Hoch hinaus

wollte ich bei meinem zweiten 50-Kilometer-Long-Jogg und ich musste nicht wirklich lange suchen. „Skinny63“ wohnt ganz in meiner Nähe und ist scheinbar ein ganz ausdauernder Mountainbiker. Seine 54 Kilometerrunde mit 500 Höhenmetern waren wie geschaffen für mein sonntägiges Vorhaben. Nicht alle Streckenteile waren bekannt, sodass es Neues zu entdecken gab.

Am Startpunkt in Remplin Bilderbuchwetter

Kurz vor elf gings dann endlich los und ich war erstaunt, wie entspannt man doch nach Hohen Mistorf kommen konnte. Bezogen auf den Wegezustand, denn zur Eingewöhnung lief ich erst einmal bergan. Schnell war das erste Tal erreicht und die einsetzende Wegsuche war so nicht geplant. Durch Holzberge versperrte Waldwege und unklare Wegführung durchs Unterholz ließen mich auf die Fahrstraße zurückkehren und der Landstraße nach Ponsdorf folgen. Das ging ja schon wieder gut los … typisch eben. Da ich den Hardtberg mit seinem markanten Funkturm stets im Blick hatte und meine Laufstrecke sich der auf dem Armlaptop angezeigten zusehends näherte gab es keinen Grund zur Sorge. Zuvor aber sollte es erst einmal heftig bergan gehen. Knapp 100 Hm waren auf den folgenden 2 Kilometern zu bezwingen, was ja für unsere Verhältnisse ein Berg ist. Der Waldweg zum Hardtberg war bekannt und auch die angrenzenden Pfade kannte ich von vorangegangenen Ausflügen. In Hagensruhm war ich dann fast im Entfernungsplan, kürzte aber dennoch ein kurzes Wegstück ab und folgte der altbekannten Waldautobahn.

Weiter schlappte, na ja eigentlich lief ich nahezu ideal, nach Gülitz und von dort durfte ich endlich wieder in den Wald, was aber gleichzeitig „Arbeit“ bedeutete. Der kurze verwachsene Trail mündete in einen Waldweg, der mich ständig Höhe gewinnend zur Friedrich-Franz-Höhe bringen sollte. Hier glaubte ich erstmal, mir fällt mein Frühstück aus dem Gesicht. Ich war ganz gut geschafft und das erste GEL wechselte seinen Aufenthaltsort.

Friedrich Franz Höhe

Vorerst hatte ich genug Höhenluft geschnuppert und nach dem Heesterberg, wo ich überraschend zwei Wanderer traf, gings steil bergab nach Salem. Glücklicherweise brachte mich meine vorgenommene Streckenänderung auch auf einen Pfad nach unten. Der sonnige Abschnitt auf dem Radrundweg um den See währte nicht lange, ehe ich eine knappe viertel Stunde später bereits wieder den nächsten Hügel nehmen durfte. Es ging wieder hinauf nach Gülitz, um dem bekannten Heuweg seine Aufwartung zu machen. Nach einem Tag Abwesenheit war es auch dringend notwenig. Eine Joggerin hatte sich ebenfalls hier verirrt. Ich hingegen durfte runter rollen.

Blick von Gorschendorf auf den Kummerower See

Nun begann das weniger imposante Wegstück. Ich musste auf Pflasterweg und Straße bis zum Jägerhof. Zwischendurch wurde der Laufrucksack nachgefüllt. Hatte ich doch auf meiner Anfahrt zum Start ein kleines Leckerlie, auch stilles Wasser genannt, im Gras versteckt. Mit neuem Treibstoff im „Tank“ gings durch die Stadt bis zum ortseigenen Waldstück. Hier, ich hatte das Teil bereits seit 5 Kilometern in Reichweite, gabs den nächsten Energieschub. Der absolvierte 31. Kilometer lies eine RedBull-Cola in meinem geschwächten Körper verschwinden. Die letzten 5 Kilometer waren nicht die angenehmsten, doch nun war ich wieder im Wald, atmete frische Luft und die Sonne hatte einen Moment Pause.

Ich fühlte die Lebensgeister zurückkehren. Der ein oder andere Spaziergänger motivierte zum lockeren Schritt. Mit neuer Laufmotivation erreichte ich den 35. Kilometer. Ich streifte erstmals den Lenne-Park am Schloss Basedow – kurzer Fotostopp, bei der Aussicht.

