Der „Wahnsinn“ hat System – Marathon du Mont Blanc (80-90 km)

Startnummerausgabe tags zuvor

Start beim Marathon du Mont Blanc Nummer drei. Bereits zum zweiten Mal auf neuer Strecke, seit letztem Jahr geht es auf alternativer Route zum Emosson Stausee hinauf, habe ich vor Einbruch der Dunkelheit mein Ziel erreicht. Eine Medaille gab es freilich nicht und auch das Finisher-Geschenk wurde nicht kassiert. Was war „passiert“?

Bereits am Mittwoch Abend erfolgte die gepflegte Anreise. Anders klappt es nicht, da bereits am Donnerstag die Startnummern für das Rennen am Freitag abgeholt werden sollten. Eine Ausgabe vor Rennbeginn am Freitag um vier ist nicht vorgesehen. Verständlich.

Also wird der Rennvorstarttag ganz gechillt in Chamonix verbracht. Die Geschäfte besichtigt, nur das Nötigste gekauft und ansonsten aktiv Sportartikel gescannt und gespeichert. Man ist up to date in den ungezählten Sportgeschäften der quirligen Stadt am Fuße des Mont Blanc.

roadbook Veranstalter

Pünktlich erfolgte am Freitag morgen der Start. Ich hatte wie gewohnt (gefühlt) nicht geschlafen. Perfekt für einen erfolgreichen 24 Stunden Berglauf.

Morgens kurz vor vier in Chamonix – Plaza le Triangle

Die Vorbereitung war den Umständen entsprechend gelaufen. Durch andere Prioritäten in diesem Jahr, ein wenig Regeneration und trotzdem lange Läufe war die Laufbelastung im Vorfeld entsprechend. Sucht euch aus, wie 😉

Klar fehlen Höhenmeter im Training und die sind durch nichts zu ersetzen. Erst Anfang des Monats war das Höhenmeterprogramm für den UTMB gestartet. Da passten die 6200 meter im Aufstieg (plus 6200 im Downhill) perfekt hinein. Es würde, sollte und musste weh tun. Nur so ist ein Trainingseffekt zu erreichen.

Aufgeregt

Das roadbook, Höhenprofil und Laufzeiten des vergangenen Jahres waren am Dynafit-Rucksack (ich krieg da nix für 😉 ) befestigt und wir rannten erst mal los, wie die cityläufer. Lange Eingewöhnungsrunde, im letzten Jahr vom Veranstalter eingeführt, durch die Stadt Richtung „Les Praz“ und schließlich moderat hinauf zur Seilbahnstation , die dich bei Bedarf zu Kilometer 13, auch Plan Praz genannt, gondelt. Wir liefen natürlich dran vorbei und erreichten nach gut 2 Kilometern den Wald. Viel zu zügig war ich unterwegs. Aber es war angenehm fordernd und so beließ ich es bei der 5:xx min pace.

Erster Kontakt nach dem Waldstück

Schnell waren wir im Wald und auch ich schaltete endlich auf Teelicht. Während es in Deutschland um diese Uhrzeit bereits brötchenholhell ist, war es am Mont Blanc Raben Nacht. Im nun zu durchquerenden Dickicht, 1400 hm auf den ersten 11 km, wurde es enger. Erste Staus bildeten sich, als von sechs- auf einspurigen Trail umgeschaltetet werden durfte. Endlich. Anfangs breiter Forstweg, schön verwurzelt und mit Steinen drapiert, führte uns zielstrebig und auf gut markiertem Pfad nach oben. Als ich das erste Mal den Höhenmesser checkte, waren es gerade einmal +200 m (also 1350 m üNN). Das war nicht prall. Gefühlt war ich 1000 Höhenmeter gelaufen. Also easy going. Was natürlich schlangend unterwegs nicht wirklich funktionierte. Zu stark der Sog, der dich am Vordermann hält.

2016er stint

Irgendwo bei 1700 m wird die Baumgrenze erreicht und der Blick frei auf den Mont Blanc. Der Sonnenaufgang hinter dem weißen Massiv das erste Highlight des Morgens. Ehe es aber so weit sein durfte, hieß es Stockeinsatz und tapfer nach oben gedrückt. Wie erwartet, hatte sich meine uphill pace durch Nichttraining desselben auch nicht verbessert. Alles beim alten und somit kein Grund zur Sorge.

