Langer Lauf gefährdet

Der lange Lauf wurde, wie bereits erklärt, auf den Samstag verschoben. Nachteilig ist, wenn man bereits am Freitagabend gelaufen ist, dass sich der Start des Highlights nur am frühen Abend realisieren lässt. Zumindest möchte ich der Muskulatur die Ruhe von nahezu 24 Stunden gönnen. Es hat sich irgendwie bewährt, also ziehe ich es auch so weiter durch.

Die Uhr zeigte halb vier, als ich dann endlich alles erledigt, was mit so nem etwas längeren Ausflug verbunden ist:

– Trinkblase füllen,
– Trinkflaschen füllen,
– Riegel einpacken,
– Handy und Reisegeld einstecken,
– Wechselsocken, Stirnband und Armlinge verstauen,
– Vaseline auftragen, Brustwarzen abkleben und MP3 Player verstauen.
 

Alle Handlungen gehen zwar recht flott von der Hand, doch bis ich fertig gestylt auf der Laufstrecke stehe, gehen schon 20 Minuten ins Land. Noch dazu hatte ich ein Firmeware-Update auf den Forerunner geladen, sodass Laufsensor und Brustgurt neu eingelesen werden mussten.

Die Laufstrecke hatte ich bereits am Vormittag entworfen und den Armlaptop damit gefüttert. Unliebsame Wegsuchaktionen sollten mir also erspart und die ungefähre Laufdistanz, dass Abholung vom Zielort notwendig, war auch klar. Ja, das Nagetier hats immer ein bisschen planmäßig …

Zunächst lief ich die bekannte Strecke nach Wüstgrabow, wo sich dann auch die Sonne verabschiedete. Von der angedrohten Hitze am Samstag keine Spur. Besser war das dann auch. Am Maxfelder Forst gings den Waldweg in Richtung Grammentin. Ein wirklich herrliches Stück Waldweg, was ein gleichmäßiges Tempo ermöglichte. Kaum hatte ich den Wald verlassen, die Ortslage Grammentins kam in Sicht, war auch schon der erste Trailabschnitt erreicht. Schwere Verwüstungen von diversen breitreifigen Zugfahrzeugen machten ein Laufen unmöglich. Ich wollte auch nicht bereits nach 50 Minuten das komplette Fußbad riskieren. Also wurde langsamer Gelaufen, auch mal gegangen. So gelang es, trockenen Fußen ein Feld zu erreichen, das mich in den „Ort meiner Träume“ brachte.

Weiter gings auf bekannten Wegen nach Sommersdorf. Als ich das Waldstück in der Siedlung des Dorfes verlies, hatte ich freien Blick auf den Kummerower See und die Hügel der Mecklenburgischen Schweiz in seinem Rücken. Tiefe Regenwolken hingen an den Bäumen und leichter Nieselregen setzte ein. Hmmm. Bevor ich mich wirklich um meine nassen Füße sorgen konnte, war der kleine Schauer auch schon vorbei und wenige Kilometer später verwöhnte mich sogar die Sonne.

Ich war bereits am Ufer des Kummerower Sees angelangt und sollte auf den nächsten 5 Kilometern mit reinem Trailrunning beschäftigt werden. Im Stetigen auf und ab, auf sand- und grasbedeckten Wegen erreichte ich zuerst die Siedlung Meesiger, anschließend den Ferienort Gravelotte und von dort gings im flotten Stritt nach Verchen. Die „Berge“ bereiteten mir heute überhaupt keine Mühe. Nicht eine Gehpassage musste eingelegt werden. Ein Zeichen, noch dazu ein Gutes? 🙂 Nur das Herzilein kratzte ab und an mal am anaeroben Bereich.

Mir wars recht und als ich endlichen den nördlichsten Ort des Sees, Verchen, erreichte, war es Zeit nach dieser zu schauen. Die Fähre, die mich über die Ostpeene bringen sollte, fuhr nach Fahrplan ja nur bis 18 Uhr. Meine ausgemessene Strecke war etwas abweichend, also zu kurz errechnet. Es konnte knapp werden. 17:45 Uhr erreichte ich den Uferweg, ich hatte also noch knapp 15 Minuten Zeit für die restlichen ??? Kilometer. War mein langer Lauf hier zu Ende?