Kreuz und quer gings durch den Park

Letzter Anstieg 50 Hm auf 50 m - das war heftig.

Mir war die Dimension dieser Parkanlage bisher kaum bewusst. Laufen bildet halt. Über zwei Kilometer rannte ich die gepflegte Wege entlang, bis ich den unscheinbaren Fleck auf neu geschaffenem Radweg verließ. Nun sollte es die Kastanienallee hinunter zum letzten großen Anstieg gehen. Meine Beine hatten schon ein paar Unstabilitäten gezeigt. Doch ich hatte ja noch einen Energietrank auf dem Rücken, der bei km 40 sein letztes Stündlein erlebte. Nun waren es nur noch 10 Kilometer, die mich vom Ziel trennten. Ich wagte einen Blick auf die Zeit und musste feststellen, was ich aber bereits auch fühlte, dass ich ganz gut unterwegs war. Der Marathon ging bei 3:54 Stunden durch. Ein letztes Foto wurde geschossen und dabei gleich die Uhr ausgeschaltet.

Ich fands steil

Auf meinem Weg zum Forsthaus hatte ich so mit mir zu tun, dass ich das „Malheur“ nicht sofort bemerkte. Meine Mankannjagarnichtdasendesehenfoto lies mich ob der leeren Anzeige dann doch stutzig werden und mal die „Eintaste“ drücken. Damit war er dann auch wieder zum Leben erweckt, der alte Brotkasten.

Kurz vor Försters Heimstatt durfte ich bereits abbiegen und bekannte Pfade belaufen. Jetzt ging alles, wie von selbst. Bis nach Alt-Pansdorf war zwar noch einmal Oberschenkel gefragt. Das nahe Ziel war jedoch Motivation genug. Viel intensiver (nervig) erlebte ich hingegen die große Runde, die ich aufgrund noch fehlender Distanz um den kleinen Ort Remplin drehen „musste“. Wenn man schon so lange unterwegs ist, so sollte doch wenigstens ein 5 ganz vorn stehen. Ja, da bin ich dann schon immer ein wenig komisch. So stattete ich den Anglern und der Sternwarte noch einen Besuch ab, bevor ich das Dorf umrundend zum Auto zurückkehrte.

Im Lenne-Park

Nun wars aber auch gut. Die Laufstrecke inclusive ausgeschalteter Teilstrecke, Sporttracks rechnets Dir natürlich im Nachhinein aus, ergab schließlich 51,37 km, die ich in 4:47 Stunden zurückgelegt hatte. Mit dem Kilometerschnitt von 5:35 min/km war angesichts der 500 Höhenmeter (SportTracks rechnet sogar 550 aus) mehr als zufrieden und auch die 76 % HFmax machen Lust auf mehr. An dem Tag war es jedoch erst einmal genug. In jedem Fall gings mir wesentlich besser, als bei meinem letzten 50-er. Warum es wohl Lauftraining heißt? Das Erlebnis in Praxis ist aber doch was anderes. Mein Gehstil sah sicher besorgniserregend aus. Aber ich fühlte mich nicht wirklich schlecht. Ein paar verkürzte Muskeln konnte ich wegdehnen und am Abend war bereits wieder ein Kinobesuch möglich.

Heute verspüre ich keinerlei Nachwehen. Sicher dem leckeren Mittag, wir essen jetzt immer etwas später an langen Lauftagen, der Rennschnecke zu verdanken. Oder den zwei Litern Cola, die ich in mich hineinschütten musste oder aber dem Ultrarefresher, der die Regeneration ja atemberaubend beschleunigen soll. Wie immer war es von jedem ein Stück, was meine 137 Wochenkilometer heftiger erscheinen lassen, als meine Muskulatur sie verarbeitet hat.

In dieser Woche geht dann das Tapering so langsam los, denn so heftig, was die Umfänge betrifft, wirds nicht mehr. Dafür ein leckerer 30-er im Renntempo und natürlich noch ein 50-er am Wochenende. Schon wieder bin ich auf der Suche nach den letzten Hügeln, die ich noch hinaufflitzen kann. 600-700 Hm sollten es schon werden, am kommenden Wochenende. Danach glaube ich fit genug zu sein, die 850 Meter im Wettkampf verletzungsfrei und laufend hinaufstiefeln zu können.

Ich hätte nicht geglaubt, dass man in meiner Laufheimat so viele Hügel hat. Scheinbar muss man nur weit genug rennen, um sie alle zu erwischen.