auf den VP km 57 (offizieller Kilometerpunkt) zuführend. Es war mega geröllig und mann musste aufpassen, sich nicht zu verletzen. Ich verletzte mich nicht. Erreichte den VP, innerhalb eines kleinen Orte (ohne Bar am Wegesrand) gelegen und wusste, jetzt ist es eigentlich geschafft. Nur 13 klitzekleine Kilometerlein. Das war nix dickes mehr.

Unterwegs mit Weitblicken, die dir das Herz öffnen

Auch der Großteil an Höhenmetern war im Sack. Sooo viele waren es ja eh nicht, dafür knackige kleine Biester, die volle Aufmerksamkeit verlangten. So auch auf dem letzten Abschnitt, der sich bis zum letzten VP (Verpflegungspunkt) bei km 65 erstrecken sollte. Es wurde durch eine laufbare Geröllpassage eingeleitet, welche nach kurzer Zeit den letzten, großen Hügel ins Blickfeld rückte. In die Abendsonne getaucht war es ein wirklich herrlicher Anblick, den dieser kleine Tafelberg, 200 Meter aus der Landschaft ragend, sich dem trailenden Läufer bot. Immer wieder ging der Blick rundum. Bis zum Horizont reihte sich Hügelkette an Hügelkette. Der Blick konnte sich nur schwer davon lösen.

Schließlich war auch der letzte nennenswerte Anstieg geschafft. Nicht direkt über den Gipfel führte die Laufstrecke. Schade eigentlich, war der Gipfel doch durch einen Feuerwachturm markiert. Wir folgten dem kieselnden Fahrweg bergab. Nach wenigen hundert Metern stutzte ich, da keinerlei Markierung mehr erkennbar war. Kurze Rückkehr und Nachfrage bei den mir entgegenkommenden Läufern. Es sollte richtig sein. Mir war zwar auch so, aber Vorsicht, ist die Mutter der Porzellankiste.

Recht schnell verließen wir den Fahrweg nach recht und wendeten uns wieder einem Singletrail zu, der uns weiter ins Tal führte. Kaum Läufer auszumachen. Zu wellig und sich um diverse Erhebungen windend war der Pfad, der uns zum letzten Versorgungsstand führte. Hier gab es lediglich eine Praline für mich und es ging auch schon weiter. Nein, hier wird nicht mehr gechillt, zu vorgerückter Stunde. Gaaas, hieß das Motto. Nach Stunden schaute ich mal wieder auf die Gesamtzeit. 11:01 Stunde, verriet mir die Fenix, hatte ich mich bisher 68 Kilometer durch den Naturpark gearbeitet.

Die Sonne verschwand. Meine lampenlose Zielankunft geriet ins Wanken. Mit Sonnenbrille war es gleich noch trüber. Na ja. Lampe griffbereit in der Laufweste. Auf alle Fälle wollte ich den verbleibenden, kläglichen Rest durchjoggen und das tat ich dann auch.

Bis auf einen letzten Anstieg, der mit ein paar losen Steine veredelt wurde, wurde alles gerannt. Das baut auf, das schafft Sicherheit. Das produziert ebenso ein schnelles Ende. Den Streckenverlauf nicht mehr wirklich in Erinnerung war dann zwei Kilometer vor dem Ziel noch einmal Zeit fürs Teelicht. Zu gefährlich der wurzeldurchzogene Waldweg. Ich drückte, war im Tunnel. Finish war das, was ich vor Augen hatte.

Hatte ich es den ganze Tag geschafft, sturzfrei übers Geläuf zu kommen, sollte es auf den finalen Kilometern auch nicht mehr sein. Der Stadtrand wurde erreicht. Eine Beschilderung für den letzten Kilometer passierte ich vor dem finalen Radweg, der mir von meiner Wanderung tags zuvor bekannt war.

Ein paar Wendungen, Unterführungen und Straßensperrungen später war ich bereits in der Innenstadt des kleinen Bergdorfes. Es wurde lauter. Es kamen Zuschauer ins Blickfeld.

Da war sie, die letzte Kurve für den heutigen Ultra. Noch ein bissl, Zustimmung erntend, durch die Zielgasse geflogen und schon war die finale Rampe erreicht. Nach

11:47 Std.

War mein letzter Ultra vor der Wüste zwar nicht nach Plan, aber doch mit innerer Zufriedenheit Geschichte. Unverletzt, schmerzfrei und (wie sich Tage später zeigen sollte) ohne Nachwehen hatte ich die 72 Kilometer zu einem erfolgreichen Lauf gemacht. Endlich in den Ergebnislisten des UTBCN. Finish Nummer drei in diesem Jahr. Geht doch.

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