Immer weniger starrte ich auf den Höhenmesser. Die Baugrenze würde mir die nächste Ansage machen. Die Zeit verging, hatte man sich mental erst einmal mit der Tagesaufgabe angefreundet, recht zügig. Somit auch der Aufstieg. Es herrschte Ruhe im Feld. Alle schliefen noch. Selbst die sonst endlos schnatternden … (ich nenne mal keine Nationalitäten 😉 ) Lauffreunde waren verstummt. Klar, würde sich das ändern 😉 Ich wartete darauf allerdings gar nicht.

Hachmomente

Noch 200 hm bis zum Refuge Bellachat

Endlich war der Blick auf den blanken Berg frei. Erste Fotos wurden geknipst. Klar, musst Du. Dieser Anblick ist einzig nicht artig. Ehe ich weiter nachdenken konnte war auch bereits das Refuge Bellachat zu sehen. 200 hm trennten uns noch vom ersten Teilziel. Oben angekommen wanderte die Lampe vom Kopf in den Campingbeutel und die Nacht- wurde durch die Sonnenbrille ersetzt.

Kein Schnee hier oben, wie vom Veranstalter im Vorstartbriefing angekündigt. Herrlich. Ich war, trotz besseren Gefühls, nur ganze 5 Minuten schneller hier oben, als im letzten Jahr. Das über mir, wie ein Damoklesschwert kreisende Cutoffzeitüberschreitung von 4 Minuten letztes Jahr, war also im Sack 😉 Rennen gelaufen sozusagen. Jetzt nur noch locker durchjoggen und das Ziel ist erreicht. Waren ja nur noch 76k. Nach Messung des Veranstalters und die passt bekanntlich nicht. Nein, die Distanz ist nicht kürzer 😉

Besser gehts kaum

In luftiger Höhe

Schnell hatte ich mich nach dem Sachenumverteilen wieder in die Aufstiegsschlange eingereiht und nahm den Sturm auf den Brevent in Angriff. Kurz die Zeit vom letzten Jahr gecheckt. Das sollte schneller gehen, gab es heuter keine Schneefelder. Es wurde gepflegt gejoggt auf den passenden Passagen.
Recht schnell erreichten wir die Passhöhe, die und nicht nur den Brevent, sondern auch die aufgehende Sonne an der „Aiguille du Dru“ zeigte. Traumhaft. Ich war hin und weg. Schon für diesen Anblick hatte sich das frühe aufstehen gelohnt.

Erst mal tapfer hinauf

Weiter zum höchsten Punkt der Strecke auf knapp 2500 m ging es zügig. Ich vermutete mich im Mittelfeld, war aber dann doch eher im letzten Drittel unterwegs, wie ich nun weiß. Trotzdem waren wir eine homogene Laufzwangsgemeinschaft, die sich das oberhalb der Ichkannnochgutatmen-Grenze bewegte. Ich spüre am Anfang die Höhen ab 2000 m deutlich. Es sollte besser werden. Zumindest gab es erst einmal keinen Kopfschmerz. Auch die erste Flask war nach knapp 2:45 h, wir hatten die erste Zwischenzeitmarke erreicht, bereits gelehrt. Es war schwül, warm, bereits am morgen. Und es sollte noch besser werden. Temperaturen um die 30 Grad waren angekündigt. Im Tal zeigte das Thermometer dann schon mal die 40 Punkte. Nein, das ist nicht MdS Feeling, das ist sch..ßer. 😉

Auf 2200 Metern gehts langsamer voran

Das einzige Schneefeldlein außerhalb des Laufweges wurde oben am Brevent durchlaufen. Von wenigen nur. Mir gefiel der weiche Schnee und so war ich einer von Ihnen. Recht schnell waren die 500 hm (auf 2 km) zum Plan Praz erledigt und der erste VP im Sack. Zweite Zeitnahme. Ich war an die 12 Minuten im Plus zur Vorjahreszeit. Gut so. Zeit, die Getränke aufzufüllen, ein paar Orangenviertel auszuzutscheln und 2 Bananenstücklein zu essen. Auch die Schuhe erfuhren eine ersten Innenreinigung. Gamaschen wären eine (vielleicht auch übertriebene) Option gewesen.