An der Fähre wusste ich es genau, es waren 2 Kilometer und ich sprang um 17:56 Uhr ins Boot. Das war knapp. Mit deutscher Pünktlichkeit holte der Fährmann über. Ich hatte Gelegenheit, eine PowerBar zu verdrücken und mich über den seltsamen Anblick des Anlegers zu wundern. Schon das Erreichen des kleinen Bootes auf Verchener Seite bereitete mir nasse Füße. Doch was mich auf der Kützerhofer Seite erwartete, war nicht zu erahnen. Auf Bohlen balancierend erreichte ich den Damm, der mich zum nächsten Etappenort bringen sollte. Meine Freude währte genau ein Kurve, dann sah ich das „Übel“. Komplettflutung der Moorwiesen incl. Straße.

Im Sommer für gewöhnlich trocken

Die kleine Zwangspause wurde verlängert, denn solch einen Anblick muss man einfach im Bild festhalten. Sicher keine einmaliges Phänomen, doch durch die Erschließung neuer Long-Jogg-Gebiete durfte ich auch mal Zeuge der Naturgewalten werden.

Überschwemmung Straße nach Aalbude
Überschwemmung Straße nach Kützerhof

   Die_Fortsetzung meines Laufes war bei allen Bemühungen nun nicht mehr trockenen Fußes möglich. Anfangs noch vorsichtig, denn auf den Bildern zieht man nur die kurzen Wasserpassagen, so dachte ich im Folgenden über die beste Lauftechnik im knöcheltiefen, klaren Wasser nach. Der betonte Fersenaufsatz mir vorherigem Wegschieben des flüssigen Weges mit dem Fußballen erwies sich als „trockenste“ Variante.

In der Fähre, doch nach dem „Wasserwandern“ wie neu.

Ich konnte mich mittlerweile im 6 Minutentempo bewegen, als endlich Kützerhof in Sicht und, da bergauf liegend, ein gewöhnlicher Laufuntergrund meine nun sauberen „Sofas“ verwöhnte. Es ging nun trotzdem etwas langsamer voran, die Muskulatur war ordentlich durchgewühlt und brauchte ein paar entspannte Kilometer.

Ich durchquerte das nahegelegene Waldstück, dass mich nach Warsow und im weiteren Verlauf, 33 Kilometer waren absolviert, an den Ortsrand von Neukalen brachte. Hier hatte ich für nichts mehr einen Blick, sondern war mit der Stabilisierung meines inneren Ichs beschäftigt. Die verbleibenden sieben Kilometer wollten verarbeitet und die kommende Berglaufstrecke vorbereitet werden. Ich wurde irgendwie immer langsamer und schluppte schlussendlich im 6:15-er Tempo zur alten Ziegelei hinauf. An der Landstraße 20 angekommen, galt es den Abholservice zu organisieren. Ich hatte keine reale Vorstellung von der Entfernung zum verabredeten Treffpunkt, konnte aber wenigstens meine Restkräfte für den „2 Kilometer Anstieg“  nach Franzensberg mobilisieren. Ab Kilometer 38, auch ein Radfahrer kam nur unwesentlich schneller die Hügel hoch, liefs dann wieder wie gewohnt. Ich hatte mein 5:40-er Tempo wieder aufgenommen und landete fast exakt am 40. Kilometer in Gülitz. Wenige Hundert Meter bergab traf ich dann das erlösende Rückholfahrzeug mit Cola und Bananen an Bord. Danke noch mal an die Rennschnecke. Was würden wir nur ohne die fleißigen Helferlein machen?

Ich hatte für die 40,5 Kilometer 3:55 Stunden gebraucht, dabei 215 Hm zurückgelegt, war geschätzte 1,5 km „geschwommen“ und Herzilein hatte mit 75 % HFmax mächtig zu tun. Die Dunkelheit brach nun langsam herein und es wurde wirklich Zeit, dass ich wieder nach Hause kam.

Im Nachhinein betrachtet ein wirklicher Erlebnislauf, der, überraschenderweise, trotz noch müder Beine vom letzten Samstag, ganz gut verdaut wurde.

Besonders der Anstieg am Ende setzte wohl noch mal einen guten Reiz

Ein Kommentar:

  1. Aijajai, na das war ja eine gute Vorbereitung auf den Jungle Marathon. Ich dachte, du willst zum Röntgenlauf ;-). Hübsch sind ja auch die Diesteln, die du dir mitgebracht hast (an den Socken).

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