VP1 - Planpraz

Blick vom Brevent zur Planpraz

Wir folgte den Downhill auf der kieselnden Zufahrststraße, im Winter die Skipiste. Immer weiter ging es hinunter, um anschließend nach La Flegere hinüber zu laufen. Nichts dickes. Recht angenehm zu laufen mit einigen traumhaften Abschnitten auf den offiziell ausgeschilderten Route zur Endstation der fliegenden Straßenbahn auf 1800 Metern. Ich hatte einen guten Rhythmus gefunden und war, kurz hinter der Seilbahnstation gelegen, am nächsten Messpunkt angekommen. Knapp 20 Kilometer werden hier oben gespeichert. Die große Wanduhr an der Station zeigte 08:05 Uhr an. Ich war 40 Minuten über cuttoff, einzige Zielstellung unter diesem Wert zu bleiben, bei den Messwartenden.

Wieder kurze Zwangspause. Die hintere Trinkflasche wurde in die vorderseitige Flask ungefüllt. Aus der anderen „Rückenflasche“ ein kräftigen Schluck genommen. Ich trank wie ein Loch. Nicht weiter dramatisch auf diesem Streckenabschnitt. Wir würden mehrere kleine Rinnsale und auch Flüsschen durchqueren, die für Nachschub in Frage kamen.

Wassern

Das Laufen wurde nun technischer. Auch der ein oder andere heftigere Kletteranstieg zwang zum braven hiking hinter all den anderen. Immer wieder Zeit und Gelegenheit, den Blick nach rechts und links schweifen zu lassen. Die Aussicht von hier oben, mittlerweile wieder über 2000 m hoch, einfach unbeschreiblich geil. Knips und nicht wieder einpacken das Fotografiergerät. Immer wieder eine anderer krasser Blickwinkel, wenn die Sonne durch eine andere Wolke auf die 3- und 4000-er uns gegenüber, das Mont Blanc Massiv bestrahlte.

Schnell war der höchste Punkte des nächsten Teilabschnitts, der Tete aux vent (2115m), erreicht. Es ging nun gut 800 hm auf teils schwierigstem Gelänge zunächst zum „Col des Montets“ und schließlich weiter zum VP „Buet“ hinunter. Stau und warten, dann wieder überholen. Hier war höchste Aufmerksamkeit gefragt, um sich nicht bereits zu Beginn des Rennens ins Aus zu katapultieren.

Col de Montets

Ich überstand des erste harten downhill verletzungsfrei. Nicht so meine „Mitstreiterin“. Mit bandagierten Fuß setzten wir den nächsten Abschnitt gemeinsam fort. Langsam joggend kamen wir in Le Buet an. Offiziell Kilometer 27 sagt der Veranstalter. An diesem Punkt hatten wir bereits 1 Stunden auf den Cutoff herausgeleaufen. Zur Vorjahreszeit waren es bereits 20 Minuten. Was und ob dies etwas wert sein sollte, würde sich zeigen.

Das große Auftanken

Höhenprofil Veranstalter

Ich füllte 3 Flaschen mit Wasser auf. Hatte bereits noch eine unterwegs befüllt. Meine Saug- und Schluckleistung hatte sich auf den vergangenen 17 Kilometern (meine Messung) auf satte 2 Liter erhöht. Alte Verwalter, wie sollte das denn weiter gehen, zeigte sich die Sonne erst an ihrem höchsten Punkt und versteckte sich nicht dauernd in den Wolken? Gesund war diese „Sauferei“ nun wirklich nicht. Da es mir nicht allein so ging, zerbrach ich mir nicht weiter den Kopf.

Nici verabschiedete sich bereits, die sie nach Ihrer Verletzung etwas umsichtiger und damit langsamer weiter wollte. Ja, wollte. Aber kann man das auch, wenn man auf sein Tempo geeicht ist.

La Cascade … 1 km und 100 hm nach Le Buet

Ich trödelte nicht zu lang und verließ 5 Minuten später den Bunkerpoint. Immer wieder traben, wenn es geht. Dennoch dauerte es bin zum Wendepunkt an der flussquerenden Brücke, bis sich das neu gebildete dynamische Duo wieder vereinte. Leider dauerte die gemeinsame Lauffreude nicht lange. Ich war langsamer im Uphill, was für mich keine Geheimnis ist.

Mann konnte sich gar nicht satt sehen

Also hieß es „solo“ den nächsten Berg zu nehmen. Es geht stetig und böse hinauf. Auf 1800 Metern wird die waldfreie Ebene erreicht. Man kann den vermeintlichen Checkpoint bereits sehen, muss sich nur noch die Wiese hinauf quälen und es war geschafft. Nicht so in diesem Jahr. Wir umrundeten die Wiese im weit möglichsten Bogen, eine Sch… ;-), um dann schlussendlich zum Refuge Loriaz aufzusteigen. 2020 Meter werden hier erreicht. Zumindest kommt man an einem Wasserbottich vorbei, wo sich bereits eine ungezählte Anzahl von Läufer versammelt hatten. Körperteile benässen und Trinkgefäße auffüllen hieß hier die Momentaufgabe. Ich tat gleiches. Sah meine „Mitläuferin“ zu letzten Mal, bereits in weiter Ferne.

Hinauf zum Refuge de Loriaz – Wasserstelle aus dem Bottich

Zu schnell für das kleine Nagetier. Die wichtigsten Details mit den engen Cutoffs hatten wir ausgetauscht. Ich wünschte ihr innerlich good luck. Bei mir luck te es gerade bad. Immer noch ein wenig angefressen von den (wenn auch dokumentierten) Streckenanpassungen. Der nachfolgende Downhill in Teilen vom Vorjahr bekannt war erst einmal wenig spannend. Nichts neues zu erwarten … Ich ließ es rollen, wie es rollte.

Tschau „Bella“

Pause … wir landen gerade … morgen geht’s weiter im Text …

Nun ist schön übermorgen, die Erinnerungen dennoch nicht getrübt. Zu tief steckt solch ein Brett in Dir, als das eine Nacht Schlaf das Vergessen beschleunigt. Downhills auf dieser Piste haben nichts mit pace machen zu tun. Obgleich man stetig am laufen ist, sind die Geschwindigkeitsvorteile zum Aufstieg marginal. Klar, kannst Du runter journet-ten, den Kilian machen. Damit erhöhst Du nicht nur das Verletzungsrisiko, zerstörst aber auch mit Sicherheit deine Oberschenkelmuskulatur auf elegante Art und Weise. Mein Handicap mit dem rechten Knie ließ mich doppelt vorsichtig agieren. Mittlerweile war ich an die 8 Stunden unterwegs.

Wasserbottiche heiß begehrt

Die kleine Streckenanpassung am Loriaz bescherte um 1,5 km mehr Laufspaß als im Vorjahr. Da schmilzt natürlich auch die Zeit auf den Dugehstjetztschonmalnachhausepoint. Es wurde also wieder die Zeit des Vorjahres erreicht. Da guckt der gemeine trailrunner erst mal recht dumm aus der Wäsche. 🙁

Ohne über die tiefere Konsequenz nachzudenken, da es eh nichts ändert, sockte ich die knapp 800 hm nach Le Molard hinunter. Da es sich ab einem bestimmten Zeitpunkt auch um eine neue Strecke handelte, war das mit der Vorjahreszeitentabelle nun ein wenig schwieriger. Ich lief, wie es mir noch Spaß bereitete. Obwohl der natürlich bei solch einem Lauf zeitweise abhanden kommt. Nicht abhanden kam die Sonne, die nun immer weniger hinter die wenigen Wolken passte. Der Nackenschutz am Mützchen keine schlechte Wahl.

Col der Terasse, leider nicht mehr ontrail

Auch der längste Downhill hat ein Ende und der war in Le Crot. Schnell noch ein wenig im von Läufern zugeparkten Wasserbottich genässelt und schon ging es hinüber zum nächsten Checkpoint. Auch ein kleines Partyzelt animierte zu selbiger. Ich griff mir den nächst besten Stuhl und entleerte mal wieder meine Schuhe. Bei der Gelegenheit wurden auch gleich die Socken getrocknet. Bei der enormen Strahlgraft von Klärchen eher Sache von wenigen Minütchen. Viel mehr Zeit durfte ich mir auch nicht nehmen. War doch meine +Zeitvorjahr zum Glück wieder auf 12 min angewachen (trotz Streckenverlängerung auch hier). Das schlimmste Stück des gesamten Trails stand in wenigen Kilometer auf der Tagesordnung. Optimistische Kilometerangaben bis zum nächsten Master-VP am Emosson wurden wohlwollend zu Kenntnis, aber nicht für bare Münze genommen.

Kopf runter und hoch, hoch, hoch … Kopf runter!

Zunächst ging es auf wunderschönenem Waldweg, dem „Chemin de la Cascade“ zur weggebenden Cascade (der Barberine) hinüber. Kurz vor dem Aussichtspunkt arbeiteten wir uns steil nach oben. Ab hier war es nur noch blanker Wille, der uns auf der Strecke hielt. Die Aussichten grande grandioso. Aber die nahm man eh nur anfangs war. Die Sonne strahlte überwiegt ohne Filter auf uns hinab. Windstille Passagen wurden sehr bewusst ignoriert. Nein, dieser Pfad ist nicht mein Freund. Da gefiel mir der Aufstieg zum Col de Terasse in 2015 wesentlich besser und der sich anschließende downhill sowieso.

Ich konnte es nicht ändern und arbeitet mich (ohne Stockunterstützung) auf dem Pfad nach oben. Nur wenige Läufer überholten mich (anfangs). Eher umgekehrt war es der Fall. Immer und  immer wieder nutzte ich die wenigen Schattenpassagen, um kurz nach Energie zu suchen. Der Höhenmesser kroch im Schneckentempo, obwohl wir meist die direkte Linie zum“Col du Passet“ nahmen. In jedes noch so kleine Rinnsal wurde die Mütze gedrückt. Kalter Kopf hilft, leider nicht gegen müde Beine.

Gleich geschafft, dieser Kackbarranco nimmt kein Ende, sorry

Eine Bahnstrecke … und eine kleine Zahnradbahn … und ein Liftomat

Irgendwann ist die letzte Kraft raus und du läufst einfach planlos durchs Gelände. Koordination geht irgendwie völlig verloren. Wildes Gestürze als kontrolliertes Laufen gewinnt die Oberhand. Und ich war unter Gleichgesinnten. Bis auf 23 min/km sackte meine pace zusammen,. Das war unterirdisch, aber nicht zu ändern. Irgendwann kommt die Bahnstrecke ins Visier. Den Staudamm siehst Du viel zu früh. Dieser Gigant weckt wirklich falsche Hoffnung über ein frühzeitiges ankommen.

Das Ende naht, das physische war schön überschritten

Drei- oder gar viermal musste ich pausieren, den Aufstieg für Augenblicke unterbrechen. Mich gar hinsetzen. Mann wird alt. Die letzten 100 hm durften dann verstärkt die Hände zur Unterstützung mitarbeiten. Alter Falter … endlich war ich oben und nicht nur ich ließ hier einen Gipfelschrei heraus. Fertsch, oben, weiter zur Staumauer, ohne große Pause, wie noch im letzten Jahr. Wir liefen heuer gleich auf der Straße zum Mauer hinüber. Den kurzen Abstecher ins freie Gelände sparten wir uns bei dieser Austragung. Die jahrelangen Bauarbeiten an der Staumauerkrone waren endlich abgeschlossen. Schön ist es geworden. Davon wird das laufen aber leider nicht einfacher. Im Wechsel aus Fotopause und laufen erreichte ich den Aufstieg zum Checkpoint. Großmaschige Gittertreppen bringen dich die 50 Höhenmeter fast senkrecht nach oben. Genau das richtige für den höhenfesten trailrunner 😉

Oben … YYYEEEESSSS !!!

Endlich war ich oben. Nur 10 Minuten schneller als im Jahr zuvor. Die Entscheidung war klar. Hier wird nicht mehr gebissen bis zur völligen Erschöpfung. Bei gleicher pace, wie im Vorjahr hatte ich also noch 6 Minuten bis cutoff. Da essen und trinken in diesem Backofen aber auch noch anstanden, war ich mental bereits auf das Ende am nächsten Checkpoint programmiert. Ich hatte gehofft, dass ich diese Entscheidung nicht treffen muss. Doch ich möchte das große ganze, das da #UTMB2017 heißt, nicht durch falschen Ehrgeiz gefährden. Traurig war ich nicht darüber, dass es in diesem Jahr wieder nicht reichen würde. Thats ist, wenn der trail stärker ist, als du. Mann muss es akzeptieren. Wem muss ich hier und heute was beweisen.?!

Mauerweglauf 😉

Ich genoss die wunderschöne Aussicht von hier oben. Neben dem Brevent ein wirkliches Highlight der Strecke. Hier muss man gewesen sein. Es ist atemberaubend und rechtfertigt die Strapazen im Aufstieg auf jeden Fall. Die Schuhe wurden noch einmal entleert, Getränkevorräte aufgefüllt und ein paar Bananenstücke wechselten den Aufenthaltsort. Um 14:57 Uhr machte ich mich auf den letzten Downhill für heute. Ich würde an die 75 Minuten brauchen, den anspruchsvollen trail hinunter zu kommen. Anfangs noch verwöhnen Steinplatten und Hänge mit losem Geröll trailrunners Körper. Hat man dann den Wald erreicht, gibt es die ein oder andere Seilversicherung, um nicht kopfüber ins Dickicht zu stürzen. Feinster Trail, der bei Regen zur Skipiste wird.

Meine Schuhe verloren hier auch noch ein Stück Sohle. Nicht schlimmes. Dennoch war ein abreißen des losen Stück und dessen Sicherstellung die bessere Idee. Immer wieder überholten mich wenige Läufer. Ob es ihnen nützte, wagte ich zu bezweifeln. Einige wiesen mich auf den nahen cutoff hin. Danke Freunde, aber mein innerer war bereits auf 1960 m Höhe an der Staumauer besiegelt.

Abenteuerliche Querung der Bahnstrecke

Keine Bahn, also laufen

Ich erreichte nach endlosem Gesocke, knapp 900 hm stürzt man sich vom Emosson bis nach Chatelard, erreichte ich Gietroz. Schnell den Wasserbottich am Wegesrand besucht und es ging weiter hinunter. Anfangs auf Asphalt, querten wir schließlich den Rand einer Viehweide, um schlussendlich einen anfangs schlammigen Pfad zu meinem heutigen Tagesziel hinunterzulaufen.

Klatschende Hände und respektvolle, aufmunternde Worte erwarteten mich in Chatelard. Ich riss trotz der Ansage, dass hier das Ende sein wird, die Arme hoch. Es war meine finish, meine Leistungsgrenze für diesen Tag. Nach

12:12 Stunden

hatte ich meinen „Mont Blanc 80“ heute nach 52 Kilometern beendet. War 52 km durch Gelände gelaufen, war 3,3 km hoch gestiegen und hatte mich 3,2 km wieder nach unten gestürzt. Schluss, Aus, Ende. Dritter Start, zweites Finish vor dem Zielbogen. Da sollte nun reichen für meine Liste der vorzeitigen Fertigwerdungen.

Der Rücktransport klappte in diesem Jahr reibungslos. Sofort brachten uns kleine Shuttlebusse nach Valorcine. Dort erhielten wir Freitickets, die uns dann den kosteneffizienten Rücktransport mit öffentlichen Verkehrsmittel (wir nahmen den Bus) nach Chamonix zurück brachten. Toller Tag, toller Lauf, unbeschreibliche Erlebnisse werden in ewiger Erinnerung bleiben.

Nun gilt es nach vorn zu schauen. Das Berglaufjahr hat das Wüstenlaufjahr abgelöst. In 9 Wochen startet der UTMB. Es gibt noch einiges zu tun. Vieles ist bereits erreicht. Tschüss Chamonix bis zu August, in neuer Stärke.

Weitblicke aus 1960 Metern Höhe

Wertesammlung

Da kannst Du war zurückgeben. Zum Beispiel eine Ecke.

 

 

 

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